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Enerige & Management > Bayern - Kritischer Blick auf bayerische Energiebilanz
Bild: Fotolia, saschi79
BAYERN:
Kritischer Blick auf bayerische Energiebilanz
Obwohl Bayern seinen Energiebedarf zunehmend nicht aus eigener Kraft stemmen kann, will die bayerische Staatsregierung den Freistaat bei Wasserstoff und Co. "an der Weltspitze" sehen.
 
Der Chancen des technologischen Wandels für Arbeitsplätze und Wertschöpfung in Bayern sind sich Wirtschaftsminister Huber Aiwanger (Freie Wähler) und Umweltminister Thorsten Glauber (Frei Wähler) sehr wohl bewusst. In einer Mitteilung der Bayerischen Staatsregierung unterstreichen die Politiker, das "Hightech-Land Bayern" müsse hier an der Weltspitze sein, von Wasserstoff bis Klimatechnologie. 

Verschiedene Maßnahmen, wie etwa eigene bayerische Förderprogramme, sollen sicherstellen, dass Unternehmen und Bürger die klimapolitische Neuausrichtung "erfolgreich bewältigen und vor Ort davon profitieren können". Die Förderung zum Bau von Wasserstofftankstellen oder zum Umstieg von herkömmlichem Flugbenzin auf grüne Kraftstoffe nennt das Ministerium als Beispiele. "Wasserstoff soll neben den erneuerbaren Energien zukünftig auch eine zentrale Rolle als Kraftstoff für die Industrie spielen", heißt es aus der Landeshauptstadt.

Konzentration auf Solar in Bayern

Jedoch muss sich Bayern von anderer Seite der Kritik stellen, nicht vehementer beim Ausbau der Erneuerbaren vorzugehen und insbesondere auf die Photovoltaik (PV) zu setzen. Während sie bis 2035 die derzeitige installierte PV-Leistung (12.500 MW) verdoppeln will, visiert sie bei Wind nur einen leichten Ausbau an: von aktuellen 2.500 MW auf 2.900 MW bis 2035. 

Florian von Brunn (SPD) appelliert für einen Ausbau der Erneuerbaren auf breiter Front: "Wir brauchen in Bayern jetzt den kraftvollen Ausbau von Windkraft, Sonnenenergie, Erdwärme und Energiespeichern". Ohne den Energiemix versage der Freistatt beim Klimaschutz und "es explodieren die Strompreise für Verbraucher und Industrie", so von Brunn. Dies würde nicht nur Arbeitsplätze kosten, sondern auch die Lebenshaltungskosten nach oben treiben. 

Hinzu kommt, dass Bayern seinen Energiebedarf immer weniger durch Eigenproduktion decken kann. Der Freistaat musste nach Angaben des Wirtschaftsministeriums bereits in den Jahren 2018 und 2019 im großen Umfang Strom importieren: 12,8 Mrd. kWh in 2018 und10,8 Mrd. kWh in 2019. Dies entspricht in beiden Jahren etwa 12,5 bis 15 % des Gesamtverbrauchs, der je bei 85 Mrd. kWh beziehungsweise bei 86 Mrd. kWh lag. 

Atommeiler fallen weg, Energiebedarf steigt

Die bayerische Energiebilanz erfährt eine zusätzliche Verschärfung durch zweierlei: zum einen durch die Abschaltung der Atommeiler Gundremmingen im schwäbischen Landkreis Günzburg und Isar 2 im niederbayerischen Landkreis Landshut. In Summe fehlen damit ab Anfang 2023 weitere rund 22 Mrd. kWh Strom, um den bayerischen Energieverbrauch zu decken.

Zum anderen steigt der Energiebedarf trotz vieler Einsparanstrengungen stetig an. Immer mehr Elektroautos, E-Bikes und E-Scooter wollen an der Steckdose geladen werden. Prognosen wie die des Ökoinstituts in Freiburg schätzen die Stromnachfrage in Bayern für 2035 auf zwischen 98 Mrd. und 112 Mrd. kWh. Wie Ludwig Hartmann, Chef der Grünen im bayerischen Landtag, anführt, reiche es nicht aus, auf weitere Gaskraftwerke zu setzen. Diese würden dem ambitionierten Ziel der bayerischen Klimaneutralität bis 2040 durch einen höheren Ausstoß des klimaschädlichen CO2 zuwider laufen. Hartmann betont die unterschiedlichen Qualitäten, die Wind und Sonne für die Stromerzeugung mit sich bringen: "Der Wind gibt den nötigen Schwung im Winter, über die Sonne tanken wir Energie im Sommer − so halten wir die Stromproduktion übers Jahr stabil hoch", so der Politiker. 

Hartmann plädiert, die Energieabhängigkeit Bayerns im Blick zu behalten. Der Importanteil solle in jedem Fall nicht mehr als 20 % des Gesamtverbrauchs betragen. "Wenn wir in Bayern unseren eigenen Strom produzieren, behalten wir Wertschöpfung und Arbeitsplätze hier und unsere Unternehmen profitieren".
 

dpa, Davina Spohn
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Montag, 07.06.2021, 12:47 Uhr

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