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Enerige & Management > Österreich - Zweidrittelmehrheiten: Sozialdemokraten beenden "Blockade"
Quelle: Pixabay / Jürgen Sieber
ÖSTERREICH:
Zweidrittelmehrheiten: Sozialdemokraten beenden "Blockade"
Laut dem neuen geschäftsführenden Klubobmann im österreichischen Parlament, Philip Kucher, wird seine Partei „gute Gesetze“ nicht zuletzt im Energiesektor nun wieder unterstützen.
 
Die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) wird den Beschluss von Gesetzen mit Zweidrittelmehrheit im Bundesparlament ab sofort wieder ermöglichen. Die Mitte Mai ausgerufene generelle „Blockade“ von Gesetzesinitiativen der Bundesregierung ist beendet, bestätigte der neue geschäftsführende Klubobmann der SPÖ im Parlament, Philip Kucher, am 15. Juni im österreichischen Fernsehen.

„Wenn es gute Gesetze gibt, die dem Land nützen, die den Menschen nützen, die dem Planeten nützen, dann werden wir dabei sein“, konstatierte Kucher. Als Beispiel nannte Kucher das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG). Dieses liegt im Parlament seit Monaten auf Eis – dem Vernehmen nach nicht zuletzt, weil in der Koalition aus den Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und den Grünen noch Abstimmungsbedarf besteht. Kucher erklärte, wenn die Regierung einen Vorschlag auf den Tisch lege, „der wirklich Verbesserungen für die Menschen bringt, sind wir dabei.“ Solange allerdings das Risiko bestehe, dass die Mieter die Kosten für den Ersatz von Öl- und Gasheizungen durch klimaneutrale Heizsysteme tragen müssten, „kann das natürlich kein Zugang sein, den die SPÖ unterstützt.“

Ein zügiger Beschluss des EWG wäre nicht zuletzt aus Sicht der Stadt Wien wünschenswert, wo die Sozialdemokraten gemeinsam mit den liberalen Neos regieren. Der stadteigene Energieversorger Wien Energie plant, die Fernwärme massiv zu forcieren. Mit dem EWG würde dies nach Ansicht der Wien Energie erheblich erleichtert. Entsprechend erfreut über die Ankündigung Kuchers zeigte sich der für Klimapolitik zuständige Stadtrat Jürgen Czernohorsky (SPÖ): „Unser Plan, Wiens Gebäude klimaneutral zu machen, liegt seit Anfang des Jahres vor. Jetzt geht es darum, in die Gänge zu kommen.“ Die Bundesregierung müsse nun mit den Sozialdemokraten „rasch an einer sozial vertretbaren Lösung arbeiten, die im Sinne aller Wienerinnen und Wiener ist.“

„Notmaßnahme“ der SPÖ

Kucher bezeichnete den seinerzeitigen Beschluss der vormaligen SPÖ-Parteiführung, sämtliche Gesetzesinitiativen der Bundesregierung anzulehnen, als „Notmaßnahme.“ Den Sozialdemokraten sei es darum gegangen, die Regierung zu wirksamen Maßnahmen gegen die Teuerung zu veranlassen. Indirekt räumte Kucher ein, dass diese Taktik scheiterte: Insbesondere die ÖVP „hat sich hinter unserer Ansage versteckt.“ Ferner sei es der Koalition gelungen, ein wichtiges energiepolitisches Gesetz, das Energieeffizienzgesetz, ohne Zweidrittelmehrheit zu beschließen – wenn auch in einer Variante, die keine Verpflichtungen für die Bundesländer enthält und daher als weitgehend substanzlos gilt. Nun, da die Sozialdemokraten wieder offiziell verhandlungsbereit sind, gibt es für die Regierung laut Kucher keine Ausflüchte mehr: „Sie wird jetzt einsehen müssen, dass sie sich nicht verstecken kann.“

Zersplitterte Kompetenzen

Der Hintergrund ist: Hinsichtlich etlicher energiewirtschaftlicher sowie energiepolitischer Themen sind die Kompetenzen zwischen dem Bund und den Ländern zersplittert. Aus diesem Grund muss in vielen Gesetzen eine Kompetenzdeckungsklausel vorgesehen werden, um dem Bund die Regelung des jeweiligen Sachverhalts zu ermöglichen. In diesen Fällen ist für den Beschluss des Gesetzes eine Zweidrittelmehrheit nötig. Außer dem Sozialdemokraten könnten die rechtsgerichteten Freiheitlichen (FPÖ) der Regierung Zweidrittelmehrheiten verschaffen. Sie lehnen deren Klima- und Energiepolitik aber grundsätzlich ab. Vor allem Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) wird von ihnen stets scharf kritisiert. Deshalb ist die Regierung auf die Zustimmung der Sozialdemokraten angewiesen, wenn sie in Länderkompetenzen eingreifen will.

Lob von den Umweltschützern

Lob für die Ankündigung Kuchers kam von der Umweltorganisation Global 2000, deren Geschäftsführerin Energieministerin Gewessler vormals gewesen war. „Wir begrüßen den wichtigen Schritt der SPÖ in Richtung Zukunft. Jetzt liegt es an allen politischen Kräften, konstruktiv tragfähige Lösungen auszuarbeiten und Österreich insgesamt in eine positive, klimafreundliche Zukunft zu führen“, hieß es in einer Mitteilung.
 

Klaus Fischer
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Freitag, 16.06.2023, 14:55 Uhr

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