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Enerige & Management > Aus Der Aktuellen Ausgabe - "Es gibt offensichtlich kein Silo-Denken"
Bild: Jonas Rosenberger
AUS DER AKTUELLEN AUSGABE:
"Es gibt offensichtlich kein Silo-Denken"
Die Akzeptanz der E-Mobilität hängt wesentlich von den Lademöglichkeiten ab – vor allem über Netzgebiete hinweg. Die Aareal Bank hat dafür eine Abrechnungslösung entwickelt.
 
E&M: Herr Höfelmann, Herr Yahyapour, wenn man die Kundenkarte eines Stadtwerks dazu nutzen kann, an Ladesäulen eines anderen Stadtwerks zu laden, ist das doch Roaming, wie man es schon eine ganze Weile kennt. Was steuert hier die Aareal Bank als neuen Mehrwert bei?

Höfelmann: Das stimmt. Es ist Roaming. Bisher gab es aber lediglich das technische Roaming. In einer Zeit, in der die Zulassungszahlen von E-Autos und die Zahl der Ladevorgänge noch sehr gering waren, konnten sich die Energieversorger die Ladeinfrastruktur gegenseitig noch unentgeltlich zur Verfügung stellen oder haben allenfalls Flatrates und Pauschalpreise angeboten. Das geht mit dem Hochlaufen der Elektromobilität aber nicht mehr. Unser Beitrag ist eine Lösung, die die kilowattstundenscharfe Abrechnung der Stadtwerke untereinander handhabbar macht.

E&M: Können die Energieversorger den Zahlungsverkehr untereinander nicht selbst regeln?

Höfelmann: Wenn man jeden einzelnen Vorgang erfassen und abrechnen wollte, wäre das ein riesiger Aufwand. Stellen Sie sich vor, es müssten Tausende von Ladevorgängen mit einem finanziellen Volumen von jeweils fünf oder zehn Euro mit vielen unterschiedlichen Gegenparteien separat abgerechnet werden. Wir sprechen nicht umsonst von Micro Payments. Dadurch würden die Abrechnungsprozesse innerhalb der ERP-Systeme der Stadtwerke sehr komplex. Unsere Lösung kann für die Stadtwerke über einen bestimmten Zeitraum eine Nettoposition aus Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber den jeweils anderen Ladenetzwerkpartnern ausweisen und abrechnen. Das verringert nicht nur die Komplexität, sondern auch den Bearbeitungsaufwand insgesamt.
 
Daniel Höfelmann, Director Innovation Management: „Die Wohnungswirtschaft spielt eine wesentliche Rolle für den Erfolg der E-Mobilität“
Bild: Aareal Bank

Yahyapour: Wir rechnen aber nicht nur die Nettoposition ab, sondern berücksichtigen mit unserer Lösung auch alle steuerrechtlichen Anforderungen. Gerade die Erfassung der Steuern, beispielsweise der Umsatzsteuer, war für die Stadtwerke bisher enorm aufwendig.

E&M: Ist das nicht aber ‚nur‘ eine Frage der ‚richtigen‘ Programmierung einer IT-Lösung?

Yahyapour: Natürlich steckt dahinter eine leistungsfähige IT-Lösung. Die Prozesse, um zu einer korrekten Rechnung zu gelangen, sind aber wesentlich komplexer, als man denkt, und man darf auch nicht vergessen, dass ein Ladenetzbetreiber wie Smartlab nicht ohne Weiteres Geld von seinen Plattformteilnehmern einziehen und poolen darf. Man darf das nur, wenn man eine ZAG-Lizenz (das Akronym steht für Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz; d. Red.) besitzt.
 
„Ein Ladenetzbetreiber darf nicht ohne weiteres Geld von seinen Plattformteilnehmern einziehen“
 
E&M: Und die Aareal Bank hat diese Lizenz.

Höfe​lmann: Ja, jedes Unternehmen, das Zahlungsdienste anbietet, benötigt diese Lizenz der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin; d. Red.). Wollte ein Ladenetzbetreiber also selbst Zahlungen über ein Treuhandkonto abwickeln, wie wir das tun, müsste er eine solche Lizenz erwerben und sich unter die Aufsicht der BaFin stellen. Damit sind umfassende Reporting-, Transparenz- und Eigenkapitalpflichten verbunden − für einen E-Mobilitätsdienstleister wäre der entsprechende Aufwand viel zu groß.

E&M: Mit der Rechnung an den E-Autofahrer hat die Aareal Bank aber nichts zu tun, oder?

Yahyapour: Nein. Aareal Connected Payments ist eine B2B-Lösung. Die Zahlung des Kunden wird über den Payment Service Provider von Smartlab abgewickelt. Die Rechnung bekommt er dann von dem Stadtwerk, bei dem er Kunde ist. Von der Abwicklung seiner Zahlung zwischen seinem Stadtwerk und dem Stadtwerk, dessen Ladesäule er genutzt hat, bekommt er nichts mit. Hier ist Smartlab mit ihrer Plattform ladenetz.de im Lead.

E&M: Welche Daten benötigen Sie zur Abrechnung?

Yahyapour: Zum einen sind das die Daten der Ladetransaktion, etwa die Authentifizierung des Nutzers, die Dauer des Ladevorgangs und die geladene Strommenge. Zum anderen fließen die Daten, die dazu genutzt werden, die Schuldverhältnisse abzubilden, also die jeweilige Forderung und Verbindlichkeit, ins System. All diese genannten Datensätze sind natürlich anonymisiert. Hinzu kommen die individuell zuordenbaren Stammdaten der Stadtwerke.
 
Patrice Yahyapour, Produktmanagement Connected Payments: „Gerade die Erfassung der Steuern war für die Stadtwerke bisher enorm aufwendig“
Bild: Aareal Bank

E&M: Wie ist Ihre Wahrnehmung: Sind die Stadtwerke den Plattformlösungen eines Ladenetzwerks gegenüber aufgeschlossen oder tendieren sie eher zum eigenen exklusiven Ladenetz?

Höfelmann: Unserer Erfahrung nach sind die Stadtwerke sehr offen für Plattformlösungen und gehen vollkommen vorurteilsfrei an Ladenetzwerke heran. Es gibt offensichtlich kein Silo-Denken. Das mag auch daran liegen, dass die Stadtwerke erkannt haben, wie wichtig es ist, den E-Autofahrern Lademöglichkeiten über das eigene Netzgebiet hinaus zu bieten.
 
„Stadtwerke haben erkannt, wie wichtig es ist, den E-Autofahrern Lademöglichkeiten über das eigene Netzgebiet hinaus zu bieten“
 
Yahyapour: Bei ladenetz.de laden die Kunden zu den speziellen Konditionen, die sie bei ihrem Stadtwerk haben, unabhängig davon, in welchem Netzgebiet sich der Ladepunkt befindet, den sie gerade nutzen. Damit haben die Energieversorger ein hervorragendes Kundenbindungsinstrument an der Hand.

E&M: Die Aareal Bank ist traditionell Finanzdienstleister für die Wohnungswirtschaft. Haben Sie Überlegungen, Ihren angestammten Kunden ähnliche Angebote zu machen?

Höfelmann: Wir wollen unsere Lösung weiterentwickeln und die Wohnungswirtschaft einbeziehen. In Deutschland wohnen fast 60 Prozent der Menschen zur Miete. Die werden sich nur ein E-Auto zulegen, wenn sie auch die Möglichkeit haben, zu Hause zu laden. Wir gehen davon aus, dass künftig rund 70 Prozent aller Ladevorgänge an privaten Ladepunkten stattfinden werden. Deshalb spielt die Wohnungswirtschaft eine wesentliche Rolle für den Erfolg der E-Mobilität.

E&M: Aber werden die Wohnungsgesellschaften auch als Ladenetzbetreiber auftreten?

Höfelmann: Sie könnten Kunden der Stadtwerke werden oder direkte Businesspartner von Smartlab, wie es sie jetzt bereits im Netzwerk ‚ladebusiness‘ gibt, und dem Endkunden gegenüber als Anbieter auftreten. Mittlerweile erlaubt die Ladesäulenverordnung den Wohnungsgesellschaften aber unter bestimmten Voraussetzungen auch den Betrieb von Ladesäulen. Deshalb rechnen wir noch mit vielen Impulsen aus der Branche für den Ladenetzausbau und mit entsprechendem Bedarf an einer automatisierten Multi-Party-Payment-Lösung.

Eine für alle

Die Aareal Bank hat im Rahmen einer Kooperation mit dem Plattformanbieter Smartlab ein automatisiertes Abrechnungsverfahren mit der Bezeichnung Aareal Connected Payments entwickelt. Es wird derzeit für die Zahlungsabwicklung zwischen den Stadtwerken genutzt, die sich ladenetz.de angeschlossen haben. Mittlerweile hat das Ladenetzwerk, das von der „SMART/LAB Innovationsgesellschaft“ betrieben wird, rund 230 Partner. Deren Kunden können jeweils mit ihrer eigenen Kundenkarte an jeder Ladesäule der teilnehmenden Energieversorger ihr Elektrofahrzeug laden − zu den Konditionen, die sie vom „Heimatstadtwerk“ gewährt bekommen. Zentrale Elemente der Abrechnungslösung sind das Pooling und Netting von Zahlungsströmen zwischen den Stadtwerken. Gesellschafter der SMART/LAB Innovationsgesellschaft mbH sind die Duisburger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft, Erdgas Schwaben, die Stadtwerke Düsseldorf, die Stadtwerke Osnabrück, die Stawag und die Thüga.
 

Fritz Wilhelm
Stellvertretender Chefredakteur
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Mittwoch, 28.07.2021, 09:23 Uhr

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