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REGENERATIVE:
Österreich: Bund und Länder bei Ausbauzielen weit auseinander
Handeln müssen laut dem Bundesverband Erneuerbare Energie Österreich vor allem die Bundesländer. Sie sollten zum Mitwirken am Erreichen der Ziele des Bundes verpflichtet werden.
 
Die Pläne der österreichischen Bundesländer zum Ökostromausbau decken sich nicht mit dem bundesweiten Ziel einer Steigerung der Produktion um 27 Mrd. kWh pro Jahr bis 2030. Stattdessen sehen sie lediglich eine Erhöhung um rund 10 Mrd. kWh vor. Somit ergibt sich eine Fehlmenge von etwa 16 bis 17 Mrd. kWh.

Das zeigt eine Schätzung der Österreichischen Energieagentur im Auftrag des Bundesverbandes Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ), die am 8. April präsentiert wurde. Bei der Wasserkraft klafft dieser Schätzung zufolge eine Lücke zwischen dem Bundesziel und den kumulierten Landeszielen von etwa 2,2 Mrd. kWh pro Jahr, bei der Windkraft sind es 5,2 Mrd. kWh, bei der Photovoltaik sogar 8,2 Mrd. kWh.

Keinerlei Vorstellungen haben die Bundesländer laut der Studie hinsichtlich der Erhöhung der Stromproduktion mittels Biomasse und Biogas um 1 Mrd. kWh pro Jahr, wie sie der Bund plant.

Wenig überraschend verortet die Agentur die Möglichkeiten für den Ausbau der Wasserkraft im Wesentlichen in Tirol und Salzburg, wo schon derzeit die meisten Pumpspeicher Österreichs angesiedelt sind.

Die Windkraft sollte der Agentur zufolge vor allem in Niederösterreich und im Burgenland weiter ausgebaut werden, wo sich bereits bislang die bedeutendsten Standorte fanden.

Für die PV hält die Energieagentur insbesondere großflächige und bevölkerungsreiche Bundesländer wie Nieder- und Oberösterreich sowie die Steiermark als geeignet, was sich gleichfalls mit den bisherigen Erfahrungen deckt. 
 
Zwar ist die Tragfähigkeit der Zahlen der Energieagentur keineswegs unumstritten. Den Studienautoren selbst zufolge handelt es sich um eine „Momentaufnahme“. Mit Änderungen sei laufend zu rechnen, umso mehr, da manche Bundesländer ihre Klima- und Energiestrategien derzeit überarbeiten.

Dies bestätigte sich bereits am 24. März beim österreichischen PV-Kongress, wo ein Vertreter der Energieagentur seine auch in der nun vorliegenden Studie enthaltenen Schätzungen hinsichtlich der Solarstrompotenziale der Länder präsentierte. Seitens des Landes Salzburg wurden diese Zahlen als „veraltet“ bezeichnet. Ein Repräsentant der Tiroler Landesregierung verwies auf eine noch nicht veröffentlichte Potenzialabschätzung im Auftrag des Landes, die seinen Angaben zufolge ebenfalls deutlich von jener der Energieagentur abweicht.
 
„Enge Zusammenarbeit“ nötig
 
Ungeachtet dessen besteht laut EEÖ-Geschäftsführerin Martina Prechtl-Grundnig dringender Handlungsbedarf: „Notwendig ist jetzt eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern. Wir dürfen keine Zeit verlieren.“ Laut der österreichischen Bundesverfassung sind die Kompetenzen in wichtigen energierechtlichen Fragen zwischen den Gebietskörperschaften geteilt. Nicht zuletzt betrifft dies das Elektrizitätswesen und damit den Ökostromausbau.

Prechtl-Grundnig zufolge wäre es notwendig, die Länder rechtlich zu verpflichten, am Erreichen der nationalen wie auch internationalen klima- und energiepolitischen Ziele Österreichs mitzuwirken. Möglich wäre dies beispielsweise durch eine entsprechende Vereinbarung gemäß dem Artikel 15a der Bundesverfassung („15a-Vereinbarung“) oder auch durch einschlägige Vorgaben im kommenden Klimaschutzgesetz.

Das in parlamentarischer Behandlung befindliche Paket um das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG-Paket) legt zwar die Grundsätze der Ökostromförderung sowie das bundesweite Ausbauziel fest. Doch ohne die Mitwirkung der Bundesländer, etwa durch eine entsprechende Ausgestaltung ihrer Raumordnungsgesetze, ist dieses nicht zu erreichen.
 
Die Geschäftsführerin des Bundesverbands PV Austria, Vera Immitzer, haderte in diesem Zusammenhang mit der Vorgangsweise des Landes Niederösterreich. Zurzeit erarbeitet die Landesverwaltung neue Pläne hinsichtlich der Zonen, in denen Freiflächen-PV-Anlagen errichtet werden dürfen. Die Ergebnisse sollen indessen erst in zwei Jahren vorliegen. „So lange können auf Freiflächen nur Anlagen mit weniger als zwei Hektar installiert werden. Faktisch ist das ein kompletter Stopp“, klagte Immitzer.

Laut Stefan Moidl, dem Geschäftsführer der Interessengemeinschaft Windkraft, wiederum haben Bundesländer wie Tirol und Vorarlberg hinsichtlich der Windkraft noch keine Eignungszonen ausgewiesen. Dies müsse schleunigst geändert werden. Zu beschleunigen sind Moidl zufolge die Genehmigungsverfahren für neue Windparks, die mittlerweile mehrere Jahre dauern können. Dass dies mit der steigenden Größe der Anlagen zusammenhängen könnte, stellte Moidl auf Anfrage der Redaktion in Abrede.
 
„Himmelschreiende“ Zustände
 
Verbesserungsbedarf besteht auch hinsichtlich der verwaltungsinternen Abläufe, ergänzte der Geschäftsführer des Verbands Kleinwasserkraft Österreich, Paul Ablinger. Noch immer könnten Genehmigungsverfahren nicht vollständig in digitaler Form abgewickelt werden: „Es ist himmelschreiend, was deshalb durch kleinste Änderungen an den Plänen an Zeit verloren geht.“
 
Die Studie mit dem Titel „Energie und Treibhausgase - Analyse der Entwicklungen auf Ebene der Bundesländer“ steht unter www.erneuerbare-energie.at/downloads  zum Download bereit.
 
 

Klaus Fischer
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Donnerstag, 08.04.2021, 14:48 Uhr

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