• Strompreise im günstigen Feiertagsmodus
  • Regierung gibt Verkauf von Wintershall Dea frei
  • Nach Klimaurteil billigt Bundesrat geändertes Klimaschutzgesetz
  • Günstiger grüner Wasserstoff aus dem Ostseeraum
  • Mehr Redispatch, aber weniger Kosten
  • Verkauf der MAN-Gasturbinen nach China: Jetzt redet MAN
  • Kommunalversorger EAM verlängert mit Chefs vorzeitig
  • Energieministerkonferenz in Kiel fordert bezahlbare Wärmewende
  • Vereinfachter Weg zum Netzanschluss
  • Schwaben heizen weniger
Enerige & Management > Recht - Auch OLG wertet Preiserhöhung von Extraenergie als rechtswidrig
Quelle: Fotolia / Stefan Welz
RECHT:
Auch OLG wertet Preiserhöhung von Extraenergie als rechtswidrig
Es bleibt dabei: Unerwartet steigende Beschaffungspreise sind kein Ausnahmefall, um Energiekunden zur Kasse zu bitten. Eine Verbraucherschutzorganisation erwägt nun Musterklagen.
 
Der Monheimer Energiediscounter „ExtraEnergie“ hat auch in der Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf Schiffbruch erlitten. Höhere Beschaffungskosten als Folge des Ukraine-Krieges berechtigten nicht, die Arbeitspreise für Strom und Gas bei Endkunden mit Sonderverträgen zu erhöhen.

Bereits das Landgericht in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt hatte im November 2022 die Begründung von Extraenergie kassiert, die Preisexplosionen durch den Ukraine-Krieg und staatliche Eingriffe in den Energiemarkt stellten eine „Störung der Geschäftsgrundlage“ gemäß Paragraf 313 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) dar (wir berichteten). Mit Verweis auf diese Störung hatten Extraenergie-Marken wie Prioenergie oder Hitenergie in Kundenschreiben Preiserhöhungen zum 1. September 2022 angekündigt. Dies betraf Verträge sowohl mit Preisfixierung als auch mit Preisgarantie – also außerhalb der Grundversorgung.

Discounter vom Täuschungsvorwurf entlastet

Das OLG bestätigt in seinem noch nicht rechtskräftigen Urteil (Aktenzeichen I-20 U 318/22 ), dass Preiserhöhungen während der Geltungsdauer der Preisgarantie und darauf fußende Rechnungen rechtswidrig seien. Es verweist ferner darauf, dass der Gesetzgeber bereits vor dem Extraenergie-Anschreiben Maßnahmen ergriffen hatte, um auf die Entwicklungen auf dem Gas- und Strommarkt dämpfend einzuwirken.

Damit seien die „Lasten auf die Unternehmen, den Endverbraucher und den Staat verteilt“. Energieversorger hätten nur „unter ganz bestimmten engen Voraussetzungen ein einseitiges Preisanpassungsrecht“. Einen Freifahrtschein in der Preisgestaltung aufgrund der angeführten gestörten Geschäftsgrundlage schloss das OLG damit aus.

Zum Rechtsstreit wurde Extraenergies Geschäftspraxis, weil die Verbraucherzentrale NRW (VZ NRW) gegen den Bruch der Preisgarantien vor dem Landgericht zu Felde gezogen war. In der ersten Instanz war der Erfolg der Verbraucherschützer indes umfassender. Das Landgericht war auch dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gefolgt, mit der Extraenergie das Versenden der Schreiben und die Preisanpassung untersagt werden sollte. Das OLG kassierte die Unterlassungserklärung, die Extraenergie zwischenzeitlich abgegeben hatte, nun wieder ein.

Dies stört die VZ NRW allerdings nicht sonderlich. Denn das OLG bestätige grundsätzlich die Rechtsauffassung seiner Einrichtung, teilt Vorstand Wolfgang Schuldzinski mit. Die Verbraucherinnen und Verbraucher seien bei der Abwehr unberechtigter Forderungen gestärkt. Dass die Verfügung nicht Bestand hat, berühre eine andere Frage. Nämlich die, wann Verbraucherverbände eine Unterlassungsklage wegen unlauteren Wettbewerbs anstrengen dürfen. Gegen Schreiben, in denen ein Preiserhöhungsrecht reklamiert wird und höhere Tarife angekündigt werden, jedenfalls nicht.

Musterklage könnte Betroffenen zu Rückzahlung verhelfen

Extraenergie hatte sich auch mit der Begründung gegen die in erster Instanz ausgesprochene Verfügung gewehrt, dass das Unternehmen die Kundschaft nicht in die Irre führen, also täuschen wollte. Der Verweis auf Paragraf 313 des BGB sei vielmehr aufgrund einer „anderen Rechtsauffassung“ im Vergleich zum Landgericht erfolgt. Dem folgt das OLG nun insofern, als es den Vorwurf der Täuschung für unbegründet erachtet.

Damit ist letztlich zwar die Unrechtmäßigkeit der mit Paragraf 313 des BGB begründeten einseitigen Preiserhöhung verbrieft. Die VZ NRW verweist aber darauf, dass dies keine unmittelbaren Auswirkungen auf Einzelfälle habe. Heißt: Wer die höheren Preise zunächst geschluckt hat und nun zu seinem Recht kommen will, muss es auf eine Klage ankommen lassen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) will dabei helfen. Er erwägt eine Musterklage. Betroffene können sich im Internet  informieren.
 

Volker Stephan
© 2024 Energie & Management GmbH
Freitag, 24.03.2023, 09:31 Uhr

Mehr zum Thema