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Enerige & Management > E&M Vor 20 Jahren - Dezentral nach RWE-Art
PEM-Brennstoffzelle, Bild: E&M
E&M VOR 20 JAHREN:
Dezentral nach RWE-Art
E&M hat von Anfang an über den Wandel des Energiemarkts berichtet. In der Rubrik "Die Energiewirtschaft vor 20 Jahren", geben wir einen Eindruck davon, was damals den Markt bewegte.
 
Mit der Liberalisierung der Energiewirtschaft im Jahr 1998 erlebte die Branche einen Paradigmenwechsel. Gebietsmonopole wurden aufgebrochen. Energieabnehmer wurden zu Kunden und Energie wurde zu einer börsengehandelten Commodity. Neue Player traten am Markt auf, alteingesessene Unternehmen verschwanden. Ausgewählte Beiträge aus unserer Zeitung und aus E&M Powernews lassen Protagonisten aus dieser Zeit noch einmal zu Wort kommen und zeichnen die ehemaligen Strukturen der Branche nach.

Länger als es E&M gibt – immerhin seit 27 Jahren – wird über die Kraft-Wärme-Kopplung diskutiert, gestritten und auch verhandelt. Die Brennstoffzelle rückt dabei immer wieder in den Brennpunkt, auch keramische Hochtemperatur-Brennstoffzellen. Im Jahr 2019 haben Wissenschaftler im Forschungszentrum ein Langzeitexperiment abgeschlossen, in dem sie eine Lebendauer einer solchen Anlage von 100.000 Stunden nachgewiesen haben.

Darüber hinaus hat Bosch im Juli 2020 begonnen, an eigenen Standorten Pilot-Anlagen mit selbstentwickelter Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC = Solid Oxide Fuel Cell) zu installieren. Im Dezember 2020 hat der Technologiekonzern schließlich verkündet, zusammen mit dem britischen Unternehmen Ceres Power bis 2024 die Serienfertigung von Festoxid-Brennstoffzellen zu starten und diese als kleine, dezentrale vernetzbare Kraftwerke zu vermarkten. Das könnte dem Segment der Mikro-KWK-Anlagen tatsächlich Schwung verleihen – dann fast 25 Jahre nach dem Bericht von E&M-Chefreporter Ralf Köpke vom Richtfest des RWE-Brennstoffzellen-Pavillons aus dem Februar 2001.


Der Essener Energiemulti fördert Brennstoffzellen, um damit künftige Versorgungsmärkte zu kontrollieren.

Das RWE feierte sich wieder mal selbst und viele, an der Spitze Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Wolfgang Clement, kamen. Der Essener Energie-Multi hatte zum Richtfest eines neuen Brennstoffzellen-Pavillons eingeladen. In dem Glaspalast, erbaut nach dem neuen Firmenmotto „one group – multi utilities“ selbstverständlich von der RWE-Tochter Hochtief, soll im Frühjahr eine SOFC-Demonstrationslage von Siemens Westinghouse mit einer Leistung von 100 kW in Betrieb gehen. Für Ende des Jahres ist dann der Start eines MCFC-Aggregates mit einer Leistung von 300 kW vorgesehen. An gleicher Stelle plant ein Quartett aus RWE, Thyssengas, Siemens Westinghouse und dem italienischen Strommulti Enel, eine „Weltpremiere“: Die SOFC-Brennstoffzelle wird ergänzt um eine integrierte Gasturbine.

RWE-Vorstandsvorsitzende Dietmar Kuhnt nutzte das Richtfest, sich überraschend als Befürworter der Kraft-Wärme-Kopplung zu outen: „Der modulare Aufbau der Brennstoffzellen-Anlagen ermöglicht maßgeschneiderte Lösungen für die dezentrale Strom- und Wärmeerzeugung.“ Dass es mit Blockheizkraftwerken eine solche erprobte KWK-Technik schon längst gibt, passt aber nicht in das RWE-Weltbild. Denn diese Anlagen werden mehrheitlich nicht aus dem RWE-Tower am Essener Hauptbahnhof dirigiert. So wandte sich Kuhnt erneut gegen das von den rot-grünen Bundestagsfraktionen favorisierte KWK-Quotenmodell und wiederholte dabei das wenig stichhaltige Argument: „Die alte KWK-Technik verbaut der Zukunftstechnik Brennstoffzelle die Märkte.“ Einen Anteil von zehn Prozent am bundesdeutschen Strommarkt könne die Brennstoffzelle in den nächsten 15 Jahren erobern, aber bitte schön powered and controlled by RWE.

Kuhnt glaubt an zentrale Erzeugung in den nächsten Jahrzehnten

Auf dem Weg dahin ist der RWE staatliche Förderung willkommen. So hat die Düsseldorfer Landesregierung bereits 5 Mio. DM für die 300-kW-SOFC-Brennstoffzelle im neuen RWE-Pavillon zugesagt. Und Manfred Remmel, Vorstandsmitglied der RWE AG und Vorstandsvorsitzender der RWE Plus AG, machte deutlich: „In den USA werden Brennstoffzellen derzeit je Kilowatt mit 1 000 Dollar gefördert, ein Betrag, den wir uns auch hierzulande vorstellen können.“ Man erinnere sich: Die Förderung von Wind-, Solar- und Bioenergie durch das frühere Stromeinspeisungsgesetz hatte die Stromwirtschaft mit dem RWE an der Spitze jahrelang als marktverzerrende Subventionen angeprangert.

Dass die Brennstoffzelle die hiesigen Energiestrukturen nicht auf den Kopf stellen wird, daran ließ Kuhnt keinen Zweifel: „Wir sind in Deutschland und Europa auf Jahrzehnte hinaus auf die zentrale Energieerzeugung durch unseren bewährten Energiemix angewiesen. Erdgas nimmt dabei einen wachsenden Anteil am Primärenergiemix ein. Stein- und Braunkohle, Gas und Öl sowie Kernenergie werden auch weiterhin die Basis für die Energieversorgung Deutschlands sein.“ So ist das also, wenn der Chef eines Verbundunternehmens plötzlich Worte wie Dezentralität und alternative Energieformen in den Mund nimmt.
 

Ralf Köpke und Fritz Wilhelm
© 2024 Energie & Management GmbH
Freitag, 05.02.2021, 12:58 Uhr

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