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Enerige & Management > IT - Teambildung statt Teamviewer
Bild: Fotolia.com, Dreaming Andy
IT:
Teambildung statt Teamviewer
Wie digital wird die Arbeitswelt nach Corona sein? Um diese Frage kreiste eine Diskussionsrunde beim digitalen "Führungstreffen Energie". 
 
Geschlossene Kundenzentren, Homeoffice, Videokonferenzen – die Corona-Pandemie hat den operativen Alltag umgewälzt. Digitale Kommunikation ist in kurzer Zeit zur vorherrschenden Form des Informationsaustausches in der Arbeitswelt geworden. Doch was bleibt davon? Und was hat diese Entwicklung darüber hinaus angestoßen? Darüber diskutierten Experten beim „Führungstreffen Energie“.

Eingeladen hatten die Veranstalter zu der – online stattfindenden – Gesprächsrunde die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie und Wasserwirtschaft (BDEW), Kerstin Andreae, den Geschäftsführer der Stadtwerke Rhede, Ronald Heinze, den Leiter des Personalmanagements der Stadtwerke Menden, Bernd Reichelt, und Christopher Meinecke vom Branchenverband Bitkom. Aus ihrer Sicht wird Corona bei der Digitalisierung in drei Themenfelder nachwirken: Kommunikation, IT-Sicherheit und öffentliche Verwaltung.

Das Miteinander wieder lernen

Hätte man Heinze am Anfang der Pandemie gefragt, ob sie einen Schub für die Digitalisierung bedeutet, wäre seine Antwort ein „klares Ja“ gewesen. „Ich habe mir damals Teamviewer-Aktien gekauft – und mich sehr darüber gefreut“, sagte er mit einem Schmunzeln. Die Umstellung auf Homeoffice habe dem Unternehmen keine technischen Probleme bereitet. „Wir sind ja nicht aus der Steinzeit gekommen“, betonte der Stadtwerke-Chef.

Den Knackpunkt sieht er woanders. Entscheidende Ressource sei das Miteinander der Menschen. "Wenn Corona vorbei ist, werden wird erstmal nicht Teamviewer machen, sondern Teambildung. Wir müssen wieder lernen, uns in die Augen zu schauen und zu sagen: Ich habe Vertrauen zu dir", sagte Heinze. Ob Beziehungen zu Kunden oder Dienstleister – die Stadtwerke würden bereits vieles digital abwickeln und dies in Zukunft noch verstärken, aber das Problem sei eher, wieder zurückzufinden zum unmittelbaren Austausch.

Ähnlich schätzt das Reichelt ein. Menschen, die in den vergangenen 15 Monaten am Arbeitsplatz kaum mehr zusammengekommen sind, müssen das Miteinander wieder „ein Stück weit lernen“, meinte er. Er habe den Eindruck, dass sich die Kollegen darauf freuen, wieder zusammenzurücken.

Der Weg ins Homeoffice und das mobile Arbeiten seien in vielen Fällen eine Herausforderung gewesen, sagte Kerstin Andreae. Arbeitgeber und Mitarbeiter hätten daraus gelernt. „Wir haben in vielen Unternehmen beobachtet, dass sie sich für die Post-Corona-Zeit neue Betriebsvereinbarungen zum mobilen Arbeiten gegeben haben“, berichtete die BDEW-Hauptgeschäftsführerin. Wichtig sei, dass man das mobile Arbeiten nicht „ausreizt“. Dass Unternehmen andere Branchen Mitarbeiter dauerhaft von zu Hause aus arbeiten lassen, um Bürofläche zu sparen, hält Andreae für eine „hochgefährliche“ Entwicklung.

Schub für den digitalen Vertrieb

Auch aufseiten der Kunden hat sich die digitale Transformation beschleunigt. „Die letzten 13, 14 Monate waren ein Schub im Vertrieb und Handel − nicht nur bei internen Prozessen“, sagte Bitkom-Experte Meinecke. Studien hätte in der Vergangenheit immer gezeigt, dass sich etwa ein Viertel der Bevölkerung „digital abgehängt“ fühle. Das spiegle sich auch im Vertrieb wider. Im vergangenen Jahr sei jeder ein "bisschen zu seinem Glück gezwungen worden", beschrieb Meinecke.

Stadtwerke-Chef Heinze sieht Grenzen für den digitalen Vertrieb. „Wir haben eine Verantwortung in der Daseinsvorsorge für alle. Wir sind nicht nur da für die Jungen und Hippen“, betonte er. Die persönliche Arbeit sei auch ein Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb.

Sensibilisierung für IT-Sicherheit

Die Pandemie hat mit der Digitalisierung die Frage der IT-Sicherheit in der Energiewirtschaft stärker in den Fokus gebracht, wie Andreae schilderte. „Wir konnten in den vergangenen Monaten keine Fälle beobachten, die Anlass zur Sorge geben.“ Gleichwohl sei erkennbar, dass „wir empfindlicher werden“. Die Energiewelt werde zusehends dezentraler, es gebe immer mehr Akteure auf dem Markt. Die Zahl potenzieller Schwachstelle steigt.

Glück im Unglück hatten im vergangenen Jahr die Stadtwerke Rhede. Während der ersten Corona-Welle gelangte über ein Software-Update eines IT-Dienstleisters ein Schadprogramm ins Computersystem. Das Programm versuchte alle gespeicherten Daten zu verschlüsseln. Die Hacker wollten Geld von den Stadtwerken erpressen.

Womit sie allerdings nicht gerechnet hatten: „Der Computervirus ist bei der Verschlüsselung an den Rand des Speichers gekommen. Unsere IT war nicht groß genug“, erzählte Heinze. Die Stadtwerke waren über „ISMS-Zertfizierungen und ähnlich wunderbaren Werkzeugen“ abgesichert. Die Schwachstelle war offenbar bei einem Mitarbeiter des IT-Dienstleisters, der ins Homeoffice geschickt wurde. Noch einmal will der Chef so etwas nicht erleben: „Wir sind hellwach bei dem Thema.“

„Initialzündung für die öffentliche Verwaltung“

Der BDEW hofft, dass der coronabedingte Schub für die Digitalisierung nicht zuletzt Prozesse in der öffentlichen Verwaltung beschleunigt. „Wir sind schlicht zu langsam, was Planungen und Genehmigungen angeht. Und zwar so ziemlich auf allen Feldern, die wir aus der Energiebranche beobachten“, sagte Kerstin Andreae.

„Ich glaube der Bedarf, dort anzusetzen, ist dermaßen offensichtlich gewesen und ist es immer noch, dass wir da jetzt ein Initialzündung haben auf allen Ebenen“, sagte Meinecke. Der Bitkom-Vertreter wies darauf hin, dass es häufig nicht an finanziellen Mitteln mangelt. Vielmehr hapere es bisher vor allem an der Umsetzung. „Im Endeffekt sind es die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den verschiedenen Verwaltungsebenen, die die Möglichkeit haben, das Ganze zu verändern.“
 

Manfred Fischer
© 2024 Energie & Management GmbH
Dienstag, 04.05.2021, 14:08 Uhr

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