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RechtEck: Aus fünf mach zehn
Was der unterfrequenzabhängige Lastabwurf (UFLA) für Netzbetreiber mit Weihnachten 2022 zu tun hat, erläutern Michael Weise und Roman Schüttke*.
 
Der 18. Dezember 2022 mag auf den ersten Blick noch weit entfernt scheinen, für Netzbetreiber ist bis zu diesem Tag unter Umständen jedoch noch einiges zu tun. An jenem Adventssonntag darf nicht nur die vierte Kerze auf dem Adventskranz angezündet werden, sondern es muss auch die Umsetzung des UFLA vollständig abgeschlossen sein: die Umstellung von der fünfstufigen automatischen Frequenzentlastung (AFE) auf den zehnstufigen unterfrequenzabhängigen Lastabwurf (UFLA). Allerhöchste Zeit also, dass sich Netzbetreiber und gegebenenfalls betroffene Netznutzer mit der Frage beschäftigen, inwieweit sie von den Vorgaben zum UFLA betroffen sind und was konkret zu tun ist, um 2022 beruhigt Weihnachten feiern zu können.

Der europäische Netzkodex über den Notzustand und den Netzwiederaufbau des Übertragungsnetzes (NC ER) beschreibt seit 2017 verbindliche Anforderungen an automatische Letztmaßnahmen. Die nationale Umsetzung der europäischen Vorgaben zum UFLA erfolgte durch die neue Anwendungsregel des VDE „Automatische Letztmaßnahmen zur Vermeidung von Systemzusammenbrüchen“ (VDE-AR-N 4142). Sie ersetzt damit den bisherigen VDE-Fünf-Stufenplan zur automatischen frequenzabhängigen Lastabschaltung in Verteilernetzen. Die in der VDE-AR-N 4142 festgeschriebenen automatischen Letztmaßnahmen kommen dann zur Anwendung, wenn einem Frequenzabfall weder durch den Einsatz von Regelreserve noch durch manuelle Letztmaßnahmen im Rahmen der Kaskade begegnet werden kann.

Bis Ende 2022 muss insbesondere die technische Implementierung, also der Einbau entsprechender Frequenzrelais oder die Integration der Funktion in vorhandene Technik, vollständig abgeschlossen sein.

Die Vorgaben des UFLA treffen Netzbetreiber, die HS-/MS-Trafos betreiben, und gegebenenfalls Netzbetreiber und -nutzer, die ihre Versorgungseinrichtungen ab den MS-Abgängen betreiben. Für Deutschland wird ein Abwurfkonzept mit zehn Frequenzstufen zwischen 49 und 48 Hz festgelegt. Über die zehn Frequenzstufen hinweg soll eine automatische Lastanpassung der jeweiligen Gesamtlast erfolgen. Als mögliche Abwurfpunkte kommen sowohl MS-Transformatoreinspeisefelder als auch MS-Abgangsfelder in Betracht. Die Festlegung der Abwurfpunkte und die Zuordnung der Frequenzstufen obliegen dem jeweiligen Netzbetreiber oder -nutzer.

Als grundsätzliche Leitlinien für die Auswahl der Abwurfpunkte und die Zuordnung der Frequenzstufen nennt die VDE-AR-N 4142 die Kriterien Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit und Effizienz. Nicht ausdrücklich genannt ist der Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit. Auch im Rahmen des UFLA wird sich jedoch die Frage stellen, ob von einem möglichen Lastabwurf Betroffene im Hinblick auf ihre Sensibilität für Versorgungsunterbrechungen differenziert zu behandeln sind oder ob ein „alle über den gleichen Kamm“ genügt, um auch dem Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit zu entsprechen. Egal welchen Weg Netzbetreiber an dieser Stelle einschlagen, es ist in jedem Fall ratsam, die entsprechende Auswahlentscheidung und die dieser zugrunde liegenden Kriterien zu dokumentieren, um auch im Streitfall („Warum ist es bei mir dunkel und beim Nachbarn nicht?“) die Möglichkeit zu haben, den Prozess der Entscheidungsfindung und dessen Ergebnis darlegen zu können.

Ist es für betroffene Netzbetreiber nicht möglich, den UFLA eigenständig umzusetzen, müssen sie sich doch mit der Option des Gruppenabwurfkonzepts auseinandersetzen. Dabei schließen sich nachgelagerte Netzbetreiber oder -nutzer mit einem vorgelagerten Netzbetreiber zusammen, um eine gemeinsame Datenbasis zu erheben und die Abwurfgruppen festzulegen. Auch in diesem Zusammenhang werfen die Anforderungen der Anwendungsregel jedoch Fragen auf: So ist insbesondere unklar, ob nachgelagerte Netzbetreiber/-nutzer gegenüber ihrem vorgelagerten Netzbetreiber einen (durchsetzbaren) Anspruch auf Integration in dessen Abwurfkonzept haben, wenn die Umsetzung aller zehn Stufen im eigenen Netz nicht möglich ist. Zu beachten ist außerdem, dass der Ein- oder Austritt in beziehungsweise aus einem Gruppenabwurfkonzept nur zum Jahreswechsel möglich ist, sodass die Entscheidung über die Teilnahme bereits bis Ende dieses Jahres gefallen sein muss. Ebenfalls 2021 steht das erste Reporting im Rahmen des UFLA an. Es müssen die Jahresmittelwerte der Abwurfleistung aller Stufen des UFLA-Konzepts ermittelt und an den vorgelagerten Netzbetreiber übermittelt werden.

Netzbetreiber und betroffene Netznutzer sollten die noch vorhandene Zeit bis zum 18. Dezember 2022 also nutzen, um sich auf die Umsetzung vorzubereiten: Dann sollte auch der UFLA einem entspannten Weihnachtsfest 2022 nicht mehr im Wege stehen.

* Michael Weise und Roman Schüttke, Rechtsanwälte, Becker Büttner Held, Stuttgart
 

Redaktion
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Mittwoch, 24.02.2021, 09:45 Uhr

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