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Enerige & Management > Wasserstoff - Experten: Keine Wärmewende ohne Wasserstoff
Quelle: Shutterstock / Alexander Limbach
WASSERSTOFF:
Experten: Keine Wärmewende ohne Wasserstoff
Die Diskussion ist unvermeidlich, wenn die Rede auf die Einsatzmöglichkeiten für grünen Wasserstoff kommt: Ist er zu schade zum Verheizen – oder doch nicht?
 
Unter der Überschrift „Wasserstoff im Wärmemarkt – Champagner oder Grundnahrungsmittel“ befassten sich beim Gat/Wat-Kongress in Köln verschiedene Experten mit dem Thema. Bauingenieur Christoph Gatzen von der Unternehmensberatung Frontier wartete dabei mit einer sprachlichen Erweiterung des Komplexes auf: In anderen Regionen der Erde, so erklärte er, gebe es den Spruch, man dürfe keinen Kaviar in die Suppe werfen.

In der Sache war seine Aussage eindeutig eine andere. Ohne grünen Wasserstoff werde es bei dem enormen Energiebedarf des Wärmesektors mit 700 Mrd. kWh im Jahr allein für die Haushalte nicht funktionieren. Die Stromnetze könnten das gar nicht auffangen, zumal der Atomausstieg bevorsteht und es mit der Kohle jetzt noch mal schneller zu Ende gehen soll. Und das vor dem Hintergrund, dass neben den Wärmepumpen auch die wachsende E-Auto-Flotte ihren Anteil an der Stromproduktion fordert.

„Die Stromnetze sind jetzt schon überlastet und wir können nicht auch noch die ganze Wärmewende drauf los lassen“, betonte Gatzen. Neue Gaskraftwerke seien unumgänglich, ebenso die Umstellung von Heizungen auf Wasserstoff, zunächst als Beimischung zum Erdgas.

"Wo sollen die ganzen Handwerker herkommen?"

Gatzen rief dazu aus, im Hinblick auf die Klimaneutralität 2045 jetzt schon zu planen und flexible Geräte zu installieren. Welche Schwierigkeiten auf dem Weg liegen, zeichnete er ebenfalls deutlich auf: 42 Millionen Wohnungen in Deutschland sind vor 1980 gebaut und müssten energetisch saniert werden. 75 % der Heizungen laufen noch mit Gas und Öl. „Wo sollen die ganzen Handwerker herkommen?“ Die heutigen Sanierungs- und Austauschraten reichten bei weitem nicht aus, aber die Betriebe seien jetzt schon an der Grenze dessen, was sie mit dem vorhandenen Personal hinkriegen können.

Rolf Albus, Geschäftsführender Vorstand des Gas- und Wärmeinstituts (GWI), berichtete über Untersuchungen zur Beimischung von Wasserstoff in Erdgasnetzen. Ein Anteil von 20 % sei schon heute sicher möglich, Laborversuche hätten auch bis 40 % hervorragenden Ergebnissen gezeigt, ohne Einschränkung bei der Betriebssicherheit. Darüber hinaus arbeiteten die Hersteller aktuell an Herden und Heizgeräten, die mit 100 % Wasserstoff funktionieren und sie seien dabei auf einem sehr guten Weg.

Jürgen Grönner, Geschäftsführer bei Westnetz, erklärte, man müsse sich auf den Import von grünem Wasserstoff einstellen. Zudem könnten die Gasnetze mit ihren riesigen Transportkapazitäten die deutschen Nord-Süd-Engpässe beim Strom abmildern. Etwa, indem Windstrom im Norden direkt in Wasserstoff verwandelt und über die Pipelines in den Süden gebracht wird, wo er beispielsweise in Gaskraftwerken zur Stromerzeugung verwendet wird. Weiter wies er darauf hin, dass 61 % aller Wohnungen derzeit mit Gas oder Fernwärme beheizt werden. Sie alle seien damit für Wasserstoff erreichbar.

Auch Biomethan in die Gasnetze einspeisen

Norbert Scholz vom Versorger EWE brachte Biomethan als Übergangslösung ins Spiel, das gerade in Niedersachsen und Bayern reichlich zur Verfügung steht. Er regte an, hier von der Stromerzeugung wegzukommen und das Biomethan in die Gasnetze einzuspeisen, wo es wesentlich effizienter in KWK-Anlagen genutzt werden kann. Gerade im Hinblick auf die derzeitige Preisentwicklung sei dies eine interessante Option.

Jens Wichtermann von der Vaillant Group wies auf die enormen Defizite hin, die derzeit noch im Gebäudesektor und bei den Heizungsanlagen herrschen. 12 Millionen ineffiziente Heizkessel seien noch in Betrieb, die heutigen Austauschraten von 1,3 Millionen Geräten im Jahr gelte es zu verdoppeln. Kein einfacher Vorsatz, vor dem Hintergrund, dass viele Immobilienbesitzer die Kosten scheuen oder unsicher sind, welches die richtige Technologie ist. Bei den Handwerksbetrieben fehle es vor allem am Personal, aber auch oft am Know-how, wenn es um neue und komplexere Anlagen geht.
 

Günter Drewnitzky
Redakteur
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Freitag, 26.11.2021, 15:22 Uhr

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