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Enerige & Management > Stromnetz - Eigenkapitalzins sinkt, soll aber "auskömmlich" bleiben
Bild: Jonas Rosenberger
STROMNETZ:
Eigenkapitalzins sinkt, soll aber "auskömmlich" bleiben
Bei seinem letzten Jahrespressegespräch als Präsident der Bundesnetzagentur betont Jochen Homann vor allem die Fortschritte beim Stromnetzausbau, der weiter eine Dauerbaustelle bleibt.
 
Ende Februar kommenden Jahres wird Jochen Homann nach zehnjähriger Dienstzeit altersbedingt aus dem Amt als Präsident der Bundesnetzagentur ausscheiden. Resümees zu seinem Wirken als Oberregulierer der Nation wehrte Homann auf seiner letzten Jahrespressekonferenz charmant ab: „Das ist noch zu früh.“

Dass sich aber die Netzbetreiber auf ein Abschiedsgeschenk der besonderen Art einstellen müssen, ist seit einigen Monaten bekannt. Wohl im Oktober wird die Bonner Behörde die künftigen Eigenkapitalzinssätze für den Netzbetrieb bekannt geben. Dass es nicht bei dem bisherigen Zinsniveau bleiben wird, hat Homann bereits in den zurückliegenden Wochen mehrmals durchblicken lassen. „Wir werden aber eine auskömmliche Verzinsung sicherstellen", betonte Homann nun erneut vor einer digitalen Medienrunde.

Die Reduktion der Zinssätze für Neuanlagen von aktuell 6,91 Prozent ist alles andere als eine Überraschung. Bei ihren Berechnungen orientiert sich die Bundesnetzagentur am zehnjährigen Durchschnitt der Umlaufrenditen am Kapitalmarkt – die seit geraumer Zeit vorherrschende Baisse ist allen Playern in der Energiewirtschaft bekannt.

Zufrieden zeigte sich der Präsident der Bundesnetzagentur mit den Fortschritten beim Stromnetzausbau: „Wir sind im vergangenen Jahr trotz der Corona-Pandemie vor allem bei den neuen geplanten Stromautobahnen gut vorangekommen.“ Für die großen HGÜ-Leitungen Südlink und Südostlink seien mittlerweile die Trassenkorridore genehmigt, auch „Ultranet“ und der sogenannte „Korridor B“ kämen voran.

Fortschritte beim Stromnetzausbau

In ihrem Jahresbericht hat die Bundesnetzagentur die Fortschritte in Zahlen aufgelistet. Danach befanden sich Ende vergangenen Jahre rund 3.524 km Stromleitungen in Genehmigungsverfahren. Davon entfallen aus dem Bundesbedarfsplan 667 km Stromleitungen in Zuständigkeit der Länder, für 2.646 km Stromleitungen liegt die Zuständigkeit bei den laufenden Genehmigungsverfahren bei der Bundesregierung. Klar ist, dass der Netzausbau in diesem Jahrzehnt zu den größten Infrastrukturprojekten hierzulande zählt. Nach Schätzungen der Experten aus dem Bonner Tulpenfeld, dem Sitz der Netzagentur, liegt der Investitionsbedarf bis 2030 bis rund 102 Mrd. Euro, davon entfallen 55 Mrd. Euro auf das Übertragungsnetz und 47 Mrd. Euro auf die Verteilernetze. 

Wer Homann kennt, weiß, dass er aus seinen Einschätzungen keine Mördergrube macht, sondern sie frei, mitunter pointiert formuliert. Dass er kein Freund einer gemeinsamen Regulierung von Wasserstoff- und Erdgasnetzen ist, müsste sich langsam herumgesprochen hat. Diesen Standpunkt wiederholte er auch bei dem Jahrespressegespräch: „Regulierung ist kein Instrument der Wirtschaftsförderung, sondern dient dem Verbraucherschutz und der Verhinderung von Monopolen", lautet sein Credo. Seine Horrorvorstellung bleibt es, dass die etablierten Gasnetzbetreiber die Umrüstung ihrer Gasnetze für den Wasserstofftransport durch die Gasnetzentgelte finanziert bekommen. Angst, dass nicht mehr benötigte Gasleitungen als „Stranded Investments“ endeten, zerstreute Homann: „Wenn es darauf ankommt, können wir die Umstellung einer Erdgasleistung auf Wasserstoff ganz schnell genehmigen.“

In seiner verbleibenden Amtszeit wird Jochen Homann wohl in wenigen Wochen auf
ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes mit Sitz in Luxemburg reagieren müssen, bei dem um die politische Unabhängigkeit der Bonner Behörde geht. Deutschland hat nach Auffassung der EU-Kommission sowie des Generalanwalts Giovanni Pitruzzella die Vorschriften über die Befugnisse und Unabhängigkeit der deutschen Regulierungsbehörde „in defizitärer Weise“ ins deutsche Recht umgesetzt. Da der EuGH in der Regel dem Plädoyer des Generalanwaltes folgt, gehen Beobachter von einer Klatsche für die Bundesregierung aus. „Wir werden mit einem Urteil aus Luxemburg verantwortungsvoll umgehen", betonte Homann bewusst zurückhaltend. Wie die Behörde dann – mit möglicherweise mehr Kompetenzen – neu aufgestellt wird, damit dürfte sich sein Nachfolger respektive seine Nachfolgerin rumschlagen.
 
Wer auch immer Homann folgt, dem dürften dann schon erste Erfahrungen mit der Redispatch 2.0-Lösung vorliegen, die Anfang Oktober starten soll. Dass nicht alle Netzbetreiber pünktlich am Start sein werden, ist für Achim Zerres keine Überraschung: „Wir wissen aber, dass alle wichtigen Player startklar sind, sodass wir keine Schwierigkeiten bei der Neuregelung des Netzmanagements erwarten“, betonte der Leiter der Energie-Abteilung bei dem Pressegespräch. Gegenüber Nachzüglern kündigte Zerres bereits eine gewisse Nachsicht an: „Wir werden nicht gleich ab dem 2. Oktober mit der Zwangsgeldkeule durch die Lande ziehen.“
 
 

Ralf Köpke
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Mittwoch, 19.05.2021, 16:35 Uhr

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