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Enerige & Management > F&E - Forscher untersuchen Wege zur Klimaneutralität
Bild: Fotolia/alphaspirit
F&E:
Forscher untersuchen Wege zur Klimaneutralität
Ob und wie Deutschland klimaneutral werden kann, haben Forscher in einer Langzeitstudie mit drei verschiedenen Pfaden zur Dekarbonisierung des Energiesystems untersucht. 
 
Klimaneutral hergestellter Strom, klimaneutraler Wasserstoff und klimaneutraler Kohlenwasserstoff − anhand dieser drei Pfade beleuchteten Forschende des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI, ob und wie die energie- und klimapolitischen Ziele Deutschlands zu erreichen sind.

Ihnen zur Seite standen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Universität Berlin (TU Berlin) und des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (Ifeu) sowie das Aachener Beratungsunternehmen Consentec. Am 25. Juni präsentierten die Partner die Projektergebnisse ihres Forschungsvorhabens "Langfristszenarien für die Transformation des Energiesystems in Deutschland".

Die Forschenden verweisen darauf, dass ihre Berechnungen zu den betrachteten Szenarien zeitlich vor der kürzlich vom Bundesrat abgesegneten Novelle des Klimaschutzgesetzes erfolgt sind. Die aktuellen Beschlüsse zur Verschärfung der Treibhausgasminderungsziele seien nicht enthalten. Sie erachten ihre Erkenntnisse jedoch auch vor der Hintergrund der verschärften Klimaschutzziele als gültig und als Grundlage, um Optionen zum Erreichen der Klimaneutralität zu diskutieren.

Mehrere Erkenntnisse gewannen die Partner aus ihrer Analyse zum Umbau des Energiesystems:
  • Der Industrie steht eine tiefgreifende Transformation bevor. Insbesondere die Grundstoffindustrien müssen ihre Anlagen umbauen und benötigen große Mengen CO2-neutraler Energieträger. Auch die Abscheidung und Nutzung des in den Prozessen entstehenden CO2 wird für sie immer wichtiger.
  • Die direkte Stromnutzung zu steigern erachten die Forschenden als "gute Strategie" − zum Beispiel bei der Bereitstellung von Wärme in Wärmenetzen, für Wärmepumpen in Gebäuden sowie in Elektrofahrzeugen für den Individual- und Transportverkehr
  • Der Luft- und Seeverkehr benötigt auch langfristig Kohlenwasserstoffe, die aus natürlichen Quellen kommen oder in Form synthetischer Kohlenwasserstoffe bereitgestellt werden können.
  • Bei schlechter gedämmten Gebäuden sehen die Forschungspartner drei Optionen für Klimaneutralität: die Nutzung zum einen von teuren synthetischen Kohlenwasserstoffen oder in sehr begrenztem Umfang von Biomasse, zum zweiten die direkte Stromnutzung mit Nachdämmung. Die Nutzung von Wasserstoff als dritte Option verbinden die Forschenden mit großem Aufwand bei der Umstellung der Geräte und der Versorgungsinfrastruktur.
Allen drei Szenarien gemein sei der starke Ausbau der Erneuerbaren in Deutschland und Europa. Als zentrale Herausforderungen hierbei sehen die Forschenden die Bereitstellung von Flächen für Erneuerbare-Energien-Anlagen und das Sicherstellen der nötigen Akzeptanz in der Bevölkerung. 

Weitere wichtige Bausteine seien neben dem Ausbau der Stromnetze auch die Energieeffizienz, um den Flächendruck durch die Stromerzeugung aus Erneuerbaren zu reduzieren. Den Aufbau eines europäischen Wasserstoffnetzes ist nach Auffassung der Forschenden "Bestandteil einer robusten Strategie für die Transformation des Energiesystems". Die Gasinfrastruktur müsse auf den rückläufigen Methanbedarf und den Wasserstofftransport angepasst werden, heißt es. 

Technologien für negative Emissionen forcieren 

Die Autoren empfehlen, explizit Technologien für negative Emissionen zu erforschen. Als Grund führen sie ihre Forschungserkenntnisse an, laut derer die Treibhausgasemissionen in Deutschland nicht komplett auf null gesenkt werden können.

Den Vergleich der drei Szenarien Strom, Wasserstoff und Kohlenwasserstoffe vor Augen resümiert Projektleiter Frank Sensfuß: "Die neuen Klimaziele für die Jahre 2030 und 2040 erreicht nur das Szenario mit starker Stromnutzung. Bei Strategien, die vor allem auf die Nutzung von Wasserstoff und synthetischen Kohlenwasserstoffen setzen, müssten früher größere Mengen dieser Energieträger eingesetzt werden, um die Ziele zu erreichen."

Der Leiter des Geschäftsfelds Strommärkte und -infrastrukturen am Fraunhofer ISI betont, dass sowohl grüner Wasserstoff als auch synthetische Kohlenwasserstoffe derzeit nicht in relevanten Mengen hierzulande verfügbar sind. Das Erreichen der kurz- und mittelfristigen Klimaziele über diese Technologiepfade sieht Sensfuß daher als "sehr ambitioniert" an. 

Die Forschenden wollen im weiteren Projektverlauf die neuen Zielvorgaben in zusätzlichen Szenarien berechnen. Zahlreiche Daten und Materialien stellt das Forschungsteam auf einer eigenen Internetseite  zur Einsicht bereit. In einem im Internet downloadbaren 30-seitigen Kurzbericht  hat das Team die Ergebnisse seiner bislang drei untersuchten Pfade zur Dekarbonisierung des Energiesystems zusammengefasst. 



 
 

Davina Spohn
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Montag, 28.06.2021, 11:36 Uhr

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