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Enerige & Management > Wasserstoff - Neuer Wettbewerb oder altes Geschäftsmodell?
Bild: iStock/Frank Harms
WASSERSTOFF:
Neuer Wettbewerb oder altes Geschäftsmodell?
Streit um die Wasserstoffwirtschaft: Soll der „Hochlauf“ der neuen Branche im Wettbewerb erfolgen oder durch eine schnelle Regulierung eingehegt werden?
 
Zu einer Diskussion darüber hatte am Dienstag, 18. Mai, die Kanzlei Becker Bückner Held (BBH) eingeladen. Der Sprecher der SPD im Europäischen Parlament, Jens Geier, machte deutlich, dass die Sozialdemokraten im schnellen Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft die Chance sehen, die deutsche Industrie in das Zeitalter der vermeintlichen Nachhaltigkeit hinüber zu retten.

Selbst „blauer“ Wasserstoff, der in der Stahlindustrie Kohlestaub als Reduktionsmittel ersetzen könne, würde die CO2-Emissionen pro Tonne Stahl um zwei Drittel reduzieren, sagte Geier. Blauer Wasserstoff wird aus Erdgas erzeugt, das CO2 aber abgetrennt und eingelagert. Die Klimalobby lehnt den blauen Wasserstoff deswegen ab; wirklich nachhaltig sei nur „grüner“ Wasserstoff, der aus erneuerbarem Strom gewonnen werde.

Neue Finanzierung für die Wasserstoffinfrastruktur

Neue Gasleitungen will die SPD allerdings nur dann fördern, wenn sie auch für den Transport von Wasserstoff eingesetzt werden könnten. Für einen schnellen „Hochlauf“ der Wasserstoffwirtschaft werden nach Ansicht des Sozialdemokraten „neue Formen der Finanzierung“ benötigt. Die Beihilferegeln der EU würden diesen Erfordernissen jedenfalls nicht mehr gerecht. Insbesondere wenn es um den Aufbau der Infrastruktur für die Herstellung und den Transport von Wasserstoff gehe, müsse auch über eine dauerhafte Förderung nachgedacht werden.

Einen Beitrag zur Finanzierung der Wasserstoff-Infrastruktur könne eine zuverlässige Zertifizierung der Herkunft von Wasserstoff leisten. Transparenz erhöhe die Sicherheit für Investoren und Verbraucher. Neue Lösungen dürften „bewährte Geschäftsmodelle“ aber nicht beschädigen, sagte Geier. „Das dient niemandem.“ Die SPD setzt beim Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur auf das Know-how der Gasnetzbetreiber. 

Bundesnetzagentur will "Quersubventionierung" verhindern

Nach Ansicht des Präsidenten der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, ist das der falsche Ansatz. Er sieht darin den Versuch einer „Quersubventionierung“ zwischen den bestehenden Gasnetzen und dem, was für die Wasserstoffwirtschaft gebraucht wird. Die Gaswirtschaft versuche damit, ihr bestehendes Leitungsmonopol zu retten und potenzielle Wettbewerber von vorneherein aus dem Wasserstoffmarkt zu verdrängen.

Homann sprach sich in der Diskussion dafür aus, den „Hochlauf“ der neuen Branche weitgehend dem Markt zu überlassen und Alternativen nicht zu ignorieren. So sei gar nicht sicher, ob es sinnvoll sei, Wasserstoff auch im Wärmemarkt einzusetzen. Viel spreche dafür, dass seine Vorteile vor allem als Grundstoff für die Industrie zum Tragen kämen. Eine finanzielle Beteiligung der privaten Erdgasverbraucher am Aufbau einer Wasserstoff- Infrastruktur, die vor allem der Industrie zugutekomme, sei aber nicht gerechtfertigt.

Anbieter und Verbraucher zusammenbringen

In der „Hochlaufphase“ kommt es nach Ansicht Homanns darauf an, Anbieter und Verbraucher von Wasserstoff zusammenzubringen. Erst danach sollte man darüber nachdenken, wie man dieses Geschäft regulieren könne. Eine schnelle Übernahme der Regulierung aus dem Erdgasmarkt, insbesondere eine gemeinsame Erlösobergrenze, lehnt der Chef der deutschen Regulierungsbehörde ab. Der Wasserstoffmarkt dürfe nicht durch eine frühe Regulierung „erdrückt“ werden.

Längerfristig müssten das Erdgas- und das Wasserstoffnetz getrennt reguliert werden. So sei absehbar, dass die Gasverteilnetze auf die Dauer nicht mehr überall gebraucht würden, weil die Umstellung vieler privater Haushalte auf die Verwendung von Wasserstoff unwirtschaftlich sei.

Auch in der Netzplanung will der Präsident der Bundesnetzagentur nichts überstürzen. Sie sei erst möglich, wenn man wisse, wo der Wasserstoff herkomme und wo er verwendet werde. Vorrangig müssten die industriellen Zentren versorgt werden, auch mit blauem Wasserstoff und mit Importen. Wenn es um die Herstellung von grünem Wasserstoff gehe, gebe es einen Streit darüber, ob dafür der Norden geeigneter wäre, weil er über ein großes Windkraftpotenzial verfügt, oder der Süden, wo die industriellen Verbraucher angesiedelt sind.
 

Tom Weingärtner
© 2024 Energie & Management GmbH
Dienstag, 18.05.2021, 14:21 Uhr

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