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Enerige & Management > Windkraft Offshore - Viele Aufgaben auf See noch zu lösen
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WINDKRAFT OFFSHORE:
Viele Aufgaben auf See noch zu lösen
Das neue Ausbauziel der Bundesregierung, die Windkraftleistung bis zum Jahr 2040 auf 40.000 MW auszubauen, wird alles andere als ein Selbstläufer sein.
 
Das Ziel ist der Weg. Für die heimische Offshore-Windindustrie ist das zu wenig. Keine Frage, die Seewind-Protagonisten haben sich im vergangenen Spätherbst über die Anhebung des nationalen Ausbauziels auf 40.000 MW bis zum Jahr 2040 gefreut. Seitdem steht die Frage im Raum, wie diese neue Zielmarke zu schaffen ist.

„Ich höre immer nur von Herausforderungen und Schwierigkeiten, viel zu wenig aber von den damit verbundenen Möglichkeiten“, klagte Marc Becker, verantwortlich beim Windturbinenhersteller Siemens Gamesa für das Offshore-Windgeschäft, auf der jüngsten, gemeinsam vom Branchennetzwerk Erneuerbare Energien Hamburg Cluster und dem Beratungsunternehmen DNV digital organisierten Fachkonferenz.

Auch Sven Utermöhlen, bei RWE Renewables einer der Köpfe für das Offshore-Windgeschäft, legte den Finger in die gleiche Wunde: „Das neue Ausbauziel ist richtig und gut, allerdings müssen die bislang vorliegenden Rahmenbedingungen verbessert werden.“
 
Allein in den Jahren 2030 bis 2040 soll in Offshore-Windkraftleistung in den deutschen Hoheitsgewässern von 20.000 auf 40.000 MW verdoppelt werden
Bild: Trianel

Dass die Einführung von Differenzverträgen (auch bekannt als Contracts for Difference - CFD) ganz oben auf der Wunschliste der deutschen Offshore-Wind-Betreiber für die weitere Förderung von Meerwindkraftwerken steht, ist bekannt. „Offshore-Wind ist ein weltweit wachsendes Geschäft. Bei dieser Auswahl werden sich die Investoren für die Standorte entscheiden, die für sie wirtschaftlich am attraktivsten sind“, so Utermöhlen.

Zuschlag per Los ist "Kindergarten-Niveau"

Nicht nur, dass sich die schwarz-rote Regierungskoalition bei der zurückliegenden Novelle des Windenergie-auf-See-Gesetzes gegen ein CFD-Modell entschieden hatte, ist für Christoph Mertens noch heute unverständlich. Er managt die Offshore-Wind-Aktivitäten für die Summit Renewable Power, einem Tochterunternehmen der japanischen Sumitomo Corporation: „Dass bei den Ausschreibungen künftig bei mehreren vorliegenden Null-Cent-Geboten der Zuschlag per Los erteilt werden soll, hat für mich Kindergarten-Niveau.“

Nicht nur die unbefriedigende Fördersituation bereitet der Offshore-Windindustrie Kopfzerbrechen, sondern auch die Frage, ob es künftig genügend Standorte für neue Offshore-Windparks in den deutschen Nord- und Ostseegewässern gibt. Denn vor den Deichen konkurrieren die Fischerei, die Schifffahrt, der Naturschutz oder mitunter auch das Bundesverteidigungsministerium um Flächen und Nutzungsmöglichkeiten.

„Was jetzt bis 2040 mit den 40.000 Megawatt als Ausbauziel ins Auge gefasst wird, ist aus unserer Sicht machbar“, hatte Karin Kammann-Klippstein, die Präsidentin des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), Anfang des Jahres betont. Diese Aussage bekräftigte der beim BSH zuständige Abteilungsleiter „Ordnung der Meere“, Nico Nolte, auf der Fachkonferenz: „Die 40.000 Megawatt bis 2040 halte ich für machbar, da bin ich optimistisch.“

Die spannende Frage ist, ob und was danach kommt. Dass die deutsche Offshore-Windbranche „mehr“ will, ist keine Frage. Seit Monaten trommelt sie beispielsweise, dass auf See auch zusätzliche Flächen rein für die Wasserstoffherstellung in Offshore-Windparks ausgewiesen werden. Und die im vergangenen Spätherbst vorgestellte Studie „Klimaneutrales Deutschland“ hält eine installierte Leistung von 70.000 MW bis 2050 für die angestrebte Dekarbonisierung für unverzichtbar. Kommentar von BSH-Mann Nolte dazu: „Ich wundere mich immer wieder, woher all der Platz für die vielen Megawatt kommen soll, die derzeit in den zahlreichen Branchenreports und -prognosen zu lesen sind.“

An höheres Ausbautempo gewöhnen

Bei der sich abzeichnenden „Nutzungskonkurrenz“ zeigte sich Nolte auch skeptisch gegenüber Forderungen, dass es für reine H2-Offshore-Windparks demnächst zusätzliche Flächen in der Größenordnung von 3.000 MW geben soll.
Der BSH-Mann weiß, dass das Wasserstoff-Thema auf See ihn bis zur Rente „verfolgen“ wird.

Schwerpunktmäßig dürften die Aktivitäten seiner Abteilung darauf ausgerichtet sein, dass von der Bundesregierung auf 20.000 MW Leistung (Stand heute: rund 7.770 MW) erhöhte Ausbauziel bis 2030 zu ermöglichen. Dass dabei das Gros dieses Zubaus angesichts der langen Vorlaufzeiten für die Kraftwerksprojekte auf See auf die Jahre 2029 und 2030 entfällt, ist hinlänglich bekannt – und verlangt dem BSH, den Projektentwicklern, den Übertragungsnetzbetreiber sowie der Offshore-Windindustrie und ihren Zulieferern einiges ab.

An dieses Ausbautempo werden sich alle Beteiligten gewöhnen müssen. Um die beschlossene Verdoppelung der Offshore-Windkraftleistung von 2030 bis 2040 auf 40.000 MW zu schaffen, ist rechnerisch jedes Jahr der Zubau von 2.000 MW notwendig – plus, nicht zu vergessen, der Inbetriebnahme von mehreren großen Konverter-Plattformen. Das Ziel hat die Bundesregierung vorgegeben, was noch fehlt, sind die vielen Wege dahin.
 

Ralf Köpke
© 2024 Energie & Management GmbH
Donnerstag, 08.04.2021, 14:01 Uhr

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