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Enerige & Management > Wasserkraft - Talsperren können mehr Kohlenstoff freisetzen als sie speichern
Bild: Shutterstock, Christian Schwier
WASSERKRAFT:
Talsperren können mehr Kohlenstoff freisetzen als sie speichern
Talsperren können in ungünstigen Fällen zweimal mehr Kohlenstoff produzieren als sie in der Lage sind zu speichern. Der Klimawandel wird diesen Effekt zukünftig wohl noch verstärken.
 
Talsperren dienen als Reservoire für Trinkwasser, die landwirtschaftliche Bewässerung oder den Betrieb von Wasserkraftanlagen. Bisher ging man davon aus, dass Talsperren ungefähr so viel Kohlenstoff speichern, wie sie in Form von Treibhausgasen an die Atmosphäre abgeben. Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) am Standort Magdeburg konnten in Kooperation mit spanischen Wissenschaftlern des Katalanischen Instituts für Wasserforschung (ICRA) in Girona sowie der Universität Barcelona nun aber zeigen, dass Talsperren zweimal mehr Kohlenstoff freisetzen als sie speichern, teilte das UFZ am 13. Mai mit. Die Studie ist im Fachjournal Nature Geoscience erschienen.

Ob Laub, Äste oder Algen – Fließgewässer transportieren große Mengen an kohlenstoffhaltigem Material. Wird das Wasser in einer Talsperre gestaut, sinkt das mitgetragene Material ab und sammelt sich am Gewässergrund an. „Durch den Sauerstoffmangel laufen die Abbauprozesse dort unten sehr viel langsamer ab. Dadurch wird weniger Kohlendioxid freigesetzt, und der enthaltene Kohlenstoff wird im Sediment der Talsperre längerfristig gespeichert“, erklärt UFZ-Biologe Matthias Koschorreck. „Daher ging man bislang davon aus, dass Talsperren durch diese Anreicherungsprozesse mehr Kohlenstoff speichern als sie freisetzen.“

Wartungsarbeiten sollten in den Winter geschoben werden

Für die Kohlenstoffbilanz spielen aber nicht nur die von Wasser bedeckten Zonen eine Rolle, sondern insbesondere solche, die durch Absinken des Wasserspiegels zeitweise trockenfallen. Denn dort wird der Abbauprozess beschleunigt. „Trockenfallende Gewässerbereiche setzen so erheblich mehr Kohlenstoff frei als von Wasser bedeckte Bereiche“, sagt Philipp Keller, ehemaliger Doktorand am UFZ und Erstautor der Studie. „Und wenn in einer Talsperre große Wassermengen abgerufen werden, liegen mit einem Mal große Flächen frei. Doch bei der Kalkulation der Kohlenstoffbilanz von Talsperren wurden diese Flächen bisher nicht berücksichtigt. Diese Lücke haben wir mit unserer Arbeit geschlossen.“

Nach den Berechnungen zeigt sich, dass die Kohlenstoff-Emission von Talsperren bislang deutlich unterschätzt wurde: Im globalen Schnitt setzen sie doppelt so viel Kohlenstoff frei wie sie speichern, sagt Koschorreck. „Ihr Image als Netto-Kohlenstoffspeicher im globalen Kohlenstoffkreislauf muss wohl als überholt angesehen werden.“

Das Forscherteam konnte am Beispiel der Talsperren zeigen, welchen Einfluss trockenfallende Bereiche auf die globale Kohlenstoffbilanz von Gewässern haben. „Wir hoffen, dass wir mit unserer Studie einen Anstoß geben können, bei der Bilanzierung von Kohlenstoffflüssen natürlicher Binnengewässer künftig auch die trockenfallenden Flächen mit zu berücksichtigen“, sagt Koschorreck.

Darüber hinaus könnten die neuen Erkenntnisse in ein klimaschonenderes Management von Talsperren einfließen. Denn muss das Wasser wegen Wartungsarbeiten abgelassen werden, ist mit Blick auf die Kohlenstofffreisetzung der richtige Zeitpunkt wichtig: Liegen die Arbeiten anstatt im Sommer in den kälteren Monaten, laufen die Abbauprozesse des freiliegenden kohlenstoffhaltigen Materials sehr viel langsamer ab, und die Kohlenstoff-Emission ist deutlich geringer.

Um die Kohlenstoffbilanz von Talsperren noch besser zu verstehen, wird das Forscherteam um Matthias Koschorreck künftig sowohl die Freisetzung der Treibhausgase Kohlendioxid und Methan als auch die Vegetation auf ihren trockengefallenen Flächen unter die Lupe nehmen.
 

Heidi Roider
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