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Enerige & Management > Klimaschutz - Industrie sieht Akzeptanzprobleme
Bild: Fotolia/bluedesign
KLIMASCHUTZ:
Industrie sieht Akzeptanzprobleme
Deutschland setzt bei der Transformation der Energiewirtschaft auf internationalen Austausch und Zusammenarbeit. Die IEA in Paris könnte dabei eine wichtige Rolle spielen.
 
Die Internationale Energieagentur (IEA) hatte vor zwei Wochen einen „Fahrplan Klimaneutralität 2050“ vorgelegt. Er legt anhand von 400 Etappen dar, wie der Weg zu einer globalen, klimaneutralen Energiewirtschaft aussehen könnte (unser Bericht vom 18. Mai). Er zeige, dass dieses Ziel zwar anspruchsvoll, aber erreichbar sei, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Andreas Feicht auf einer Videokonferenz mit IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol.

„Der Bericht macht uns Mut“, sagte Feicht zum Auftakt der Konferenz, „zeigt aber auch, dass wir gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft unter Hochdruck daran arbeiten müssen, dieses Ziel umzusetzen.“ Deutschland sei mit der Novellierung des Klimaschutzgesetzes auf einem sehr guten Weg. Es müsse jetzt ausbuchstabiert werden, was eine Reduzierung der Treibhausgase bis 2030 um 65 % und Klimaneutralität bis 2045 für jeden einzelnen Wirtschaftszweig bedeute. Die IEA könne einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dies „mit fachlicher Expertise zu unterlegen“.

Sorgfältig und lange im Voraus planen

Die Industrie sei bereit, in die Energiewende zu investieren. Deutschland setze dabei auch auf eine gute Partnerschaft zwischen Staat und privater Wirtschaft. Als Beispiel verwies Feicht auf die deutsche Wasserstoffstrategie und ihre Einbindung in die Pläne der EU. Energie- und Innovationspartnerschaften müssten auch im Rahmen der Staatengruppen G-7 und G-20 vorangetrieben werden.

Der Leiter der Abteilung Energie- und Klimapolitik des BDI, Carsten Rolle, verwies auf die hohe Kapitalintensität und die langen Investitionszyklen in der Energiewirtschaft. Ein Umsteuern müsse deswegen sorgfältig und lange im Voraus geplant werden. Bei dem 1,5-Grad-Ziel handele es sich um eine rein normative Festlegung. Für dessen Umsetzung müssten auch angemessene politische Instrumente bereitgestellt werden.

Der „Fahrplan Klimaneutralität 2050“ der IEA wirft nach Ansicht des BDI eine Reihe von Fragen auf. Was etwa passiert, wenn Etappenziele nicht erreicht werden? Oder wie kann man reagieren, wenn auf dem Weg zu einer wind- und solarbasierten Stromerzeugung die Versorgungssicherheit nicht mehr zu jedem Zeitpunkt garantiert werden kann? Für die Unternehmen hält der Fahrplan keine konkreten Handlungsoptionen bereit.

Die IEA setze nur zu einem geringen Teil auf Änderungen des Verbraucherverhaltens, sagte Rolle weiter. Der größte Teil der Emissionssenkungen müsse durch Investitionen in neue Technologien erreicht werden. Diese Technologien müssten politisch durchgesetzt und akzeptiert, Genehmigungsverfahren beschleunigt werden.

Akzeptanzprobleme sieht der BDI vor allem bei der Empfehlung der IEA, die Zahl der Atomkraftwerke zu verdoppeln und CO2 im großen Stil einzulagern. Rolle bezifferte die Menge des 2050 einzulagernden CO2 auf 7,6 Mrd. Tonnen weltweit. Es werde nicht leicht, dafür geeignete Lagerstätten auszuweisen. Auch die Produktion großer Mengen „grünen“ Wasserstoffs sei eine große Herausforderung. Allein dafür werde 2050 ein Fünftel des global aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms benötigt. 

Investitionen von 2,3 Billionen Euro

Der BDI beziffert den zusätzlichen Investitionsbedarf für die deutschen Unternehmen bis 2050 auf mindestens 2,3 Billionen Euro. Das sei machbar, wenn die Politik dafür die richtigen Rahmenbedingungen, Instrumente und Anreize schaffe. Offen bleibe, wie die Energiewende in den Entwicklungsländern finanziert werden könne, zumal eine Bepreisung der CO2-Emissionen nicht nur in den USA wenig populär ist. Die deutsche Industrie steht der von der EU geplanten Grenzausgleichsabgabe deswegen skeptisch gegenüber. Sie würde die „internationale Kooperation eher behindern“.

Birol bestritt, dass die IEA ihre Position in den letzten Monaten geändert habe. Sie habe bereits 2009 darauf hingewiesen, dass der Trend zum Einsatz fossiler Brennstoffe klimapolitisch nicht nachhaltig sei. Man wolle auch nicht sofort aus der Förderung von Öl und Kohle aussteigen. Es sollten aber keine neuen Kohleminen oder Ölfelder genehmigt oder erschlossen werden. Die existierende Förderung reiche aus, wenn der Anteil der Elektroautos am Neuwagenverkauf bis 2030 auf 60 % gesteigert werde. Die Versorgungssicherheit sei so lange gewährleistet, wie die Nachfrage über den Einsatz der Energieträger entscheide.

Die IEA habe als internationale Organisation einen globalen Weg zur Klimaneutralität aufgezeigt. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Voraussetzungen für die Umsetzung in jedem Land unterschiedlich sind. Die Sonnenenergie könne in Ländern wie Saudi-Arabien eine andere Rolle spielen als im Norden Deutschlands. In Asien sei in den letzten Jahren viel in fossile Kraftwerke und Industrieanlagen, zum Beispiel in Stahl- und Zementwerke, investiert worden. Diese Anlagen würden voraussichtlich noch Jahrzehnte genutzt. Klimaneutralität könne hier nur bedeuten, die entstehenden Treibhausgase durch Einlagerung (CCS, CCU) zu neutralisieren.



 
 

Tom Weingärtner
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Dienstag, 01.06.2021, 13:52 Uhr

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