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Enerige & Management > Windkraft Onshore - Die Uhr tickt
Bild: psdesign1 / Fotolia
WINDKRAFT ONSHORE:
Die Uhr tickt
Dank bedarfsgerechter Nachtkennzeichnung soll mit dem nächtlichen Dauerblinken auf den meisten Windturbinen bis Ende 2022 Schluss sein. Der Zeitplan für die Umrüstung ist ambitioniert.
 
Vor ein paar Wochen war es im hohen Norden so weit. Eike Schuldt, Geschäftsführer des Bürgerwindparks Neuengörs-Weede (Kreis Segeberg), sprach sogar von „einer Weltpremiere“. In dem schleswig-holsteinischen Windpark, in dem seit gut fünf Jahren sechs Senvion-Windturbinen mit jeweils 3,4 MW Leistung in Betrieb sind, gingen in den früheren Abendstunden die Lichter aus. Genauer gesagt war Schluss mit dem Dauerblinken auf den Gondeln der dreiflügeligen Ökokraftwerke.

Möglich gemacht hat das ein sogenanntes System zur bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung (BNK) auf Basis der Transpondertechnologie. Dank solcher BNK-Systeme leuchtet die ab einer Höhe von 100 Metern verbindlich vorgeschriebene Hindernisbefeuerung auf den Windturbinen nachts nur noch dann, wenn sich wirklich ein Flugzeug oder ein Hubschrauber einem Windpark nähert − nämlich relativ selten. Ansonsten bleibt der Nachthimmel dunkel.

Was hoffen lässt: Vielerorts hatte das nervige Dauerblinken der Positionslichter während der Nachtstunden Anwohner von Windparks frustriert − einer der Gründe für die sinkende Akzeptanz der Windkraft. Mit reichlich Verspätung sah sich die Politik zum Handeln veranlasst: Ende 2018 beschloss der Bundestag, eine angepasste Nachtkennzeichnung für Bestands- und Neuanlagen mit Radar- und Transpondersystemen verpflichtend einzuführen.

Der ursprüngliche Zeitplan hatte bereits bis Mitte 2020 eine flächendeckende Umrüstung für die nach Branchenangaben rund 11.000 betroffenen Windturbinen vorgesehen. Allerdings verzögerte sich im zuständigen Bundesverkehrsministerium monatelange die Überarbeitung des notwendigen Regelwerks, der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen (AVV). Außerdem zeigte sich schnell, dass es am Markt keine ausreichende Zahl von ausgereiften BNK-Systemen gab. Deshalb musste die zuständige Bundesnetzagentur den Termin für die Umrüstpflicht zweimal verlängern − auf nunmehr Ende 2022.

Ein drittes Mal soll es nicht geben, ist der Windbranche zwischenzeitlich signalisiert worden. Was die betroffenen Windmüller unter Zeitdruck setzt. Sollten sie bis zum Jahreswechsel 2022/2023 nicht nachweisbar ein BNK-System in ihrem Windpark in Betrieb haben, erhalten sie keine Vergütung mehr für die eingespeisten Kilowattstunden.

„Das Verfahren für den BNK-Einbau ist noch nicht eingespielt“

Nicht die eigentliche Installation eines BNK-Systems ist das Problem: „Das ließe sich im Optimalfall alles an einem Tag bewerkstelligen“, sagt Jonas Lesch, der bei "wpd windmanager" seit Wochen mit einem siebenköpfigen Team die notwendigen Umrüstungen betreut und managt, „die notwendigen luftfahrtrechtlichen Vorprüfungen, das Genehmigungsverfahren und die spätere Abnahme durch die Landesluftfahrtbehörden und Prüfstellen sind überhaupt noch nicht eingespielt.“

Was für WPD Windmanager, die hierzulande einen Pool mit 3.500 MW Windenergieleistung betreut, aber unverzichtbar ist. „Wir sind mit dem BNK-Einbau für rund 1.000 Windturbinen beauftragt, also für etwa gut ein Zehntel der betroffenen Anlagen“, so Lesch. Da jeder Windpark „in einem anderen räumlichen Umfeld“ stehe, gebe es keine BNK-Lösung „von der Stange“: „Dieses individuelle Vorgehen kostet Zeit.“ Und nicht nur das: „In so manchen Windparks gibt es bislang keine Internetverbindung, die einfach notwendig ist für den Anschluss eines BNK-Systems“, resümiert er über seine Erfahrungen nach den ersten Umrüstwochen.

Wie aus Branchenkreisen zu hören ist, bereitet vor allem das Zusammenspiel mit den Landesluftfahrtbehörden bei der BNK-Offensive sozusagen als zuständige Abnahmeinstanz nach erfolgter Umrüstung Kopfzerbrechen: „Das ist absolutes Neuland für diese Behörden, die für diese zusätzlichen Aufgaben personell unterbesetzt sind und sich untereinander bislang auch nicht über ein gemeinsames Vorgehen verständigt haben.“

Um für einen möglichst schnellen und koordinierten Einbau der BNK-Systeme in Nordrhein-Westfalen zu sorgen, hat der Landesverband Erneuerbare Energien NRW ein eigenes Tochterunternehmen gegründet. „Neben der Beratungsarbeit und der Absprache unter benachbarten Windparks über ein gemeinsames Vorgehen bündeln wir den Einkauf, was finanzielle Vorteile für die einzelnen Betreiber mit sich bringt“, umreißt Geschäftsführer Christian Mildenberger das Vorgehen. Nach seiner Einschätzung bieten sich den Windmüllern mittlerweile genügend technische Alternativen, um das Dauerblinken zu unterbinden: „Der Flaschenhals sind die aufwendigen bürokratischen Verfahren.“
 
Ende 2022 soll das nächtliche Dauerblinken auf den Gondeln von Windturbinen vorbei sein
Bild: Lanthan Safe Sky

Mit dem ersten komplett mit einem BNK-System umgerüsteten Windpark rechnet Mildenberger „in Bälde.“ Ähnlich sieht der Zeitplan der BNK Saar GmbH aus, einem im vergangenen Jahr gegründeten Tochterunternehmen der Ökostrom Saar GmbH.

Die Saarländer verfolgen den gleichen Ansatz wie der LEE NRW: Die Ausstattung der Windparks soll koordiniert werden, die Einkaufsvorteile sollen an die Betreiber weitergereicht werden. Wie der LEE NRW kooperiert auch die BNK Saar für das ausgewählte Transpondersystem mit Lanthan Safe Sky. Nach Angaben von Projektmanager Michael Öllinger müssen rund 200 Anlagen im Saarland umgerüstet werden: „Hinzu kommt etwa die gleiche Anzahl von Windturbinen in den angrenzenden Regionen, wo wir auch tätig sind.“

Obgleich bis Ende 2022 noch gut 20 Monate Zeit ist, will Lesch nicht darauf wetten, dass die BNK-Umrüstung bis dahin komplett abgeschlossen ist: „Auf Basis unserer bisherigen Erfahrungen kann ich nur sagen, dass der Zeitplan sehr, sehr ambitioniert ist.“ Für Eike Schuldt vom Bürgerwindpark Neuengörs-Weede führt aber kein Weg an einer schnellen Umrüstung vorbei: „Eine maximale Ausschaltzeit der Hinderniskennzeichnung zu erreichen, bedeutet eine große Entlastung für Anwohner und die umliegende Natur, was auch uns als ortsverbundene Windmüller einfach stärkt."
 

Ralf Köpke
© 2024 Energie & Management GmbH
Mittwoch, 19.05.2021, 09:36 Uhr

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