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Enerige & Management > Studien - Sozialverträgliche Wärmewende mit CO2-Preis bis zu 400 Euro
Quelle: alphaspirit / Fotolia
STUDIEN:
Sozialverträgliche Wärmewende mit CO2-Preis bis zu 400 Euro
Deutlich höhere CO2-Bepreisung kombiniert mit Kompensationszahlungen − so ließe sich nach einer neuen Studie eine „sozial ausbalancierte“ Wärmewende in Haushalten anstoßen.
 
Das Berliner Klimaforschungsinstitut MCC hat jetzt in Modellrechnungen CO2-Preise angesetzt, an denen „die Wucht der nötigen Veränderungen“ in deutschen Heizungskellern erkennbar wird. Sollen die EU-Klimaziele erreicht werden und sinken die CO2-Emissionen nicht nennenswert durch andere Maßnahmen, sehen die Experten den CO2-Preis im Jahr 2030 bei 275 Euro je Tonne, zehn Jahre danach bei 400 Euro.

Modelliert haben sie zudem Optionen für Rückverteilung des Geldes an Haushalte. Die Ergebnisse finden sich einer 33 Seiten langen Studie, sie trägt den Titel: „Systematische Verteilungsanalyse zur Wärmewende: Welche Haushalte tragen die Kosten und wie kann die Entlastung aussehen?“

„Im Kern schlagen wir vor, die aktuellen Regulierungsvorschläge im Wärmesektor einzubetten in eine deutlich höhere CO₂-Bepreisung als geplant und dabei die Haushalte zu kompensieren“, sagt Max Kellner. Die Kompensation, so der MCC-Wissenschaftler, ebne der „CO2-Bepreisung als Leitinstrument“ den Weg. Ihm und seine Kollegen schwebt eine „starke Regulierung“ der Neuanschaffung fossiler Heizungen vor, um „Haushalte vor Fehlinvestitionen zu schützen“.

Durchschnittliche Kostenbelastung von 13.400 Euro

Die Studie zeichnet ein Bild der Belastung je nach „Wohnsituation“. Anders als das oft der Fall ist, sind darin nicht Beispielhaushalte wiedergegeben, sondern „systematisch identifizierte, stark belastete Gruppen“. Rund 77 Prozent der Bevölkerung − Haushalte mit Ölheizung, Gastherme oder teilweise Fernwärme sind laut MCC direkt von der Bepreisung nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) und EU-Emissionshandelssystem (ETS II) betroffen. Deren Belastung bis zum Jahr 2045 beziffern die Studienautoren durchschnittlich auf 13.400 Euro, das entspreche 2,1 Prozent der aggregierten Konsumausgaben.

Soziale Härtefälle sehen die Modellierer „vor allem bei bei niedrigen und mittleren Ein-kommen − unabhängig von der Beschäftigungssituation oder der Wohnregion“. Sie verweisen auf das Kohlendioxidkostenaufteilungsgesetz (CO2KostAufG), wonach Mieterinnen und Mieter besonders in Gebäuden mit schlechter Energiebilanz entlastet werden können. „Für einen Großteil der Haushalte entsteht somit auch bei hohen CO2-Preisen eine eher geringe direkte Belastung durch die Bepreisung von Wärme“, schreiben sie. Wenn Vermieter ihren Anteil der Kosten auf die Miete abwälzten, steige die Belastung mittelfristig jedoch wieder und gleiche sich der von Eigentümern an.  
Gesamtbelastung durch CO2-Bepreisung 2023 bis 2045
  Relativ zum Konsum Absolut Anteil an der Bevölkerung
Alle betroffenen Haushalte 2,1 Prozent 13.400 Euro 77 Prozent
Mieter, Zwei- oder Mehrzimmerwohnung
(über 67 m² Wohnfläche), unterste Einkommen (bis 15. Perzentil)
2,2 Prozent 5.950 Euro 1,0 Prozent
Eigentümer, Reihenhaus oder Wohnung mit Ölheizung, untere/ mittlere Einkommen (bis 65. Perzentil) 4,0 Prozent 19.950 Euro 1,7 Prozent
Eigentümer, Ein- oder Zweifamilienhaus, mittlere
Einkommen (45. bis 65. Perzentil)
3,9 Prozent 24.300 Euro 4,9 Prozent
Eigentümer, Ein- oder Zweifamilienhaus, untere
Einkommen (bis 45. Perzentil)
4,9 Prozent 22.400 Euro 2,8 Prozent
Systematisch identifizierte, besonders belastete Haushaltsgruppen durch Nutzung von Ölheizung, Gastherme oder Fernwärme im BEHG/EU-ETS II
Quelle: MCC


Als Vorteil der CO2-Preisung im Vergleich zu anderen „Klimaschutz-Instrumenten“ hebt das MCC hervor, dass die Einnahmen an Haushalte rückverteilt werden können. Das sogenannte Klimageld könne zielführend sein, wenn vor allem Entlastung von Menschen mit geringem Einkommen angestrebt werde. In ihrem Szenario kommen die Autoren auf einen Betrag von 2.000 Euro pro Person im Zeitraum von 2023 bis 2045 allein für den Wärmesektor.

Bedarfsorientierte Transfers statt Klimageld

Alternativ, so ihr Vorschlag, könnten am Bedarf orientierte Transfers in Erwägung gezogen werden, etwa eine auf auf dem Heizungstyp basierte Auszahlung. Im Fall von Gasthermen errechneten die Studienautoren eine Entlastung in Höhe von 6.360 Euro je Haushalt, bei Ölheizungen 9.540 Euro. Am Bedarf orientierte Zahlungen würden die Heterogenität zwischen unterschiedlich stark belasteten Haushalten stärker reduzieren, seien sind jedoch auch einem höheren administrativen Aufwand verbunden. Für Härtefälle schlagen die Studienautoren gezielte Förderprogramme vor.

Um die Übergangsphase bis zur Etablierung hoher CO2-Preise zu überbrücken, seien ordnungsrechtliche Eingriffe nötig, so das MCC. „Auch wenn man nicht ganz ohne ordnungsrechtliche Vorgaben auskommen wird: Das Leitinstrument muss auch hier die CO₂-Bepreisung sein“, sagt Institutsdirektor Ottmar Edenhofer.

Das Klimaforschungsinstitut MCC stellt die Studie auf seiner Website kostenfrei als Download bereit: "Systematische Verteilungsanalyse zur Wärmewende "
 

Manfred Fischer
© 2024 Energie & Management GmbH
Montag, 26.06.2023, 14:57 Uhr

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