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Enerige & Management > Politik - Nachhaltigkeitsratings sollen transparenter werden
Quelle: iStock
POLITIK:
Nachhaltigkeitsratings sollen transparenter werden
Die EU-Kommission will die Zertifikate für nachhaltiges und sozial verträgliches Wirtschaften vereinheitlichen und zuverlässiger machen.
 
Immer mehr Anleger interessieren sich dafür, ob die Unternehmen, deren Aktien oder Anleihen sie erwerben, nachhaltig produzieren. Informationen darüber stellen viele Firmen in Form sogenannter ESG-Angaben bereit: Abkürzung für „ökologisch, sozial und gute Unternehmensführung“.

Ob eine Firma den ESG-Kriterien entspricht wird von Ratingagenturen, Fondsgesellschaften oder NGO's ermittelt. Weil die Nachfrage nach Anlagen mit guten ESG-Werten steigt, boomt auch das Geschäft mit ESG-Daten, für die es allerdings keine einheitlichen Standards gibt: was nachhaltig ist, bestimmt, wer die Daten erhebt oder das Rating vornimmt. Nicht immer erfolgt die Bewertung uneigennützig: Fondsgesellschaften etwa sind kaum geneigt, Anlagen im eigenen Portefeuille als „nicht nachhaltig“ zu diskreditieren. Ratingagenturen fertigen die ESG-Bilanz nicht selten für die eigenen Kunden an. Und NGO's verfolgen eigene Ziele, wenn sie ihr Urteil über Firmen fällen.

Dem will die Kommission jetzt ein Ende machen. ESG-Ratings sollen transparenter, nachvollziehbarer und vor allem unabhängiger werden. Bei der Erhebung und Verarbeitung der entsprechenden Daten müssten Interessenkonflikte vermieden werden, sagt die zuständige Kommissarin, Mairaed McGuinness. In Brüssel geht man davon aus, dass der Markt für ESG-Ratings in den nächsten Jahren stark wachsen wird und man hofft, dass die Anleger ihr Geld vor allem dort investieren, wo es einen Beitrag zur Umsetzung der europäischen Klimaziele leistet. Das ist derzeit nicht immer der Fall. Was nachhaltig ist, kann jeder selbst entscheiden.

Methoden der Agenturen offenlegen

Bislang sind vor allem die Ratingagenturen in diesem Geschäft tätig. Sie wissen am besten, wie nachhaltig oder sozial es in einem Unternehmen zugeht. Sie werden aber auch von diesen Unternehmen, deren Bücher sie prüfen, bezahlt und sind deswegen nicht motiviert, ihre Kunden besonders kritisch unter die Lupe zu nehmen. Die Anbieter von ESG-Ratings sollen deswegen in Zukunft nachweisen, dass sie unabhängig von wirtschaftlichen und politischen Interessen arbeiten. Außerdem sollen sie die Methoden offenlegen, nach denen sie ihre Ratings anfertigen.

Anbieter von ESG-Ratings würden nach den Vorstellungen der Kommission in Zukunft eine Lizenz der europäischen Börsenaufsicht ESM benötigen. Die ESM würde die Qualität und Zuverlässigkeit der ESG-Zertifikate laufend überprüfen. Dabei müssten die Anbieter nachweisen, dass es keine Interessenkonflikte gibt. Und sie müssten sich verpflichten, weder die Unternehmen, die sie beurteilen, noch potentielle Investoren zu beraten. Sie dürfen keine Kreditratings erstellen und nicht im normalen Geschäft der Rechnungsprüfung tätig sein. Außerdem müssen die ESG-Ratings nach einheitlichen, internationalen Standards angefertigt werden.

Damit soll eine bestimmte Qualität garantiert und sichergsetllt werden, dass Investoren zwischen nachhaltigen und nachhaltigeren Anlagen unterscheiden können. Die Unternehmen müssen Investoren, Gläubiger oder die Öffentlichkeit nach diesen „Nachhaltigkeits-Standards“ informieren. Die können dann zum Beispiel sagen, ob ein Unternehmen in einer bestimmten Branche „Klassenbester“ bei der Nachhaltigkeit ist oder nur Durchschnitt.

Die neuen Regeln würden Investoren in die Lage versetzen, genauer zu unterscheiden, welche Anlagen wirklich nachhaltig seien und welche nicht, sagt die Kommissarin. Dementsprechend könnten sie sicherer sein, ihr Geld richtig anzulegen und sie könnten die mit ihren Investitionen verbundenen Risiken besser bewerten und managen.

EVP: Nicht mit Verboten arbeiten

Kritik am Vorgehen der Kommission kommt von der Europäischen Volkspartei. Einen gesetzlichen Rahmen für die ESG-Ratings hält Markus Ferber (CSU) zwar grundsätzlich für richtig. Wenn die Rechnungsprüfer und Ratingagenturen aus diesem Geschäft verdrängt würden, ginge jedoch eine Menge Know-How verloren: „Wenn wir einen Markt für ESG-Ratings aufbauen wollen, dürfen wir nicht nur mit Verboten arbeiten.“ Es sei absurd und kontraproduktiv, wenn die Firmen, „die heute das größte Know-How bei ESG-Ratings besitzen, künftig womöglich keine Ratings mehr anbieten dürfen“. Im Ergebnis werde die „Verfügbarkeit von ESG-Ratings in Europa überschaubar sein“. Der Vorschlag der Kommission muss jetzt vom Europäischen Parlament und vom Ministerrat beraten werden.
 

Tom Weingärtner
© 2024 Energie & Management GmbH
Dienstag, 13.06.2023, 16:42 Uhr

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