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Bild: Fotolia, nmann77
STADTWERKE:
Elastisches Eis unter karibischer Sonne
Es gibt Geschäftsaktivitäten, die würde auf den ersten Blick niemand mit einem kommunalen Versorger in Verbindung bringen. Teil 1 unserer kleinen Reihe: die Elektrizitätswerke Reutte. 
 
Eine Tochtergesellschaft der Elektrizitätswerke Reutte, die ihren Sitz in Reutte in Tirol und in Füssen im Allgäu haben, macht das Schlittschuhlaufen auf den größten Kreuzfahrtschiffen der Welt möglich.

Antigua schmilzt in der Sommersonne. Vor der Küste der Karibikinsel dümpelt ein Luxuskreuzer im Format einer Kleinstadt. An Bord ist es Zeit für Lichtschutzfaktor 50, einen Sprung in den Pool oder Kühles für die Kehle. Nicht wenige haben Lust auf Eis. Sie erfüllen sich den Wunsch, schnallen die Schlittschuhe unter und drehen ein paar Pirouetten.

Wenn Kreuzfahrtriesen der Marke "Symphony of the Seas" ihre Passagiere aufs Glatteis führen, haben die Elektrizitätswerke Reutte (EWR) dafür die Grundlage geschaffen. Im Wortsinn: Der kommunale Versorger stattet die größten Kreuzfahrtschiffe der Welt mit Eislaufbahnen aus. Auf einer Fläche von zwölf mal zwanzig Metern finden bis zu 40 Menschen gleichzeitig Platz und zudem Eislaufshows statt.
 
Eine Eishalle im Kreuzfahrtschiff
Bild: AST

Auf die Idee, neben Whiskey on the rocks auch Rittberger auf dem Eis als Freizeitvergnügen anzubieten, kam das norwegisch-US-amerikanische Unternehmen Royal Caribbean International vor mehr als zwei Jahrzehnten. Etwa ebenso lange haben die EWR eine Tochter im Unternehmensverbund, die Eisbahnen in aller Welt und seither auch an Deck baut. Die AST Eis- und Solartechnik GmbH kann dabei, wie der Name es nahelegt, kalt und heiß. "Die EWR haben AST in erster Linie wegen unserer Expertise in thermischer Energiegewinnung übernommen", sagt Bernd Lechner. "Mitbekommen haben sie auch das Geschäft mit den Eisbahnen." Lechner war 30 Jahre Technischer Leiter von AST und leitet inzwischen die Entwicklungsabteilung.

Sonnenkollektoren von AST liefern in großem Stil zum Beispiel Wärme für kommunale Schwimmbädern. Die Expertise in Solartechnik nutzt das Unternehmen umgekehrt auch für die Kälteproduktion. Nun ließe sich vermuten, eine besondere Herausforderung bestehe im Bau und Betrieb von Eisbahnen im tropischen Klima. So hat AST vor nicht langer Zeit eine Anlage auf den Malediven errichtet. "Es ist aber noch einmal komplizierter, Eisbahnen in sehr kalten Gegenden zum Beispiel Russlands zu betreiben", so Bernd Lechner. Bei Temperaturen von minus 40 Grad Celsius verweigern Maschinen gerne mal den Dienst. Darauf müssen die Konstrukteure mit spezieller Technik reagieren.
 
Wer auf einer Karibik-Kreuzfahrt die Schlittschuhe anschnallen möchte, kann das auf einer Eisbahn der Elektrizitätswerke Reutte
Bild: Royal Caribbean International

Dabei etwas zu bauen, das die meisten Menschen mit Füßen treten, ist für die EWR ein vergleichsweise kleines, aber einträgliches Geschäft. Die Tochter AST steuerte zuletzt 16 Mio. Euro zum Jahresumsatz des Konzerns bei. Sie zählt damit weltweit zu den Top 5 der Eisbahnbauer. Bei der Eishockey-Weltmeisterschaft in Deutschland 2010 lieferte AST Eis und Technik für das Auftaktspiel auf Schalke, das die Auswahl des gastgebenden Deutsche Eishockey-Bund (DEB) und der USA vor der damaligen Rekordkulisse von über 77.000 Menschen austrugen.

"Wenn jemand etwas anderes braucht als eine 0815-Bahn, führt an uns eigentlich kein Weg vorbei", sagt Bernd Lechner. Nicht einfach Länge mal Breite, sondern verschwungene Bahnen als Skateways fragen viele Kommunen und Privatunternehmen im Winter für ihre Plätze unter freiem Himmel an. Die Möglichkeiten sind fast unbegrenzt. AST vereist Pfade und Wege, legt auch Spuren durch Parks, baut Eisflächen auf schrägem Untergrund, an Wänden oder in Steilkurven. Effiziente Technik und internetbasierte Kontrolle steuern die Kältemaschinen und verhindern damit unnötige Kälteproduktion etwa bei ausreichend "eisigen" Umgebungstemperaturen.

Auch die inzwischen ein Dutzend Eisbahnen auf den Linien der Kreuzfahrtgesellschaft Royal Caribbean International sind keine von der Stange. Hier müssen die Konstrukteure darauf reagieren, dass die Schiffe in Bewegung sind und sich auch im Inneren verwinden. "Dadurch können wir keine starren Flächen bauen, weil das Eis sonst brechen würde", sagt Bernd Lechner. Die Lösung ist elastisches Eis. Auf dem die Gäste übrigens in T-Shirts unterwegs sind, denn die Innenanlagen sind klimatisiert und die Kälte bleibt im Bodenbereich. Und dennoch weiß Lechner: "Der besondere Reiz besteht für die Menschen im Urlaub darin, in der warmen Karibik auf eine kalte Eisfläche gehen zu können."
 

Volker Stephan
© 2024 Energie & Management GmbH
Freitag, 09.04.2021, 15:09 Uhr

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