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Enerige & Management > KWK - Förderprogramm mit lebensfremden Passagen
Bild: E&M
KWK:
Förderprogramm mit lebensfremden Passagen
Die Stadtwerke Schwäbisch Hall sehen sich bei ihrer Nahwärme-Offensive durch die neue "Bundesförderung für effiziente Gebäude" deutlich benachteiligt.
 
Gut gemeint ist lange nicht gut gemacht. Wenn Steffen Hofmann an das neue Programm „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ denkt, das zum Anfang des Jahres angelaufen ist, redet er sich in Rage: „Es ist schön, dass die Bundesregierung endlich die Wärmewende entdeckt hat und Fördergelder in dreistelliger Millionenhöhe dafür bereitstellt. Nur bei uns und auch in der Branche bewirkt das neue Programm das Gegenteil: unsere Nahwärme-Offensive wird ausgebremst“, kritisiert der Abteilungsleiter, der bei der Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH für das Contracting und die Projektentwicklung insbesondere bei der Kraft-Wärme-Kopplung zuständig ist.

Der Kommunalversorger im Hohenloher Land zählt beim KWK- und Nahwärmeausbau zu den Aktivposten bundesweit: In Schwäbisch Hall ist in den vergangenen Jahrzehnten ein größeres Fernwärmenetz mit 2.300 Abnehmern entstanden. Und nicht nur das: In den vom Unternehmen mitversorgten Kommunen rund um die Kreisstadt wie Untermünkheim oder Wackershofen sind mittlerweile gleich neun Nahwärmenetze auf Basis mit Erdgas, Biomethan und Biogas gefeuerten Blockheizkraftwerken sowie einige Holzheizwerke in Betrieb.

Deren weiteren Ausbau sieht Hofmann gefährdet, und zwar durch eine für ihn „nicht nachvollziehbare Ungleichbehandlungen bei den staatlichen Förderprogrammen.“
Häuslebesitzer, die umweltfreundlich heizen wollen, können beim Einbau einer Wärmepumpe mit einem Zuschuss von 45 Prozent rechnen, bei einer Gashybridanlage, sprich einem Gasbrennwertkessel plus Solarkollektoren, immerhin mit einer 40-prozentigen Unterstützung.

„Im Schwabenland zählen die Euros im Portemonnaie“

Dagegen sieht die neue Bundesförderung, die das bisherige „KfW-Programm 430“ ablöst, für die Umstellung auf einen Nahwärmeanschluss nur einen deutlich geringeren Zuschuss vor. „Bei Anschaffungskosten einer neuen Heizanlage, die in der Regel bei rund 20.000 Euro liegen, gibt es bei der Förderung eine Differenz um den Faktor zwei, sprich weit über 4.000 Euro“, rechnet Hofmann vor, „bei dieser Summe können sich unsere Vertriebsprofis noch so sehr den Mund über die Vorteile von Nahwärme den Mund fusselig reden, dagegen haben sie bei den Wärmekunden keine Chance.“ Im Schwabenland zählen halt die Euros im Portemonnaie.

Nicht das einzige Ärgernis für die Haller Stadtwerke: Die Förderrichtlinien sehen nach Worten Hofmanns eine „lebensfremde Prämisse“ vor, in denen es unter anderem heißt: „Die Förderung umfasst die Kosten für Wärmeübergabestation und Hausanschlussleitung im Falle eines öffentlichen Wärmenetzes nur, sofern diese Komponenten nicht im Eigentum des Wärmenetzbetreibers verbleiben.“

Für Hofmann ist dieser Passus nicht nur deshalb lebensfremd, weil diese Sätze den Vorgaben der AVBFernwärmeV, der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme, widersprechen. Dieses bindende Regelwerk sieht den Netzbetreiber zumindest für die Stichleitung zum Haus und optional für die Übergabestation in der Verantwortung. „Welcher Hausbesitzer will schon die Verantwortung für all die Technik haben, die für seinen Fernwärmeanschluss unverzichtbar ist? Was die Kunden wollen, ist eine sichere, funktionierende und bezahlbare Wärmeversorgung im Haus“, betont Hofmann. Ein Hausanschluss an das Gasnetz hingegen wird ohne Einschränkungen gefördert.

Der langjährige KWK-Fachmann sieht noch eine Benachteiligung für die Nahwärme in dem BEG-Förderprogramm. Und zwar muss die Förderung vor Beginn einer Umstellungsmaßnahme beantragt werden: „Wenn wir mit unseren Erschließungsarbeiten loslegen, beginnt nach den Regularien damit auch der Förderbeginn. Hausbesitzer, die sich erst danach an die neue Nahwärmeleitung anschließen wollen, fallen durch das Förderraster und erhalten keinen Cent.“
Für ihn ist deshalb absehbar, dass die Stadtwerke Schwäbisch Hall bei diesen „Wettbewerbsnachteilen“ weniger neue Nahwärmekunden gewinnen werden: „Damit ist weder dem Klimaschutz noch der Wärmewende geholfen."

Um die „Unwuchten“ bei dem Förderungsprogramm zu korrigieren, haben die Stadtwerke Schwäbisch Hall zwischenzeitlich nicht nur Energieverbände wie den AGFW, Vedec oder den VKU um Unterstützung gebeten. Mehrmals hat Steffen Hofmann auch die zuständigen Referate im Bundeswirtschaftsministerium angeschrieben. Die Antworten fielen bislang ernüchternd aus. „Für Ihren konkreten Fall können wir seitens des BMWi keine Rechtsberatung leisten, die Darstellung in den FAQ entspricht aber unserem, mit den Durchführern zusammen gefundenen Verständnis der Förderrichtlinien“, heißt es beispielsweise einem Schreiben an ihn.

Dass es um den internen Informationsfluss im Hause Altmaier nicht zum Besten bestellt ist, zeigt eine andere Mail an Hofmann, in der es heißt: „Das Problem ist bekannt und wir versuchen zwischen den Referaten eine für die Branche gangbare Lösung zu finden.“

Darauf wartet Steffen Hofmann nun seit Wochen. Trotz der bislang ernüchternden Erfahrungen mit dem neuen Förderprogramm wollen die Stadtwerke Schwäbisch Hall aber keine Abstriche bei ihrer Nahwärme-Offensive machen: „Wenn alle Stricke reißen und wir es nicht schaffen, dass die Richtlinien angepasst werden, müssen wir die neuen Wärmekunden mit anderen Argumenten überzeugen. Die Förderlücke können wir jedenfalls nicht aus eigener Tasche schließen“, kündigt Hofmann an. Ein schwieriges Unterfangen, da erfahrungsgemäß nicht die CO2-Bilanz, sondern der Kostenvergleich entscheidet.
 
 

Ralf Köpke
© 2024 Energie & Management GmbH
Dienstag, 30.03.2021, 15:03 Uhr

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