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Enerige & Management > Österreich - Verteilnetzbetreiber sollen ohne Nachteile investieren können
Quelle: Fotolia / YuI
ÖSTERREICH:
Verteilnetzbetreiber sollen ohne Nachteile investieren können
Laut den österreichischen Verteilnetzgesellschaften sollen Investitionen bei der Beurteilung ihrer Effizienz nicht mehr berücksichtigt werden. Der Regulator scheint gesprächsbereit.
 
Österreichs Regulierungsbehörde E-Control und die Betreiber der Verteilnetze für Strom verhandeln über die Neugestaltung des sogenannten Benchmarkings, eines wesentlichen Faktors bei der Festlegung der Netztarife. Das berichtete Manfred Hofer, der Geschäftsführer der Netz Oberösterreich GmbH, bei der Energiekonferenz Epcon am 18. April in Wien.

Im Zuge des Benchmarkings beurteilt die E-Control die Verteilnetzgesellschaften hinsichtlich der Effizienz ihrer Geschäftstätigkeit. Das nach dieser Prämisse effizienteste Unternehmen wird als zu 100 Prozent effizient eingestuft. Die weniger effizienten Unternehmen müssen im Verlauf der nächsten, auch in Österreich fünf Jahre dauernden Regulierungsperiode zum „Führenden“ aufschließen. Um ihnen dazu einen finanziellen Ansporn zu geben, erteilt ihnen die E-Control einen Abschlag auf die individuelle Verzinsung der Kapitalkosten für ihre Investitionen.

Laut Hofer gibt es dabei folgendes Problem: Die Investitionen, gerade auch jene in den Ausbau und in die Ertüchtigung der Netze, verringern, da sie ja Kosten sind, die Effizienz der Unternehmen. Auch wenn ein Netzbetreiber seine operative Leistungsfähigkeit steigert, kann es daher sein, dass er im Benchmarking vergleichsweise schlecht abschneidet und somit finanzielle Nachteile erleidet.

Dies wird seitens der Unternehmen als ungerecht und widersinning empfunden, umso mehr, als in den kommenden Jahren und Jahrzehnten erhebliche Investitionen in die Netze notwendig sind. Anders lässt sich der geplante massive Ökostrom-Ausbau netzseitig nicht bewältigen.

Wie Hofer der Redaktion erläuterte, steht daher im Raum, die Investitionen der Netzbetreiber in ihre Infrastrukturen bei den künftigen Benchmarkings nicht mehr zu berücksichtigen. Die E-Control habe zumindest grundsätzlich Verständnis für dieses Anliegen und nehme eine konstruktive Haltung ein. Auch ihr sei offenbar klar, „dass das Benchmarkingsystem investitionsfreundlicher werden muss.“

Ein „Expertenrat für Netzausbau“

Die im Zuge der Energiewende nötigen Investitionen der österreichischen Verteilnetzbetreiber bezifferte Hofer bei der Epcon mit 24,2 Milliarden Euro bis 2030. Von da an will Österreich bekanntlich seinen Strombedarf bilanziell vollständig mit erneuerbaren Energien decken. Bis 2040, dem Jahr, in dem die Republik klimaneutral werden soll, müssen die Verteilnetzgesellschaften sogar 44,4 Milliarden Euro in ihre Leitungssysteme investieren.

Nicht berücksichtigt sind in diesen Zahlen mutmaßliche zusätzliche Aufwendungen für netzseitige Maßnahmen im Zusammenhang mit der „Dekarbonisierung“ des Schwerverkehrs, dem Aufbau von „allgemeiner E-Ladestrukturen“, etwa bei Supermärkten und Autobahn-Raststationen, sowie der Dekarbonisierung von Industrie und Gewerbe.

Dringend notwendig wäre laut Hofer ein schnellerer Netzausbau. Als diesbezüglich hilfreich erweisen könnte sich ihm zufolge die Einrichtung eines „unabhängigen Expertenrates“. Dieser sollte „Prioritäten für den Netzausbau festlegen“, teilte Hofer der Redaktion auf Anfrage mit. Angehören sollten dem Expertenrat Vertreter der Wirtschaft sowie der Stromkunden, der Interessenverbände der Energiebranche sowie einschlägig ausgerichteter Forschungseinrichtungen. Freilich lasse sich parteipolitisch motiviertes Lobbying nie vermeiden: „Aber ein hochrangig besetzter Expertenrat sollte zumindest eine gewisse Faktenbasis außer Streit stellen und damit die Debatten über den Netzausbau versachlichen können.“

„EABG muss Fahrt aufnehmen“

Von einer weitgehend unumstrittenen Faktenbasis ausgehend, sollten sich Hofer zufolge Gesetzesvorhaben leichter umsetzen lassen, die dem Ausbau der Infrastruktur für die Energiewende förderlich wären. Einmal mehr verwies Hofer in diesem Zusammenhang auf das von der Bundesregierung aus Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und Grünen schon Anfang 2023 angekündigte „Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz“ (EABG). Er forderte: „Das EABG muss endlich Fahrt aufnehmen.“

Wie berichtet, herrscht unter Energiewirtschaftlern und Energiepolitikern diesbezüglich jedoch Skepsis. Der Tenor: Weil das EABG in die Kompetenzen der Bundesländer eingreife, insbesondere in jene bezüglich der Raumordnung, sei mit deren Zustimmung nicht zu rechnen. Das gelte zumal angesichts der spätestens Ende September anstehenden Neuwahl des Bundesparlaments. Einige Länder hatten wie berichtet mit Verfassungsklage gedroht.
 

Klaus Fischer
© 2024 Energie & Management GmbH
Donnerstag, 18.04.2024, 15:48 Uhr

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