Ja, lacht Hendrik Becker, namentlich kenne er noch alle seine Mitarbeiter. Die Frage muss erlaubt sein. Im vergangenen Jahr
hat der Geschäftsführer der PlanET Biogastechnik GmbH seine Belegschaft auf rund 130 Angestellte so gut wie verdoppelt. „Auch
in diesem Jahr planen wir eine Reihe von Neueinstellungen, ansonsten können wir alle Aufträge gar nicht schaffen“, hofft Becker
auf viele Bewerbungen: „Was uns fehlt sind Fachkräfte, die schon seit Jahren in der Biogaswirtschaft tätig sind.“
Genau zu diesen Pionieren der noch jungen Biogasbranche zählt Becker selbst. Im Dezember 1998 hatte er zusammen mit seinem
Kompagnon Jörg Meyer zu Strohe die PlanET Biogastechnik GmbH mit Sitz im westmünsterländischen Vreden (Kreis Borken), einen
Sprung entfernt von der Grenze zu den Niederlanden, gegründet. PlanET steht dabei für Planung und Anwendung der Energietechnik.
Heute gehört das Unternehmen mit einem im letzten Jahr erzielten Umsatz von 23 Mio. Euro zu den bundesweit fünf größten Biogasunternehmen
in Deutschland.
Mit einem Auslandsanteil von mehr als 30 Prozent gehören die Münsterländer ebenfalls zu den erfolgreichsten Exporteuren dieser
jungen Branche. Im vergangenen Jahr bekam PlanET auch einen „Oskar“ einer wichtigen Mittelstandsstiftung. „Der Preis zeigt,
dass wir als Unternehmen gut aufgestellt ist und bestätigt unser Engagement der letzten Jahre“, betont Meyer zu Strohe.
Dass der Landwirtssohn Becker, aufgewachsen auf dem elterlichen Betrieb in Vreden, mit der Biogastechnik sein Geld verdient, ist
das Ergebnis einer Verkettung glücklicher Umstände. Nach Lehre als Maschinenschlosser und anschließendem Fachabitur landete
der Westfale am Niederrhein, genau genommen in Jülich, dem ausgelagerten Ableger der Fachhochschule Aachen, um dort Energie-
und Umweltschutztechnik zu studieren. Beim Bier berichtete ihm einer seiner Kommilitonen von einem Praktikum im hohen Norden,
wo er erste Erfahrungen mit dänischen Biogasanlagen gemacht hatte. „Da erzählt so ein Stadtmensch mir als Sohn eines Landwirtes,
dass sich aus Gülle und Mist Strom erzeugen lässt“, erinnert sich Becker mit einem Schuss Selbstironie, „ich wollte es echt
nicht glauben.“
Diesen Überzeugungsprozess verstärkte dann mit Meyer zu Strohe ein weiterer Studienkollege, wie Becker ebenfalls auf einem
landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen. Der kleine feine Unterschied: Der Mann aus dem südniedersächsischen Bramsche hatte
als Landmaschinenschlosser schon praktische Berufserfahrungen gesammelt und zwar bei der Amtzeller Firma Hans-Jürgen Schnell
Anlagenbau, bekannt in der Biogasszene als Hersteller von Blockheizkraftwerken (BHKW). Dass PlanET auch noch heute die BHKW-Module
aus dem Allgäu in die eigenen Biogasanlagen packt, basiert nicht nur auf diesen früheren Kontakten. Bereits bei einer elektrischen
Leistung von 265 kW erreichen diese Module mit einem elektrischen Wirkungsgrad von mehr als 45 Prozent (nach DIN) eine sehr
gute Effizienz, was PlanET als Komplettanlagenhersteller wichtig ist.
Losgelegt mit Blaumann und gebrauchtem Bully
1998 legten Becker und Meyer zu Strohe, beide nicht einmal 30 Jahre alt, dann los, im Blaumann und mit einem gebrauchten Bully.
Eine erste Referenzanlage konnten die beiden Jungunternehmer auf dem Becker´schen Hof errichten. Dass Hendrik Becker im Vorfeld
vor allem seinen Bruder Wolfgang von den Vorteilen einer Biogasanlage überzeugen musste, gehört in die Rubrik „Geschichten,
die das Leben schrieben“.
Reichlich Überzeugungsarbeit haben Becker und Meyer zu Strohe dann in den Folgejahren geleistet. Als Mitglieder im Fachverband
Biogas organisierten sie viele Lehrfahrten in Nordrhein-Westfalen, das im Vergleich zu Süddeutschland lange Zeit so etwas
wie eine Diaspora bei der Biogasnutzung war. Parallel bauten sie ihre eigene Firma weiter aus und gehörten mit zu den ersten
Biogasunternehmen, die im Ausland tätig wurden. Und zwar in den Niederlanden, was angesichts der Nähe des Firmensitzes Vreden
zu deutsch-holländischen Grenze nicht weiter überrascht.
Zusammen mit Theo Bijmann, seit Jahren im Land der Tulpen und Grachten bei Landwirten als Biogas-Berater bekannt, gründeten
Becker und Meyer zu Strohe die Thecogas PlanET Biogastechniek BV. Theo Bijmann hatte sich diese Zusammenarbeit gewünscht:
„PlanET hat seine Größe und seine Erfahrung eingebracht, ich von meiner Seite die Bekanntschaft mit dem holländischen Markt,
und auch erste potenzielle Projekte.“ Mittlerweile hat Thecogas 15 Biogasanlagen in den Niederlanden gebaut. In Vorbereitung
ist ein Biokraftwerk mit 6 MW Spitzenlastleistung, womit PlanET in neue Größenordnungen vorstößt. Inzwischen folgte die Gründung
von zwei weitere Tochterunternehmen, und zwar in Frankreich und Kanada. „Für uns sind das die zukünftigen Märkte, wobei uns
Kanada als Brücke für den US-amerikanischen Markt dient“, sagt Meyer zu Strohe.
Neben dem Auslandsgeschäft hat PlanET auch den deutschen Markt ganz gezielt ins Auge gefasst. So haben die Münsterländer jüngst
in Essen eine Niederlassung eröffnet, mit der Stadtwerke und Gasversorger angesprochen werden sollen. „Damit sind wir ganz
nahe an den Energiethemen dran", begründete Becker die Standortwahl. Die Dependance soll offiziell am 1. April eröffnet werden.
Und auch der Name des neuen Schwesterunternehmens bionamic energy GmbH ist bewusst auf die Energiewirtschaft zugeschnitten:
„Anders als unsere bisherige landwirtschaftlichen Kunden hat die Energiewirtschaft andere Ansprüche und Erwartungen, wenn
es um den Einstieg ins Biogasgeschäft geht", erklärt Becker.
Mit der bionamic energy wollen die beiden PlanET-Geschäftsführer vor allem Anlagen zur direkten Biogaseinspeisung ins Erdgasnetz
realisieren. „Das Interesse von Energieversorger an dem Thema wächst zusehend“, sagt Becker. Sowohl die Biogas- als auch die
Gasbranche stehe bei der direkten Biogaseinspeisung erst am Anfang. „Das ist eine Riesenchance, um den Stellenwert der Biogasnutzung
enorm zu erhöhen", betont. Dass Anfang Februar die Eon Ruhrgas AG, das bundesweit größte Erdgasunternehmen, den Einstieg ins
Biogasgeschäft bekannt gab, ist ein Indiz für diese Entwicklung.
Nach dem bisherigen Stand will PlanET in diesem Jahr eine zweistellige Anzahl von Biogasanlagen mit einer elektrischen Gesamtleistung
von mindestens 25 MW ans Netz bringen. Um das zu schaffen, sind aber neue Mitarbeiter vonnöten. Und sollte Hendrik Becker
den Überblick über seine ständig wachsende Belegschaft verlieren, weiß er sich zu helfen: „Dann verteilen wir auf der nächsten
Weihnachtsfeier Namensschilder.“
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Mittwoch, 21.02.2007, 11:15 Uhr