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Enerige & Management > Abwärme - Industrielle Abwärme gezielt nutzen
Bild: Orcan Energy
ABWÄRME:
Industrielle Abwärme gezielt nutzen
In der Abwärme steckt immenses Potenzial. Um sie wirtschaftlich nutzen zu können, etwa zur Stromerzeugung, gibt es bereits standardisierte Lösungen. Aber auch Forschungsbedarf.
 
Rund 10.000 MW schlummern bundesweit in der Industrie: So hoch schätzen Studien das Potenzial der Stromerzeugung aus industrieller Abwärme. Dabei sind beispielsweise Elektrolyseure, bei denen ebenfalls rund 30 % des eingesetzten Stroms als Abwärme verloren gehen, nicht mit eingerechnet. In vielen Industrieunternehmen könnte diese Abwärme heute schon wirtschaftlich genutzt werden. In den vergangenen Jahren wurden Standardlösungen dafür entwickelt, die bereits eingesetzt werden. Mit steigenden Energiekosten wird diese effiziente Energienutzung künftig immer relevanter.

Welche Technologien am Markt sind und wo es noch Entwicklungs- und Forschungsbedarf gibt, stellte Bayern innovativ gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum Kraft-Wärme-Kopplung der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden in einem Webinar (Virtuelle KWK) am 29. April vor.

Im Fokus der Veranstaltung standen zwei bekanntere Verfahren, um aus industrieller Abwärme Strom zu erzeugen: die Abwärmenutzung mit einer Organic-Rankine-Cycle-Anlage (ORC) sowie der Clausius-Rankine-Cycle-Technik (CRC). Beide Prozesse hätten ihre Vor- und Nachteile, sagte Florian Heberle, Geschäftsführer Zentrum für Energietechnik (ZET) der Universität Bayreuth. Er gab bei der virtuellen Veranstaltung als erster Referent einen Überblick über die Technologien.

ORC auch bei Biomasseanlagen im Einsatz

Die ORC-Technik sei seit rund 20 Jahren in der Industrie zu finden. Hier kommen je nach Anlage verschiedene organische Arbeitsmedien zum Einsatz. Bei der ORC-Technik handelt es sich um einen Flüssig-Dampf-Kreislauf, bei dem ein spezielles Fluid im Kreis gepumpt und unter Druckerhöhung aufgeheizt wird, bis es verdampft. Der heiße Dampf wird über eine Turbine geführt, die ihm den Druck und die Temperatur wieder entzieht und Strom erzeugt.

Genutzt wird die Technik nicht nur für Abwärmeanwendungen, sondern auch bei Biomasse- oder Geothermieanlagen. ORC habe bereits eine große Anwendungsbreite, so Heberle. Gleiches gelte auch für CRC – hier dient als Arbeitsmedium Wasser. Ab einer Temperatur der Abwärmequelle von rund 400 Grad Celsius sei gewöhnlich das CRC-Verfahren effizienter. Bekannt ist der Prozess vor allem zur Abwärmenutzung großer Gasturbinen. Aber auch bei kleineren Anlagen gebe es mittlerweile Lösungen.

Forschungsbedarf sieht der Geschäftsführer des ZET zum Beispiel darin, klimafreundlichere Fluide zu entwickeln, da mache Fluide nicht nur brennbar seien, sondern wie Treibhausgase wirken können, wenn sie in die Umwelt gelangen. Zudem müssten Abwärmenutzungen flexibler werden und auch bei der Effizienz sei noch Luft nach oben. Ein Forschungsprojekt stellte bei der Veranstaltung Prof. Andreas Weiß von der OTH Amberg-Weiden vor.

An dem Projekt "TurboSmart" arbeiten das Zentrum für Energietechnik (ZET) gemeinsam mit der OTH Amberg-Weiden und der Deprag, einem Motorenhersteller aus Amberg (Bayern). Hier wird versucht, mehr Flexibilität zu erzeugen, da Abwärme in der Regel nicht kontinuierlich zur Verfügung steht. Diese weiterentwickelte Mikroexpansionsturbine passe sich selbstständig – also "smart" – an veränderte Betriebsbedingungen an. So werde die Energieausbeute bei der Rückverstromung von Abwärme gesteigert.

Modulare Lösungen erhöhen Wirtschaftlichkeit von Abwärme-Technologien

Neben den wissenschaftlichen Ansätzen haben zwei Unternehmen ihre Produkte vorgestellt, die bereits als Standardlösungen weltweit eingesetzt werden: Orcan Energy und AWN.

Orcan Energy wurde 2008 gegründet und bietet kompakte ORC-Module an. Das Unternehmen hat ein standardisiertes Containerkonzept unter dem Markennamen "efficiency PACKs" entwickelt, das sich zur Stromerzeugung in Fabriken, Blockheizkraftwerken, Schiffen und bei weiteren Industrieprozessen einsetzen lässt. Die Geothermieanlage im bayerischen Kirchweidach nutzt zum Beispiel diese Technik. Um das Potenzial industrieller Abwärme noch schneller in den Markt zu bringen, bieten Eon und Orcan Energy seit Ende 2019 die ORC-Technik in einer Kooperation an. Dabei übernimmt Eon alle Tätigkeiten von der Planung über die Installation und Finanzierung bis hin zur Betriebsführung und Wartung der Anlage von Orcan.

Die AWN GmbH, ebenfalls seit rund zehn Jahren auf dem Markt, nutzt die CRC-Technik. Auch hier werden die Kosten durch eine modulare Bauweise für den Kunden gesenkt. Der Schwerpunkt liegt bei Biogasbetreibern, erklärte Daniel Starflinger von der AWN. Die Abgasnachverstromungsanlage von AWN "braucht mindestens 400 Grad und nutzt direkt das Abgas", erklärte Starflinger. Eine solche Anlage koste durchschnittlich 150.000 Euro und sei nach wenigen Jahren amortisiert. Durch den modularen Aufbau des AWN-CRC-Systems lassen sich laut Starflinger bis zu vier BHKW an eine Anlage anschließen.

Heberle vom ZET verwies abschließend darauf, dass vor allem Standardisierungen helfen, die Marktdurchdringung voranzutreiben. Das sei auch dringend nötig für ein Gelingen der Wärmewende.
 

Heidi Roider
Redakteurin und Chefin vom Dienst
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Freitag, 30.04.2021, 09:37 Uhr

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