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Enerige & Management > Strom - Mehr Intelligenz um die Birne
Bild: Kai Eckert
STROM:
Mehr Intelligenz um die Birne
Moderne Straßenlaternen können mehr als nur stromsparend beleuchten. Sie bieten auch smarte Zusatzfunktionen.
 
Die Energiewende ist längst nicht nur eine Stromwende. Dennoch liegen im Stromsektor noch erhebliche Effizienzpotenziale − vor allem in der Straßenbeleuchtung. Der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) geht davon aus, dass die Kommunen hierzulande mit ihren etwa 9 Mio. Laternen durch umfassenden Einsatz effizienter Lichttechnik jährlich bis zu 2,2 Mrd. kWh und gleichzeitig 1,4 Mio. Tonnen CO2 einsparen könnten. Damit wären die Städte und Gemeinden auch finanziell entlastet. Denn einem Leitfaden der sächsischen Energieagentur zur Straßenbeleuchtung zufolge macht dieser Bereich immerhin noch rund 36 % des kommunalen Stromverbrauchs aus.

In Berlin wurde nun ein Schritt in Richtung mehr Effizienz gemacht und im Januar die neue Beleuchtung der Karl-Marx-Allee in Betrieb genommen. Zwischen Friedrichshain und Mitte hat der Energiedienstleister Spie insgesamt 150 Leuchten und 32 Masten mit den entsprechenden Fundamenten ersetzt. „Auf die neuen Masten haben wir 36 Leuchten montiert, die extra angefertigt wurden, um das Sechzigerjahre-Feeling der Allee wiederzubeleben“, sagt Detlef Matzke. An den angrenzenden Fußwegen wurden 28 LED-Lichtstelen installiert, so der Projektleiter aus dem Geschäftsbereich City Networks & Grids von Spie. Zum Auftrag der Kommune gehörte außerdem die Errichtung von zwei nachempfundenen Paulick-Kandelabern mit jeweils vier Leuchten, die Anfang der 1950er-Jahre eigens für die damalige Stalinallee vom Architekten Richard Paulick entworfen wurden. Insgesamt verspricht der Energiedienstleister durch die höhere Effizienz und geringere Anzahl der Leuchten einen Rückgang des Stromverbrauchs um rund 57 %.

Den Stromverbrauch um mehr als 50 % senken

Um wesentlich mehr LED-Leuchten geht es in Wülfrath bei Wuppertal. Dort hat Spie einen Betreibervertrag über 15 Jahre für 2.380 Straßenlaternen geschlossen und wird zudem 1.500 Leuchten auf LED-Technik umstellen. Die 22.000-Einwohner-Stadt wird dadurch voraussichtlich 100.000 Euro pro Jahr an Stromkosten sparen. Die CO2-Reduktion beziffert Spie mit rund 2.600 Tonnen über die Vertragslaufzeit hinweg.

Im Zuge des neuen Vertrags − Spie hatte bisher schon als Dienstleister des früheren Betreibers die Beleuchtung in Wülfrath betreut − will das Unternehmen laut Projektleiter Markus Schlick künftig auch mit den Themen Digitalisierung und Smart City punkten. In Dortmund ist es schon einen Schritt weiter. Dort werden bis 2023 gut 25.000 Lichtpunkte auf LED und eine funkbasierte Lichtsteuerung umgerüstet. Als Partner sind der lokale Energieversorger DEW 21 sowie der Leuchtenhersteller Trilux und Tvilight, ein Anbieter intelligenter Lichtsteuerung, mit im Boot. Die Überwachung des technischen Zustands, eine ereignis- und eventbezogene, gegebenenfalls auch individuelle Steuerung einzelner Lichtpunkte sowie mitlaufendes Licht gehören zum Konzept.

Damit ist das Potenzial der intelligenten Straßenlaterne in der Smart City jedoch längst nicht ausgereizt. Energieversorger entwickeln neue Geschäftsfelder mit vernetzten Laternen, sowohl mit neu konstruierten als auch mit Nachrüstungen im Bestand.

Eon hat mit den bei der früheren Innogy entwickelten „Smart Poles“ im vergangenen Jahr ein Referenzprojekt in Essen in Betrieb genommen, das 14 Multifunktionslaternen umfasst. Sie sind mit Sensorik ausgestattet, sodass sie die Belegung von insgesamt 155 Parkplätzen erfassen können. Wie es in einer Mitteilung von Eon heißt, laufen die Daten auf einer IT-Plattform zusammen und werden auf Bildschirmen an den Leuchten visualisiert. Die übrigen Geräte geben Auskunft über wichtige Themen der Stadt, dazu gehören etwa Angaben zur Luftqualität. Zum Smart-City-Paket gehören auch ein WLAN-Router, um den Bürgern Internetzugang im angrenzenden Park zu ermöglichen, und ein Notfall-Knopf, der mit dem Security Operations Center von Eon verbunden ist, das 24 Stunden besetzt ist. Fünf Laternen sind zusätzlich mit einem Ladepunkt für Elektrofahrzeuge ausgerüstet. Die Ladeleistung beträgt jeweils 22 kW. Insgesamt betreibt der Konzern nach eigenen Angaben rund 1,7 Mio. Leuchtpunkte in Deutschland, von denen mehr und mehr mit einem sogenannten E-Charger ausgerüstet werden sollen.

Fast jede zweite Großstadt testet smarte Straßenbeleuchtung

In Essen gibt es eine Smart-City-Strategie mit der Bezeichnung „connected.essen“. Vor diesem Hintergrund wertet Lars Martin Klieve, Vorstandsmitglied der Stadtwerke Essen, die intelligente Straßenbeleuchtung als „Meilenstein“.

Auch kleinere Städte lassen Multifunktionsleuchten installieren. So haben beispielsweise die Lechwerke in Donauwörth zunächst einmal drei Smart Poles errichtet. Diese sind Teil des Smart-City-Projekts „iLamp“, das den Bürgerinnen und Bürgern der 20.000-Einwohner-Stadt zusätzlich zur LED-Beleuchtung auch integrierte Stromtankstellen mit 11 kW Ladeleistung und WLAN-Zugang bieten soll.
 
Donauwörths Oberbürgermeister Jürgen Sorre (l.) und LEW-Vorstandsmitglied Markus Litpher nahmen im August 2020 die neuen smarten Straßenleuchten in Betrieb 
Bild: LEW/Z-Studio

Die Liste der Kommunen, die Energieeffizienz und die Segnungen der Digitalisierung in der öffentlichen Beleuchtung verbinden wollen, ist damit längst nicht erschöpft. In vielen Studien mit Smart-City-Rankings findet man Kommunen, die auf intelligente Licht- und Sensorikkonzepte setzen. Dazu gehört beispielsweise auch Heidelberg. In einer Studie des Digitalverbands Bitkom über die 81 deutschen Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern, die in diesem Februar veröffentlicht wurde, rangiert die Stadt in der Kategorie Energie und Umwelt auf Platz eins. Dorthin haben sie unter anderem ein Stadtentwicklungsprojekt mit Passivhäusern und deren Ausstattung mit Smart Metern gebracht sowie Pilotprojekte mit intelligenter Straßenbeleuchtung. Im Gesamtklassement steht Heidelberg auf Platz zehn. Spitzenreiter ist Hamburg, das in Sachen Intelligenz für Energie und Umwelt auf den fünften Rang kommt.
Insgesamt, so hat die Untersuchung ergeben, testete 2020 fast jede zweite Großstadt (49 %) in Deutschland intelligente Straßenbeleuchtung, die über Umwelt- oder Verkehrssen­soren, WLAN, Lademöglichkeiten für E-Autos oder adaptive Beleuchtung verfügt. Im Jahr davor hatte der Anteil lediglich bei 33 % gelegen.
 

Fritz Wilhelm
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Donnerstag, 04.03.2021, 09:00 Uhr

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