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Enerige & Management > Gas - Schnelle Hilfe im Gas-Notfall aus 700 Kilometern Entfernung
Bild: Fotolia.com, WoGi
GAS:
Schnelle Hilfe im Gas-Notfall aus 700 Kilometern Entfernung
Fällt die Energieversorgung aus, ist schnelle Hilfe nötig. Die kann auch aus 700 Kilometern Entfernung kommen, wie eine Kooperation der Stadtwerke Schwäbisch Hall und Eutin zeigt.
 
In Holstein bricht die Gasversorgung für mehr als 5.000 Wohngebäude und Unternehmen zusammen. Das ist ein klarer Fall für erste Hilfe aus Baden-Württemberg. Was angesichts einer Entfernung von über 700 Straßenkilometern komisch anmutet, ist gelebte Normalität zwischen den Stadtwerken Eutin und Schwäbisch Hall. Der Versorger aus dem Südwesten Deutschlands fungiert seit acht Jahren als Störungsstelle für die Kollegen im Norden.

Als es in der Nacht zu Samstag, 20. Februar, zu einem der größten Blackouts in der Gasversorgung Schleswig-Holsteins kommt, klingeln um 3 Uhr in der Früh zum ersten Mal in Schwäbisch Hall die Telefone. Bis Montagmorgen wird die Verbundleitwarte in Schwaben offene Ohren für insgesamt 15.000 Anrufe von Betroffenen haben. „Die Entfernung spielt dabei überhaupt keine Rolle“, sagt Peter Breuning, Abteilungsleiter Leittechnik Service der Stadtwerke Schwäbisch Hall, auf Anfrage unserer Redaktion. Auf eingespielte Prozesse komme es an.

Telefonischer Service jenseits von Automaten und Warteschleifen

Zu dem Gas-Ausfall hatte ein Defekt an der Hochdruckleitung eines vorgelagerten Netzbetreibers geführt. In einem solchen Störfall werden den Vorschriften entsprechend alle Ventile im Gasnetz geschlossen – mit Folgen für den Telefonservice der schwäbischen Leitwarte. Denn hier ist die Arbeit etwas völlig anderes als in herkömmlichen Call-Centern, die Störungen entgegennehmen, Abhilfe versprechen und dabei womöglich mit Warteschleifen und Automatenstimmen vom Band agieren.

„Wir mussten jedes Mal haarklein erklären, worauf die Menschen zu achten und wie sie sich zu verhalten haben“, sagt Breuning. Denn vor dem Wiederherstellen der Gasversorgung müssen Leitungen in allen angeschlossenen Haushalten sachgemäß entlüftet sein, damit kein explosives Gemisch entsteht. Auch dass die Beschäftigten der Stadtwerke Eutin Zugang zu den Gebäuden und Hauptabsperrventilen erhalten, muss mit den Haushalten besprochen werden.

Immer mehr Energiekonzerne setzen auf die Verbundleitwarte

Als die Kunde von der Größe des Blackouts die Runde macht, stockt Schwäbisch Hall das Personal in der Störstelle auf sechs Mitarbeiter auf und fährt ein Drei-Schichten-System. Aus Eutin kommt Lob dafür, dass die Kolleginnen und Kollegen aus dem Südwesten „umgehend reagiert und personell hochgefahren“ haben, wie Christian Kulessa, technischer Leiter der Stadtwerke Eutin, sagt. Doch der Gas-Ausfall beschäftigt auch Fachkräfte in der direkten Umgebung. Unbürokratisch helfen Stadtwerke aus der Eutiner Nachbarschaft neben Feuerwehr, Polizei, THW und Installationsbetrieben.

Auch wenn es den Fachleuten gelang, das Gasnetz schon am Mittag des 20. Februar sukzessive hochzufahren, war damit erst der Anfang vom Ende getan. In der Verbundleitwarte Schwäbisch Hall liefen weiterhin Anrufe von Bürgerinnen und Bürgern aus Eutin ein, die noch mit grundsätzlichen Informationen zum Geschehen zu versorgen waren. Denn nicht in allen betroffenen Haushalten trafen die Einsatzkräfte der Eutiner Behörden und Einrichtungen persönlich jemanden an. In diesen Fällen hinterließen sie die Bitte, telefonisch mit den Stadtwerken Kontakt aufzunehmen. Dadurch klingelte es über das Wochenende hinaus am anderen Ende der Republik. Bis zum 23. Februar waren schließlich auch die letzten Firmengebäude wieder an die Gasversorgung angeschlossen.

Für Breuning von den Stadtwerken Schwäbisch Hall ist ein solcher Not- ein Glücksfall. Voraussetzung natürlich, dass niemand zu Schaden kommt und die Kooperation reibungslos verläuft. Die Verbundleitwarte hat inzwischen von 22 Energieversorgungsunternehmen den Auftrag erhalten, im Störfall die Kommunikation zu übernehmen. „Tendenz steigend“, sagt der Abteilungsleiter, pro Monat komme im Schnitt eine Kooperation hinzu.

Mehr noch: Auch die Netzführung übernehmen die Schwaben, nicht nur für Eutin. Das Steuern der Gas-, Wasser-, Strom- und Wärmenetze erfahre in naher Zukunft den nächsten Technologiesprung, sagt Breuning. Mit Satellitentechnik wolle man sich unabhängig von VPN- und Internetverbindungen machen und damit bei einem kompletten Stromausfall gemeinsam mit den Netzbetreibern die Versorgung sicherstellen.
 

Volker Stephan
© 2024 Energie & Management GmbH
Dienstag, 09.03.2021, 14:41 Uhr

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