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Enerige & Management > Österreich - E-Control warnt vor Strompreis-Sprung
Quelle: Fotolia / Yul
ÖSTERREICH:
E-Control warnt vor Strompreis-Sprung
In den kommenden Monaten müssen Haushalte mit einer Verdopplung ihrer Strompreise rechnen, warnte der Chef-Volkswirt der Regulierungsbehörde bei der Energiekonferenz EPCON.
 
Keine guten Nachrichten für die österreichischen Stromkunden hatte Johannes Mayer, der Leiter der Abteilung Volkswirtschaft der Regulierungsbehörde E-Control. Haushalte müssten sich in den kommenden Monaten auf eine Verdopplung ihrer Strompreise einstellen, warnte Mayer am 31. Mai bei der Energiekonferenz EPCON in Mauerbach bei Wien: „Wir haben maximal die Hälfte dessen hinter uns, was wir bisher gesehen haben.“

Als Grund für seine Erwartungen nannte Mayer die Entwicklung auf den Großhandelsmärkten für Erdgas. Dort lägen die Preise bei rund 200 Euro/MWh. Dies habe Auswirkungen auf die Großhandelspreise für Strom, die indessen noch nicht auf die Endkunden durchgeschlagen hätten. Dabei bringe es nichts, die Gaspreise politisch zu begrenzen, stellte Mayer fest: „In Mitteleuropa würde das die Großhandelspreise für Strom bestenfalls um zehn bis 20 Prozent verringern.“ Eine massivere Senkung sei nicht zu erwarten, schon gar nicht eine Kompensation des Preisanstiegs für die Haushalte.

In den kommenden Jahren werden sich die Großhandelspreise für Strom laut Mayer in einem „stabilen Band von etwa 150 Euro/MWh“ bewegen, nicht jedoch bei den im vergangenen Herbst für heuer erwarteten 90 bis 100 Euro/MWh: „Und 50 Euro wie in den vergangenen Jahren sehe ich bis auf Weiteres überhaupt nicht.“ Ein derartiges Niveau lasse sich erst ab der Mitte des Jahrzehnts erreichen, wenn nicht sogar erst gegen Ende der Dekade nach dem geplanten massiven Ökostromausbau.

Österreich hat dabei laut Mayer ein besonderes Problem: Seit der Einführung der Kapazitätsbewirtschaftung auf den Stromtransversalen zwischen Deutschland und Österreich im Oktober 2018 ergeben sich immer wieder Preisdifferenzen zwischen den beiden Ländern. Die österreichischen Großhandelspreise für Strom werden durch die heimischen Gaskraftwerke bestimmt und sind daher üblicherweise höher als die deutschen.

Infolge des massiven Anstiegs der Gaspreise in den vergangenen Monaten habe sich diese Situation verschärft und verschlechtere die Wettbewerbsfähigkeit etlicher österreichischer Industrieunternehmen gegenüber ihren deutschen Konkurrenten, stellte Mayer auf der EPCON fest. Der Redaktion gegenüber bezifferte Mayer die Preisdifferenz mit etwa 14 Euro/MWh: „Das dürfte so bleiben, solange sich an den Gaspreisen nichts Wesentliches ändert.“

Einen realistischen Ausweg gibt es ihm zufolge zumindest kurz- bis mittelfristig nicht. Zwar wäre es möglich, die Stromleitungen zwischen Deutschland und Österreich zu verstärken. Doch um Importe aus Deutschland nach Österreich nennenswert zu erhöhen, müssten auch die vorgelagerten Netze ertüchtigt werden. Das aber würde infolge der langen Genehmigungsverfahren erhebliche Zeit beanspruchen: „Bis das geschafft ist, sollte sich die Lage auf den Märkten auch ohne Netzausbau wieder einigermaßen entspannt haben.“

„Russengas“ nicht geschenkt

Nicht wesentlich verschärft wird die Situation übrigens durch die Bestrebungen Österreichs, ab Ende 2027 auf den Import von Gas aus Russland zu verzichten, teilte Mayer der Redaktion mit. Zwar würde dies die Stromgestehungskosten der Gaskraftwerke zweifellos erhöhen, „aber das macht nur einige Euro pro MWh aus. Früher wäre das viel gewesen, beim jetzigen Niveau ist es das nicht“. Außerdem seien die Preise in den langfristigen Gasbezugsverträgen der OMV mit Gazprom an Monatsprodukte an der für Mitteleuropa bestimmenden Gasbörse TTF gekoppelt: „Das ‚Russengas‘ bekommen wir auch nicht geschenkt.“

Energieministerin gegen Bundeskanzler

Unterdessen warnte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) vor Eingriffen in den Strommarkt, wie sie zurzeit in Österreich diskutiert werden. Bei der EPCON griff Gewessler dabei Bundeskanzler Karl Nehammer (Österreichische Volkspartei, ÖVP) indirekt an. Der Kanzler hatte unter anderem von eventuellen Sonderbesteuerungen der Gewinne von Energieversorgern gesprochen. In der Folge brachen die Börsenkurse mehrerer Energieunternehmen ein. Überdies verkündete der Vorstand des größten österreichischen Stromkonzerns, des Verbunds, für die Hauptversammlung im kommenden Jahr den Beschluss einer Sonderdividende von 400 Mio. Euro an – zur Freude des Kanzlers, der die Führung des zu 51 % im Bundesbesitz befindlichen Konzerns entsprechend lobte.

Ohne Nehammers Namen zu nennen, konstatierte Gewessler, angesichts der hohen Strompreise liege die Versuchung nahe, mit politischen „Zurufen“ Einfluss auf den Markt zu nehmen. Sie riet indessen, „der Versuchung nach solchen Zurufen zu widersagen. Eingriffe in das komplexe Marktgeschehen sind immer auch mit Risiken verbunden. Sie könnten unbeabsichtigte Folgeschäden auslösen, die größer sind als das Problem, das wir lösen wollten“.
 

Klaus Fischer
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Dienstag, 31.05.2022, 17:09 Uhr

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