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Enerige & Management > KWK -  Drucklufterzeugung ohne Strom
Bild: Shutterstock, saicle / E&M
KWK:
Drucklufterzeugung ohne Strom
Bei der Firma Feurer werden Druckluft, Dampf und Prozesswärme hocheffizient über Druckluftheizkraftwerke (DHKW) erzeugt. Die Stromeinsparung beträgt dadurch 2,4 Mio. kWh pro Jahr.
 
Die Feurer Febra GmbH aus dem baden-württembergischen Brackenheim entwickelt und produziert Verpackungslösungen für Produkte, die Schutz vor Druck, Hitze oder Kälte benötigen. Das genutzte Material ist ein Partikelschaumstoff mit dem Namen expandiertes Polypropylen (EPP). Es wird zur Isolierung von Heizungskomponenten und Gebäuden, aber auch im Fahrzeugbau genutzt − und ist daher Teil der Energiewende.

EPP zu verarbeiten, ist jedoch ein energieintensiver Prozess. Man braucht Dampf, Druckluft und Kühlwasser. Daher hängen die Gesamtkosten für das Endprodukt maßgeblich von den Energiekosten ab. Der benötigte Dampf für die Produktion wird aus aufbereitetem Frischwasser erzeugt, das in einem Dampfkessel von zwölf auf 180 Grad Celsius erhitzt wird. Gleichzeitig fällt bei der Erzeugung von Druckluft viel Abwärme an, die im Betrieb bislang nur teilweise genutzt wurde. In Kombination mit einem Abwärmepotenzial aus dem Prozess selbst wurde das Frischwasser auf rund 50 Grad Celsius vorgeheizt.

 
Das DHKW läuft seit Sommer 2020 bei der Feurer Febra GmbH
problemlos und spart Energie sowie CO2
Bild: altAIRnative GmbH
 

„Zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Erreichung der eigenen Klimaziele haben wir eine Lösung zur Bereitstellung unserer Prozessenergien gesucht“, sagt Markus Feurer, geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens. „Ein Druckluftheizkraftwerk stellt in den Produktionsbereichen mit hohem Druckluft- und Wärmebedarf eine sehr wirtschaftliche Form dar, die mit hohen CO2-Einsparungen verbunden ist.“ Daher hat sich die Firma 2019 für ein Druckluftheizkraftwerk des Herstellers „altAIRnative“ entschieden. Projektbeginn war im Oktober 2019, in Betrieb ist die Anlage seit Sommer 2020.

Bei einem Druckluftheizkraftwerk wird − vereinfacht ausgedrückt − ein Erdgasmotor mit einem Schraubenverdichter gekoppelt. Der Vorteil liegt in einer viel höheren Effizienz. „In der Industrie wird oftmals ein gängiges BHKW genutzt, um Eigenstrom zu erzeugen. Dieser Strom wiederum wird anschließend genutzt, um die Druckluft zu erzeugen“, erklärt Michael Portwich, Geschäftsführer des DHKW-Herstellers Altairnative mit Sitz in Mühlhausen (Thüringen). Diese Art der Drucklufterzeugung sei jedoch teuer.

Druckluft fällt als Nebenprodukt mit an

Mittels DHKW wird die Druckluft nicht mehr über Strom erzeugt, sondern fällt quasi als Nebenprodukt an. Das DHKW erzeugt mit einem Verbrennungsmotor Wärme, die industriell genutzt werden kann. Über eine Kupplung wird zeitgleich ein Schraubenverdichter angetrieben − die erzeugte Druckluft (je nach Druckstufe bis zu 13 bar) fällt als Nebenprodukt der Wärmeerzeugung ab. „Dieses Prinzip lohnt sich vor allem für Unternehmen, die gleichzeitig einen hohen Bedarf an Druckluft und Wärme oder Kälte haben“, sagt Portwich. „Dazu zählt auch die Lebensmittel- und Kunststoffindustrie.“

Bei Feurer Febra hat sich die Investition ausgezahlt: Die Drucklufterzeugung verbraucht rund 700 bis 800 kWel im Dreischichtbetrieb. Durch den jetzigen Einsatz von zwei DHKW-Taifun von Altairnative mit je 170 kW Wellenleistung werden insgesamt 3.560 m3/h Druckluft bei 8,5 bar erzeugt. Dies ersetzt drei Bestandskompressoren mit einer elektrischen Gesamtleistung von rund 413 kW. Die Kompressoren werden nur noch als Reserve vorgehalten.

Die entstehende Wärme aus dem Verbrennungsprozess von den beiden Erdgasmotoren und der Druckluftverdichtung wird zur Bereitstellung von Prozess- und Heizwärme genutzt. Die Abgaswärme der DHKW-Motoren (je 152 kW bei 600 Grad Celsius) wird durch einen zweizügigen Abhitzekessel geführt, der Prozessdampf zur Verfügung stellt. Die sich anschließend noch im Abgas befindliche thermische Energie bei 225 Grad Celsius wird in Kombination mit der Motorabwärme genutzt, um einen Schichtenspeicher auf rund 91 Grad aufzuheizen. Aus diesem Speicher wird primär das Frischwasser für die Dampferzeugung von 40 bis 89 Grad erwärmt. Zudem können aus dem Speicher auch die Gebäudeheizung und die Brauchwassererwärmung bedient werden.

Eine weitere Wärmenutzung findet bei der Druckluftkühlung statt. Durch den Einsatz des zwölf Grad Celsius kalten Speisewassers zur Kühlung der Druckluft fällt bereits ein Großteil des Druckluftkondensats aus. Dies führt zu einer Einsparung an elektrischer Energie bei den nachgeschalteten Drucklufttrocknern und der Wärmerückgewinnung.

„Die Vermeidung von Generator-, Übertragungs- und Motorverlusten bei der Stromerzeugung und -nutzung in Verbindung mit der umfassenden Wärmerückgewinnung ermöglicht im Betrieb die Einsparung von 1.075 Tonnen CO2 pro Jahr beim Einsatz der beiden DHKW“, freut sich Feurer. Die Drucklufterzeugung am Standort Brackenheim macht rund 75 % des Gesamtstromverbrauchs aus. „Der Einsatz der DHKW spart davon 32 Prozent ein.“ Die Stromeinsparung beträgt 2,4 Mio. kWh/pro Jahr.

Investition von 700.000 Euro in zwei Jahren amortisiert

Die Bereitstellung der Prozesswärme in Form von Dampf, Heißwasser und auf niedrigem Temperaturniveau zur Speisewasservorbereitung führt nach Angaben des DHKW-Herstellers zu einem thermischen Wirkungsgrad von rund 99 % − bezogen auf das eingesetzte Erdgas. Davor betrug der Wirkungsgrad lediglich 88 %. Somit wird neben Strom auch Erdgas eingespart.

 
Im Zuge der Modernisierungsarbeiten wurde ein zentraler Schichtpufferspeicher mit installiert, in den neben den Wärmeströmen der DHKW auch die rückgewonnene Wärme der elektrischen Kompressoren eingespeist werden kann
Bild: altAIRnative GmbH


Insgesamt hat Feurer 700.000 Euro investiert, die sich innerhalb von zwei Jahren amortisieren werden, so die Angaben des Unternehmens. „Die Anlage läuft nun seit Juli 2020 sehr gut und auch die zugesagten Einsparungen haben sich bewahrheitet“, resümiert Feurer.

Aktuell sei geplant, die noch verfügbare thermische Leistung von 300 kW durch eine Adsorptionskälteanlage zu nutzen. Der derzeitige Energieträger ist Erdgas, allerdings biete die Anlage die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt auf Wasserstoff umzustellen.

Der DHKW-Hersteller Altairnative wurde 2016 gegründet. Das Unternehmen bietet selbst entwickelte und in eigener Produktion gefertigte modulare Druckluftheizkraftwerke in verschiedenen Leistungsgrößen (26 bis 300 kW mechanische Leistung und VL-Temperaturen bis 108 Grad Celsius) an. Die Druckluft wird optional ölgeschmiert oder ölfrei erzeugt und bereitgestellt. E&M

Die Anlage auf einen Blick:
Betreiber: Feurer Febra GmbH
Projektierer: Altairnative GmbH
Anlage: zwei DHKW mit je 170 kW Wellenleistung von Altairnative, Abhitzekessel und Schichtpufferspeicher; Gebäudeheizung wurde von Dampf auf Heißwasser umgestellt
Besonderheit: Beim Druckluftheizkraftwerk (DHKW) entsteht die Druckluft als Nebenprodukt der Wärmeerzeugung
Einsparung: 2,4 Mio. kWh Strom und 1.075 t CO2 pro Jahr
Ansprechpartner: Michael Portwich, Altairnative GmbH, m.portwich@altairnative.de
 
 

Heidi Roider
Redakteurin und Chefin vom Dienst
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