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Enerige & Management > Regenerative - 65 % Erneuerbare bis 2030 ohne Förderung nicht zu schaffen
Bild: Eisenhans / Fotolia
REGENERATIVE:
65 % Erneuerbare bis 2030 ohne Förderung nicht zu schaffen
In einer aktuellen Studie schreibt das Forschungsinstitut Aurora Energy, dass bei einer Beendigung der EEG-Förderung binnen fünf Jahren das Ausbauziel für Erneuerbare verfehlt würde.
 
Mitte Januar hatte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) gesagt, er würde gern die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz binnen fünf Jahren abschaffen. Seitdem werden Forderungen auch aus der SPD laut, neue Anlagen für erneuerbaren Strom nur noch frei finanziert zu errichten, zum Beispiel über Direktlieferverträge (PPA). Schließlich seien die Kosten für Windkraft und Photovoltaik so weit gesunken, dass sich dies auch ohne Förderung nach dem EEG rechne.

Casimir Lorenz, Projektleiter bei Aurora Energy Research, widersprach dem. In einer aktuellen Studie seines Energieforschungsinstituts sei „der Umstieg auf einen rein marktgetriebenen Ausbau nicht vereinbar mit dem 65 %-Ziel bis 2030“. Dies ginge nur bei extrem hohen CO2-Preisen, die bisher nicht abzusehen seien.

Ausbau Erneuerbarer bleibt hinter Zielen zurück

„Wir haben verschiedene Entwicklungspfade modelliert, die sich unter den zukünftigen gesetzlichen und marktlichen Rahmenbedingungen ergeben“, schreibt Lorenz. So sei schon die Erreichung der Ausbauziele im aktuellen EEG 2021 gegenüber dem alten EEG von 2017 um 33 % zu erhöhen. Doch sei die Umsetzung angesichts des schleppenden Ausbaus vor allem bei Wind an Land extrem fraglich. „Wir gehen daher davon aus, dass hier gegenüber den Zielen im neuen EEG eine Lücke von rund 6.000 MW bleibt“, so Lorenz.

Auch bei Biomasse könnten unterzeichnete Auktionen zu einer Lücke von 2.000 bis 3.000 MW führen. Selbst bei der Photovoltaik seien Untererfüllungen zu erwarten. „Vor allem bei Projekten, die nicht an Auktionen teilnehmen müssen, etwa die Hälfte des geplanten Zubaus, war der Ausbau in der Vergangenheit deutlich langsamer als er sein müsste“, kritisiert er. Da das neue Gesetz die Rahmenbedingungen hier nicht wirklich verbessere, könnten bis 2030 bis zu 10.000 MW Photovoltaikkapazitäten fehlen.

Strombedarf 2030 vom BMWi unterschätzt

Damit stünden laut Aurora-Studie 40 % der bis 2030 zusätzlich angepeilten Kapazitäten erneuerbarer Stromerzeugung auf wackeligen Füßen. Dazu komme die von der Bundesregierung unterschätzte Entwicklung des Strombedarfs. Dieser werde steigen, weil im Rahmen des Klimaschutzprogramms immer mehr Sektoren elektrifiziert werden sollen. Statt von 580 Mrd. kWh, die das BMWi für 2030 prognostiziert, geht Aurora von 630 Mrd. kWh aus.

Damit reichten die Zielvorgaben des EEG gerade mal für 62 % Erneuerbaren-Anteil, falls die angepeilten Kapazitäten bis 2030 erreicht würden. Falls die genannten Lücken alle eintreten, würde der Erneuerbaren-Anteil nur bei 54 % liegen und damit weit weg vom 65 %-Ziel, so Lorenz. Laut Aurora-Szenario rücke dieses in noch weitere Ferne, wenn man den Ausbau nicht mehr mit EEG-Vergütungen subventioniert.

Der Markt allein kann es nicht richten

„Würde zum Beispiel ab 2027 nur noch marktbasiert ausgebaut, erreichten die Erneuerbaren bis 2030 gerade mal 49 % Anteil am Stromverbrauch“, resümiert Lorenz. Ein solcher Ausbau setze voraus, dass die Anlagenbetreiber ausreichend Erlöse aus dem Stromverkauf erwarten können. Doch je mehr erneuerbarer Strom im Markt sei, desto stärker wirke die Preis-Kannibalisierung und desto schwieriger könnten die Betreiber ihre Stromgestehungskosten decken.

Um das 65 %-Ziel trotz einer Abschaffung der Subventionen zu erreichen, müsste laut Aurora die Tonne CO2-Emission im Jahr 2030 bereits 120 Euro kosten.
Solche Werte seien aus derzeitiger Sicht wirklichkeitsfremd, zumal sie europaweit gelten müssten, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie nicht zu gefährden. Selbst unter der sehr optimistischen Annahme, dass die Stromgestehungskosten erheblich stärker sinken als erwartet, wären noch über 60 Euro je Tonne CO2 nötig.

BEE will klare Aussagen von der Bundesregierung

Diese Unsicherheit für Investoren und Betreiber aus der EEG-Diskussion kritisiert auch der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE). Weiterhin bleibe ein Mix aus Marktinstrumenten, Ordnungsrecht und Förderung notwendig, um erneuerbare Energien im Stromsektor bestmöglich voranzubringen.

Simone Peter, Präsidentin des BEE, erinnerte die Bundesregierung an ihr Versprechen, in diesem Frühjahr das EEG 2021 anzupassen im Hinblick auf die Anpassung der EU-Klimaziele wie auch einen steigenden Bruttostrombedarf durch die wachsende Sektorkopplung. Deswegen sei ein nationales Ausbauziel von 80 % erneuerbaren Energien im Stromsektor bis 2030 und die entsprechende Anpassung der Ausbau- und Ausschreibungsmengen notwendig.

Zudem müssten Hürden im Gesetz, die der Entfesselung der Erneuerbaren entgegenstehen, beseitigt werden. Dazu zählten die weitreichenden Änderungen des Ausschreibungsdesigns zum Nachteil einzelner Erneuerbare-Energien-Technologien, die kurzfristig in die EEG-Novelle 2021 einflossen. „So wird Wettbewerb ins Absurde geführt und die Branche zusätzlich verunsichert“, sagte Peter.
 

Susanne Harmsen
Redakteurin
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Dienstag, 02.02.2021, 14:59 Uhr

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