• Strom-Spot sinkt wegen mehr Windstroms um fast 40 Euro
  • Gericht bestätigt Baustopp für Gasprojekt bei Borkum
  • Düsseldorf verlängert mit Vorständin und Arbeitsdirektorin
  • Experten fordern Grundgesetz-Änderung für mehr Klimaschutz
  • Renaissance der Diesel-Busse durch knappe Kassen
  • Wer zahlt für den Netzumbau?
  • Das „Forum Systemstabilität“ nimmt die Arbeit auf
  • Elektromobilitäts-Verband trennt sich von Gründer Kurt Sigl
  • DWV legt „Fahrplan“ zum Hochlauf der H2-Wirtschaft vor
  • Insolventer deutscher PV-Vertrieb Eigensonne ist gerettet
Enerige & Management > Stadtwerke - Honig im Kopf und Popcorn in Tüten
Bild: E&M, Jonas Rosenberger
STADTWERKE:
Honig im Kopf und Popcorn in Tüten
Es gibt Geschäftsaktivitäten, die würde auf den ersten Blick niemand mit einem kommunalen Versorger in Verbindung bringen. Teil 3 unserer kleinen Reihe: die Stadtwerke Schwedt. 
 
In Schwedt an der Oder hat der Unternehmensverbund der Stadtwerke dafür gesorgt, dass das Licht im Lichtspielhaus nicht erlischt.

Strom in Kilowatt pro Stunde, Popcorn in Kilogramm pro Kunde. All dies muss ein Energieversorgungsunternehmen vorhalten. Also, ein ganz bestimmtes: Die Stadtwerke in Schwedt an der Oder betreiben das örtliche Kino. Geschäftsführer Dirk Sasson kalkuliert über den Daumen 4.000 Kilogramm Popcorn im Jahr ein, um als Kinochef die Versorgungssicherheit für die krümelnden Filmfans zu gewährleisten.

Es war nicht geplant, mit Leinwandstars wie Leonardo di Caprio Geld in die Kassen zu spülen. Vielmehr hatte die ansässige Kinokette nach zehn Jahren über Nacht das Handtuch geworfen. Zu wenig Umsatz. Für die Verantwortlichen in der Stadt – darunter Sassons Vorgänger Helmut Preuße – war es undenkbar, das Licht im Lichtspielhaus endgültig ausgehen zu lassen. Dem einzigen im Umkreis von 50 Kilometern! „Für uns ging es um einen Beitrag zur kulturellen Daseinsvorsorge“, sagt Dirk Sasson. Und darum, die jungen Generationen an den Ort im Osten Brandenburgs zu binden, der seit der Wende auf – nun stabil – 30.000 Menschen geschrumpft ist.
 
Doreen Müller, Leiterin des Filmforums der Stadtwerke Schwedt mit Lucy, dem Maskottchen der Unternehmensgruppe
Bild: Stadtwerke Schwedt

„Wir hatten null Kompetenz in Sachen Kino“, sagt Dirk Sasson. Und null Ausstattung. Aber immerhin die Expertise von drei übernommenen Fachkräften des vorigen Betreibers. Mit 0-0-3 also hinein in die Welt von 007, von James Bond oder auch von Wonder Woman. Kein Wunder – sondern das Ergebnis ausgedehnter Einkaufstouren bis in die Niederlande – war es, dass Technik, Stühle, Beleuchtung das Kino binnen Wochen wieder füllten. Weil die Stuhlreihen wie auf dem Flohmarkt zusammengekauft waren, „hatte jeder unserer vier Säle einen individuellen Duft“, so Dirk Sasson.

Bis heute gehen die Stadtwerke und Kino-Leiterin Doreen Müller mit dem „FilmforUM“ – UM für Uckermark – eigene Wege, die natürlich auch mit Blockbustern, Digitaltechnik oder 3D-Filmen gepflastert sind. Längst ist das Kino topmodern, weitere 150.000 Euro sind für neue Technik eingeplant. Das besondere Profil erhält das Kino aber durch spezielle Filmreihen (auch auf Wunsch), durch Programme für Senioren, Frauen, Kinder, durch das Übertragen von Live-Events oder als Raum für Veranstaltungen. Für all dies gibt’s fast jedes Jahr eine Auszeichnung vom Land.

Und so trägt das Kino nun im 15. Jahr zum Geschäftsergebnis der Stadtwerke bei. Wobei das mit dem Geldverdienen so eine Sache ist. „Es reicht, wenn das Kino sich selbst trägt“, sagt Dirk Sasson. Fürs Happy End eines Geschäftsjahrs sind etwa 70.000 Gäste nötig. Der Rekord in Schwedt liegt bei 81.000. Nur die lange Schließung 2020 verhinderte den Verkauf des insgesamt einemillionsten Tickets. Statistisch gesehen geht jeder Mensch aus Schwedt mehr als zweimal pro Jahr ins Filmforum, wo die Stadtwerke täglich mit Strom, Wärme und Wasser aufwarten. Aber eben auch mit Star Wars, Honig im Kopf und Popcorn in Tüten.
 

Volker Stephan
© 2024 Energie & Management GmbH
Dienstag, 13.04.2021, 08:30 Uhr

Mehr zum Thema