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Enerige & Management > F&E - Grüner kühlen mit Magneten
Bild: shutterstock
F&E:
Grüner kühlen mit Magneten
Der weltweite Kühlbedarf erzeugt riesige Mengen an CO2, Tendenz stark steigend. Mit einer neuen Kühltechnik durch Magneten wollen Forschende aus Bielefeld hier gegensteuern.
 
Laut einer UN-Studie gibt es weltweit etwa 3,6 Mrd. Kühlgeräte. Die negativen Folgen sind erheblich: 2018 kostete die Kühlung 3,4 % des globalen Energiehaushalts, bis 2050 könnte sich der Wert verdreifachen. Die Wissenschaft arbeitet daran, dass künftig der sogenannte „MK-Effekt“ für eine energiesparende und umweltfreundliche Kühltechnik genutzt werden kann.

Der magnetokalorische Effekt (MK-Effekt) ist schon seit langem bekannt. Er tritt bei bestimmten magnetisierbaren Materialien auf, die sich erwärmen, wenn sie auf ein magnetisches Feld treffen. Die entstandene Wärme wird an die Umgebung abgegeben, bis die Ausgangstemperatur wieder erreicht worden ist. Beim Entfernen des Feldes kühlt sich das Material dann schlagartig ab. Das Ergebnis: ein steuerbares Kühlverfahren ohne umweltschädliche Kühlmittel, wie sie bei der aktuell vorherrschenden Kompressortechnologie nötig sind. Magnetokalorische Kühlsysteme besitzen zudem einen bis zu 30 % höheren Wirkungsgrad als Kompressoren, kurz: Sie sparen Energie und reduzieren den CO2-Ausstoß.

Es hat jedoch Gründe, dass der MK-Effekt bisher noch keine breite Anwendung in der Praxis gefunden hat: Zum einen sind extrem große Magnetfelder notwendig, damit sich der Effekt stark genug einstellt, um damit kühlen zu können. Zum anderen müssen zurzeit noch kritische Rohmaterialien wie „Seltene Erden“ verwendet werden, deren Gewinnung nicht nur teuer, sondern oft auch umweltschädlich ist.

Hier setzt das Projekt „DiProMag“ (Digitalisierung einer Prozesskette zur Herstellung, Charakterisierung und prototypischen Anwendung magnetokalorischer Legierungen) der Fachhochschule und Universität Bielefeld an: Dabei wird in den kommenden drei Jahren nach innovativen Legierungen gesucht, mit denen sich der MK-Effekt optimieren lässt.

Magnete aus nichtmagnetischen Metallen

Im Fokus stehen dabei die sogenannten Heuslerverbindungen. Ihr Name geht auf den deutschen Chemiker Friedrich Heusler zurück, der 1903 die erste magnetische Legierung entwickelte, die sich aus den nichtmagnetischen Metallen Kupfer, Mangan und Aluminium zusammensetzt. In der Welt der Heuslerverbindungen lassen sich durch die Kombination von 52 Metallen Legierungen erstellen. Diese weisen dann verschiedene Funktionen auf – zum Beispiel magnetisch, halbleitend oder eben magnetokalorisch.

Das Problem dabei: die Zahl der möglichen Heuslerverbindungen ist praktisch unendlich. „Eine extrem zeitaufwendige Feldforschung würde anstehen, um Millionen von möglichen Verbindungen zu beschreiben“, skizziert Prof. Andreas Hütten die Herausforderung. Stattdessen wollen die Forschenden das Problem mit einer Kombination aus menschlicher und künstlicher Intelligenz angehen. 

„Das Geheimnis des Erfolgs von Dipromag wird darin bestehen, frühzeitig im Prozess die vielversprechendsten Verbindungen zu identifizieren und genauer zu untersuchen“, so Hütten. Verschiedene Forschungsteams nehmen dabei Heuslerlegierungen der unterschiedlichsten Formen unter die Lupe – von der ultradünnen Schicht bis hin zum Bulk-Material. Den vielversprechendsten Ansatz wollen dann am Ende alle gemeinsam optimieren. Unterstützung kommt von der KI: mit ihrer Hilfe wird eine sogenannte Ontologie entwickelt − eine Datenbank für ein Wissensmanagement, deren Inhalte intelligent miteinander verknüpft sind.

Obwohl bei Dipromag Grundlagenforschung betrieben wird, hat das Team dennoch die Sicht eines späteren Anwenders im Blick und arbeitet dafür eng mit einem Haushaltsgeräte-Hersteller zusammen. Sobald eine erfolgversprechende Legierung gefunden ist, wird in einem zweiten Schritt ein Hybrid-3D-Drucker der Fachhochschule Bielefeld eine Komponente für ein Kühlaggregat erstellen. Dipromag-Verbundkoordinator Prof. Christian Schröder: „Gemeinsam mit unserem Industriepaten soll die gesamte Prozesskette von der experimentellen Herstellung und Charakterisierung der magnetokalorischen Materialien über deren theoretische Beschreibung bis hin zum Aufbau eines Prototypen realisiert und durchgehend digitalisiert werden.“

Dipromag wird mit über zwei Millionen Euro vom Bundesforschungsministerium bis Januar 2024 gefördert.
 

Peter Koller
Redakteur
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Freitag, 23.04.2021, 11:59 Uhr

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