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Enerige & Management > Stadtwerke - Panne: Stadtwerke Fellbach müssen Millionen-Schuld begleichen
Bild: Jonas Rosenberger / E&M
STADTWERKE:
Panne: Stadtwerke Fellbach müssen Millionen-Schuld begleichen
Tausende Fellbacher Haushalte erwarten eine Rückzahlung der Stadtwerke. Weil das Freizeitbad jahrelang zu wenig für Wasser abführen musste, bezahlte die Allgemeinheit Millionen zu viel.
 
Menschen aus Schwaben gelten gemeinhin als sparsam. Eine millionenschwere Panne könnte an diesem Stereotyp nun etwas ändern. Die Stadtwerke Fellbach an der Stadtgrenze zu Stuttgart haben sich großzügig gezeigt und dem hauseigenen Fellbacher Familien- und Freizeitbad („F.3“) jahrelang zu wenig Wassergebühren in Rechnung gestellt.

Ein unfreiwilliger Abrechnungsfehler hat dazu geführt, dass das „F.3“-Bad 630.000 Kubikmeter Wasser gratis erhielt und insgesamt nur ein Zehntel der verbrauchten Menge bezahlen musste. Ersparnis: über 2,2 Mio. Euro an Frisch- und Schmutzwasser.

Nun schwimmen kommunale Bäder für gewöhnlich nicht im Geld. Und auch diese Entlastung ist lediglich ein Schlag ins Wasser, denn sie ging auf Kosten anderer: der Fellbacher Haushalte und Geschäftswelt. Auf sie wurde der tatsächliche Wasserverbrauch in der 46.000 Menschen zählenden Stadt umgerechnet - natürlich zu ihren Ungunsten.

Oberbürgermeisterin verspricht Rückzahlung der zu viel erhobenen Beträge

Laut Einschätzung der Stadtverwaltung Fellbach, die mit Oberbürgermeisterin Gabriele Zull (parteilos) die Aufsichtsratsvorsitzende der Stadtwerke stellt, habe ein Durchschnittshaushalt im besagten Zeitraum mehr als 140 Euro zu viel an die Stadtwerke gezahlt, etwa 24 Euro pro Jahr. Das ergibt – je nach Rechnung – eine abzutragende Schuld von um die 2 Mio. Euro. „Die aufgrund der Fehlkalkulation beim Wasser und Schmutzwasser rechnerisch zu viel abgerechneten Beträge müssen an die Betroffenen zurückerstattet werden“, so die Oberbürgermeisterin, die von Freien Wählern und CDU unterstützt wird.

Wie die Bürgerinnen und Bürger sowie die Betriebe an ihr Geld kommen, darüber berät die Stadt mit der Landeskartellbehörde für Energie und Wasser sowie in der kommenden Sitzung des Gemeinderats am 23. März. Stadtwerke-Geschäftsführer Gerhard Ammon hat derweil ganz Fellbach um Entschuldigung gebeten und versichert, „dass so etwas nie wieder passiert“. Mit „so etwas“ ist übrigens auch der Einsatz eines alten Wasserzählers gemeint, der beim Start des Freizeitbades 2013 eingebaut wurde.

Abrechnungsfehler wegen Verbundzähler - Stadtwerke-Chef sieht "keinen Vorsatz"

Der Grund allen Übels liegt allerdings nicht in dem Verbundzähler, der im Oktober 2019 ausgedient hatte. Er erfasst bauartbedingt und bekannterweise nur ein Zehntel der einströmenden Wassermenge. Aufgabe der Stadtwerke ist es, den auch auf dem Zähler vermerkten Multiplikationsfaktor zehn in der Abrechnungsdatenbank zu vermerken und so für eine korrekte Rechnung zu sorgen. Das geschah allerdings nicht.

Die Fehlerkette wurde länger und länger. Sie endete erst Ende Oktober 2020, als die Stadtwerke den Fehler entdeckten. Eher zufällig: Der neu eingebaute Wasserzähler hatte nach einem Jahr einen enorm höheren Wasserverbrauch registriert – trotz der Beschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie. Dass das nicht sein konnte, fiel dann doch auf.

In den Jahren zuvor hatten die Stadtwerke es zum Beispiel versäumt, die abgenommenen Wassermengen mit den Verbrauchsprognosen abzugleichen oder den Vergleich zwischen Vorgängerbad und F.3 zu ziehen. Böse Absicht oder Betrug wittert in Fellbach aktuell niemand. „Wir haben keinen Hinweis für einen vorsätzlichen Fehler, aber die Aneinanderreihung der Umstände, die zu dem Fehler geführt haben, hätte es nicht geben dürfen“, sagt Geschäftsführer Gerhard Ammon.

Und so bedeutet das Zuschussgeschäft Freizeitbad mittlerweile keine größere Gefahr als sonst für die Geldbeutel der Allgemeinheit. Es sorgt aber auch nicht für Freude. Coronabedingt hat das F.3 weiterhin geschlossen.
 

Volker Stephan
© 2024 Energie & Management GmbH
Donnerstag, 18.03.2021, 13:06 Uhr

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