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Enerige & Management > Österreich - Kritik an Tirol für Einflußnahme auf Energieversorger
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ÖSTERREICH:
Kritik an Tirol für Einflußnahme auf Energieversorger
Das Land Tirol nutzte den Energieversorger Tiwag zur Bankenrettung und zur Konjunkturförderung, kritisiert der Rechnungshof. Manche Entscheidungsprozesse waren bemerkenswert. 
 
Auf Wunsch des Tiroler Landeshauptmanns Günther Platter hat der landeseigene Energiekonzern Tiwag im Jahr 2011 eine Sonderdividende von 230 Mio. Euro bezahlt, von denen 220 Mio. der Rettung der Hypo Tirol Bank AG dienten, stellte der österreichische Rechnungshof (RH) in einem am 5. März veröffentlichten Bericht fest.

Ferner finanzierte die Tiwag dem Bericht zufolge von 2012 bis 2019 Konjunkturförderungen von insgesamt 62 Mio. Euro. Überdies hatte sie im Frühjahr 2016 Strompreissenkungen vorzunehmen, die höher ausfielen als vom Vorstand geplant. Dadurch verringerten sich ihre in Tirol erzielten Erlöse aus dem Stromgeschäft um 18,6 Mio. Euro.

Um diesen Wünschen der Politik zu entsprechen, musste die Tiwag auf für Investitionen vorgesehene Rücklagen zugreifen und Kredite aufnehmen, zeigt der Bericht des Rechnungshofs. Diesem zufolge warnte der damalige Vorstandschef des Unternehmens, Bruno Wallnöfer, Landeshauptmann Platter im Juni 2015 schriftlich, „dass sich die Tiwag früher als geplant verschulden müsse und dies ihren Finanzierungsspielraum beträchtlich verringere“. Der derzeitige Vorstand unter Erich Entstrasser betrachtet solche Angelegenheiten offenbar entspannter. Dem RH wurde mitgeteilt, „die Festlegung der jährlichen Dividende sei letztlich immer eine Entscheidung des Aktionärs“. Diese Auffassung teilt der Rechnungshof indessen nicht. Nach seiner Ansicht „war die Ausschüttung der Sonderdividende von sachfremden Interessen geleitet und nicht zum Wohle der Gesellschaft“. 

Kritik übt der RH auch an der Entscheidungsfindung im Tiwag-Aufsichtsrat. Von 2015 bis 2019 fasste dessen mit umfangreichen Befugnissen ausgestatteter Präsidialausschuss Umlaufbeschlüsse über Geschäftsfälle mit einem Gesamtumfang von rund 334. Mio. Euro. Sitzungen des Gremiums fanden in diesem Zeitraum nicht statt. Die nicht im Präsidialausschuss vertretenen Mitglieder des Aufsichtsrats wurden von dessen Vorsitzendem „in Einzelgesprächen“ von den geplanten Beschlüssen informiert. „Protokolle zur Dokumentation der Erwägungsgründe seiner Entscheidungen“ ließ der Präsidialausschuss nicht erstellen, kritisiert der RH.

Auch enthielten die Berichte des Ausschusses an das Plenum „nicht immer jene Informationen, die dem Aufsichtsrat zumindest eine Plausibilisierung der ihm zur Kenntnis gebrachten Beschlüsse erlaubten“. Das dürfte allerdings niemanden gestört haben: Laut RH-Bericht nahm der Aufsichtsrat die „Beschlüsse des Präsidialausschusses weitgehend ohne Diskussion zur Kenntnis“. Dem Argument der Tiwag, die „Entscheidungsfindung im Präsidialausschuss“ steigere deren Effizienz, kann der Rechnungshof nur bedingt folgen. Ihm zufolge war dadurch eher eine Beeinträchtigung der „Qualität und Transparenz der Entscheidungen“ zu befürchten. Überdies vermerkte der RH, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrats, der Baustoffindustrielle Reinhard Schretter, zugleich ein Zulieferer der Tiwag war. Sein Unternehmen Schretter & Cie war nicht zuletzt in die nach wie vor laufende Errichtung des Gemeinschaftskraftwerks Inn (GKI) eingebunden. Indessen dokumentierten die Aufsichtsratsprotokolle der Tiwag „keine Fragen zu einem möglichen Interessenkonflikt des Aufsichtsratsvorsitzenden“, bemängelt der RH.

Schretter selbst teilte den Prüfern mit, die Zulieferungen seitens seines Unternehmens beruhten „nicht auf direkten Verträgen und Geschäftsbeziehungen mit der Tiwag. Daher liege aus seiner Sicht kein Interessenkonflikt vor. Die Ausschreibungen bzw. Vergaben seien Sache der GKI GmbH gewesen, auf deren Beschaffungen der Aufsichtsrat der Tiwag keinen Einfluss habe“. Mittlerweile hat Schretter persönlich mit der Angelegenheit nur noch wenig zu tun: Im Januar legte er sein Amt als operativer Geschäftsführer des Unternehmens nieder und ist nun Vorsitzender des Gesellschafterbeirats. 
 

Klaus Fischer
© 2024 Energie & Management GmbH
Montag, 08.03.2021, 10:20 Uhr

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