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Enerige & Management > Wärmenetz - Keine "One-Size-Fits-All-Lösung" für den Wärmemarkt
Quelle: Shutterstock / Ayrat A
WÄRMENETZ:
Keine "One-Size-Fits-All-Lösung" für den Wärmemarkt
Optionen für die effiziente Dekarbonisierung des Wärmesektors will eine Studie geben, die Fraunhofer im Auftrag des Nationalen Wasserstoffrates erstellt hat. Die Resultate sind nun da.
 
Die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung gehört "zu den größten Herausforderungen auf dem Weg zur Klimaneutralität", betonte Katherina Reiche, Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrates (NWR), dem obersten Beratergremium der Bundesregierung im Bereich Wasserstoff, einmal mehr bei der Vorstellung der Studienergebnisse. Es gelte, effiziente und nachhaltige Lösungen zu schaffen, die gleichzeitig auch sozial fair sind. Reiche erklärte: "Die Wärmewende findet lokal statt. Jede Kommune, jede Gemeinde, jeder Stadtteil ist anders. Für die Beurteilung unterschiedlicher Lösungsansätze braucht es daher eine belastbare Datengrundlage."

Vor diesem Hintergrund hatte der NWR im Herbst 2021 zwei Institute der Fraunhofer-Gesellschaft mit der Analyse und Bewertung unterschiedlicher Dekarbonisierungspfade für den Wärmemarkt beauftragt. Am 28. November präsentierten das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE und das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) die Ergebnisse ihrer Bottom-Up-Studie. 

Die Studie stellte sich der Aufgabe, auf Basis lokaler Gegebenheiten an vier Fallbeispielen − Burg bei Magdeburg (Sachsen-Anhalt), Fellbach (Baden-Württemberg), Mainz (Rheinland-Pfalz) und Westerstede (Niedersachsen) − Pfadoptionen für eine effiziente Dekarbonisierung des Wärmesektors aufzuzeigen. Insbesondere die Rolle des Wasserstoffs in einer klimaneutralen Wärmeversorgung bis 2045 sollte hierzu untersucht werden. Zu den Ergebnissen:
  • Breiter Technologieansatz nötig: Die Studienautorinnen und -autoren bekräftigen, alle klimaneutralen Energieträger in der Wärmversorgung für eine klimaneutrale Energieversorgung bis 2045 zu nutzen. Eine "One-Size-Fits-All-Lösung" gäbe es nicht. Während die Wärmepumpe die primäre Dekarbonisierungstechnologie in der Raumwärme darstelle, sichere der Einsatz von Wasserstoff das Erreichen der langfristigen Klimaziele nach 2030 in Industrie und Energieerzeugung (Fernwärme) ab. Dr. Jörg Bergmann, Leiter der Arbeitsgruppe "Infrastruktur und Wärme" des NWR unterstrich: "Mit Wasserstoff wird die Energiewende sicherer und bezahlbarer."
  • Tempo gefragt: Die Forschenden erachten es für wichtig, nun sehr schnell große Mengen günstigen Wasserstoff verfügbar zu machen − nicht nur für die Großindustrie, sondern auch für die an das Verteilnetz angeschlossenen Industrie- und Gewerbebetriebe sowie die (Fern-) Wärmeversorgung. "Dafür benötigen wir umgehend eine leistungsfähige Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland", fordert Bergmann.
  • Vor-Ort-Analysen wichtig: Die Dekarbonisierungsphasen variieren stark abhängig von den lokalen Gegebenheiten. Die Wissenschaftler betonen in diesem Zusammenhang die Bedeutung der kommunalen Wärmeplanung. Zur Erstellung dieser sollten einheitliche Rahmenbedingungen zu technischen und ökonomischen Rahmenbedingungen als feste Vorgaben fixiert und regelmäßig aktualisiert werden. 
  • Spartenübergreifende Zielnetzplanung für Strom-, Gas- und Wärmenetze: Die Entwicklungspläne einer nationalen und europäischen Wasserstoffinfrastruktur müssen mit der Transformation der regionalen Versorgungsinfrastruktur in Einklang gebracht werden, fordern die Fraunhofer-Institute. Zwingend erforderlich sei der Aufbau eines leistungsfähigen Wasserstoffnetzes und der nachgelagerten Infrastrukturen für die relevanten Anwendungen. Hierzu bräuchten die Netzbetreiber Investitionssicherheit, erklärte Matthias Lenz, Geschäftsfeldleiter Netzplanung und Netzbetrieb am Fraunhofer IEE. 
Erste Reaktionen lösten die Ergebnisse der Bottom-up-Studie von Fraunhofer bereits bei den Verbänden aus. Florian Feller, Vorsitzender der Initiative "H2-vor-Ort", sieht in den Resultaten die Bestätigung, was sich bereits im Ergebnisbericht 2022 des Gasnetzgebietstransformationsplans (GTP) gezeigt habe: "Die Energiewende muss zur Situation vor Ort passen und dafür sorgen, dass neben Klimaneutralität auch weiterhin ein hohes Maß an Versorgungssicherheit gewährleistet ist."

Der Einsatz von Wasserstoff in der kommunalen Wärmeplanung ist ein notwendiger Hebel für die Klimaneutralität Deutschlands, erklärt Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des DVGW, mit Blick auf die vorgelegte Studie. "Vor Ort werden wir künftig einen Mix aus strom- und gasgeführter Wärmeversorgung sehen. Dafür brauchen wir grüne Moleküle – einerseits um das Stromnetz zu entlasten, andererseits um erneuerbare Energien in großen Mengen durchs Land zu transportieren und über längere Zeiträume zu speichern", so Linke. Das heutige Erdgasnetz sei größtenteils wasserstofftauglich. "Mit Investitionen in Höhe von rund 50 Milliarden Euro können wir seine komplette H2-Readiness erreichen."

Eine Kurzfassung der zwölfseitigen "Bottom-Up-Studie zu Pfadoptionen einer effizienten und sozialverträglichen Dekarbonisierung des Wärmesektors"  ist über die Seite des Nationalen Wasserstoffrates downloadbar.
 

Davina Spohn
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