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Günter Drewnitzky
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Mittwoch, 28.04.2021, 14:31 Uhr
Stromnetz
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Netzreserve ist weniger gefragt
Die Bundesnetzagentur hat die erforderliche Netzreserve für das kommende Winterhalbjahr 2021/2022 und für das Jahr 2023/2024 bestätigt. Sie ist leicht rückläufig.
„Der Netzreservebedarf für den kommenden Winter sinkt, weil süddeutsche Gaskraftwerke in den Markt zurückgekehrt sind. Je schneller der Netzausbau vorankommt, desto eher sinkt langfristig der Netzreservebedarf“, erklärte Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur, in einer Mitteilung der Behörde.

Die vier Übertragungsnetzbetreiber Amprion, 50 Hertz, Tennet und Transnet BW hatten der Bundesnetzagentur im März ihre Systemanalyse und den errechneten Bedarf an Netzreservekraftwerken vorgelegt. Die Bundesnetzagentur hat den Bedarf jetzt bestätigt. 

Der Bedarf an Erzeugungskapazitäten aus Netzreservekraftwerken liegt im Winter 2021/2022 bei 5.670 MW und ist damit im Vergleich zum vergangenen Jahr leicht gesunken. Der Unterschied zum letzten Jahr berücksichtigt unter anderem, dass die Gaskraftwerke Irsching 4 und 5 aus der Netzreserve wieder an den Strommarkt zurückgekehrt sind. Neu in der Netzreserve ist dagegen der Block 7 des Großkraftwerks Mannheim. Die Bundesnetzagentur hatte den Block als systemrelevant eingestuft und eine vom Betreiber geplante endgültige Stilllegung untersagt.

Ausschlaggebend für die Dimensionierung der Netzreserve ist nach Angaben der Bundesnetzagentur der weiterhin hohe Transportbedarf. So führt in der bedarfsbestimmenden Stunde, die entsprechend den Modellrechnungen in der zweiten Januarwoche liegt, eine hohe Windeinspeisung in Norddeutschland bei gleichzeitig starker Last und sehr geringer PV-Einspeisung in Süddeutschland zu hohen Nord-Süd-Transportaufgaben.

Der aufgrund des hohen Winddargebots niedrige Großhandelsstrompreis verursacht gleichzeitig sehr hohe Energieexporte ins europäische Ausland, insbesondere nach Österreich, Frankreich und in die Tschechische Republik. Auch das erweist sich für das bestehende Stromnetz als besonders anspruchsvoll.

„Durch Netzausbau wird diese Situation dauerhaft vermieden und die volle Nutzung der erneuerbaren Erzeugung im Rahmen der Energiewende möglich gemacht“, heißt es seitens der Bundesnetzagentur.
 
Netzreservebedarf 2023/2024

Ergänzend zum bevorstehenden Winter wird regelmäßig auch der Bedarf für einen weiter in der Zukunft liegenden Zeitraum ermittelt. Für den diesmal betrachteten Winter 2023/2024 beträgt der Netzreservebedarf 4.169 MW.

Der Wert sinkt damit gegenüber bisherigen Prognosen deutlich. Was allerdings voraussetzt, dass der Netzausbau entsprechend der Planung und den Prognosen der Übertragungsnetzbetreiber voranschreitet.

Erzeugungsleistung für Netzstabilität

Die Vorhaltung der Netzreserve dient dazu, Überlastungen im Übertragungsnetz zu verhindern, die aufgrund des unzureichenden Netzausbaus bestehen. Bei hoher Stromnachfrage und gleichzeitig hoher Erzeugung aus Windenergieanlagen muss das überlastete Netz stabilisiert werden. Dann wird Erzeugungsleistung vor dem Engpass vermindert und gleichzeitig die Erzeugungsleistung hinter dem Engpass erhöht. 

Dieser Redispatch genannte Ausgleichsmechanismus wird zunächst mittels am Markt agierender Kraftwerke durchgeführt. In bestimmten Netzsituationen reichen sie jedoch nicht zur Netzentlastung aus. In diesen Fällen müssen zusätzlich Netzreservekraftwerke eingesetzt werden. Die Netzreserve besteht aus zur Stilllegung angezeigten Kraftwerken, die systemrelevant sind und deshalb nicht stillgelegt werden dürfen. 

Kraftwerke aus der Netzreserve dürfen nicht mehr am Stromerzeugungsmarkt eingesetzt werden, sondern ausschließlich auf Anforderung der Netzbetreiber zum Redispatch. Die Netzreservekraftwerke sind daher nur noch in wenigen Stunden eines Jahres in Betrieb.