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Enerige & Management > Studien - Klimaneutralität schon bis 2045 erreichbar
Bild: Fotolia
STUDIEN:
Klimaneutralität schon bis 2045 erreichbar
Die Energiewende lässt sich einer neuen Studie zufolge so beschleunigen, dass der CO2-Ausstoß bis 2030 um 65 % sinkt. Bereits 2045 könnte Deutschland klimaneutral sein.
 
Energiewirtschaft, Gebäudesektor, Verkehr – überall könnte Deutschland aufs Tempo drücken und so Klimaneutralität fünf Jahre früher erreichen, als von der Politik angepeilt. Das zeigt eine Studie, die die Stiftung Klimaneutralität und die Denkfabriken Agora Energiewende und Agora Verkehrswende vorgelegt haben.

Erstellt wurde die Studie von der Prognos AG sowie dem Öko-Institut und Wuppertal-Institut. Die jährlichen Investitionen müssten nach Schätzungen der Experten um etwa 10 % steigen, um bei den Treibhausgas-Emissionen bereits 2045 im grünen Bereich zu liegen.

„Klimaneutralität ist ein Rennen gegen die Zeit“, sagte Stiftungsdirektor Rainer Baake bei der Präsentation des neuen Papiers. „Ein klimaneutrales Deutschland schon 2045 würde gegenüber dem Zieljahr 2050 der Atmosphäre knapp eine Milliarde Tonnen CO2 ersparen.“ Und es gehe dabei nicht nur um den Umweltschutz. „Klimaschutz ist derzeit dabei, sich zu einem Motor für Investitionen und Beschäftigung zu entwickeln“, betonte Baake. Nur diejenigen Volkswirtschaften, die sich mit Technologien an der Spitze der Entwicklung bewegen, „werden sich auf den Märkten von morgen behaupten können“. Deutschland verortet er derzeit eher im „Geleitzug“.

Minderungsziel von 65 % als Meilenstein

Um bis 2045 ans Ziel zu gelangen, müssen nach Ansicht der Experten „als Meilenstein“ die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um 65 % verringert werden. Sie fordern, den Kohleausstieg vorzuziehen und die erneuerbaren Energien stärker auszubauen. Was Windenergie betrifft, sollten nach ihren Vorstellungen bis 2030 jährlich 7.000 MW (onshore: 5.000 MW, offshore: 2.000 MW) hinzukommen, in der Zeit von 2030 bis 2045 im Schnitt 10.000 MW (onshore: 7.000 MW; offshore: 3.000 MW). Bei der Photovoltaik sollte der jährliche Bruttozubau bis 2030 rund 10.000 MW ausmachen, danach 19.000 MW.

Luft nach oben sehen die Fachleute auch beim Ausbau der Wasserstofftechnologie. Bis Ende des Jahrzehnts halten sie einen jährlichen Zubau von Elektrolyseuren mit 1.000 MW Gesamtleistung möglich. Von 2030 bis 2045 sollten durchschnittlich 2.700 MW jedes Jahr neu installiert werden. Gleichwohl bleibt Deutschland Importland: „Importe von Wasserstoff und weiteren synthetisch erzeugten Energieträgern stellen 2045 in etwa 12 Prozent“, heißt es.

Sechs Millionen neue Wärmepumpen

Darüber hinaus sprechen sich die Experten dafür aus, die Gebäudesanierungsrate zu erhöhen. Für die Zeitspanne 2018 bis 2030 legt die Studie ein mittlere jährliche Sanierungsrate von 1,4 % nahe, in den folgenden zehn Jahre 1,75 %. Bis 2030 sollten gut 6 Mio. weitere Wärmepumpen in Gebäuden installiert werden, bis 2045 jährlich 900.000 weitere. 

Eine weitere Voraussetzung, um Klimaneutralität schon 2045 zu erreichen, ist laut Modellrechnungen ein deutlicher Anstieg der Zulassungszahlen von E-Pkw. „Mehr Tempo auf dem Weg zur Klimaneutralität bedeutet in diesem Szenario für den Verkehr vor allem mehr Tempo bei der Antriebswende. E-Pkw sowie Lkw mit batterieelektrischem, Oberleitungs- oder Brennstoffzellenantrieb müssten noch schneller auf den Markt kommen, um Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren bereits bis 2045 nahezu vollständig zu ersetzen, sagte Christian Hochfeld, Direktor von Agora Verkehrswende.

Für die Zeit bis 2030 setzen die Experten mehr als 1 Mio. Pkw-Neuzulassungen pro Jahr an, nach 2030 müsste die Zahl mehr bei 2,4 Mio. liegen. Auch die Umstellung der Nutzfahrzeugflotte auf E- oder Wasserstoff-Antrieb müsste deutlich schneller erfolgen, als in bisherigen Szenarien skizziert.

Investitionen vorziehen

Soll die Klimaneutralität bis 2045 Realität werden, gilt es bis dahin, mehr Geld in die Hand zu nehmen. „Wenn man das ganze um fünf Jahre beschleunigt, dann heißt das natürlich, dass wir Teile dieser Investitionen vorziehen“, sagte Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. Der größte Teil betreffe den Gebäudesektor. Die Investitionen für die energetische Sanierung würden nach seinen Schätzungen von 2030 bis 2045 jährlich bei rund 80 Mrd. liegen – das wären etwa 10 % mehr als im Fall der Klimaneutralität 2050.

„In den nächsten drei, vier, fünf Jahren geht es um Klimaschutzbeschleunigung. Und dann ab 2025 geht es darum, dieses höhere Tempo zu halten“, betonte Graichen bei der Präsentation in Berlin. Die aktuelle Klimaschutzpolitik beschrieb er als „ICE der im Tempo einer Regionalbahn unterwegs ist“. In den nächsten Jahren gehe es darum, „die langsamen Fahrstellen und Hindernisse aus dem Weg zu räumen“. Als großes Hindernis sieht der die „Beamtenmentalität“. „Wir brauchen: Investitionen first, Bedenken second.“

Eine Zusammenfassung der Studie mit dem Titel "Klimaneutrales Deutschland 2045 " steht im Internet als Download bereit.
 

Manfred Fischer
© 2024 Energie & Management GmbH
Montag, 26.04.2021, 15:51 Uhr

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