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Enerige & Management > Österreich - Wettbewerb 2022 zum Erliegen gekommen
Quelle: Pixabay / slon_pics
ÖSTERREICH:
Wettbewerb 2022 zum Erliegen gekommen
Der erste Bericht der Taskforce Strom Gas der E-Control und der Bundeswettbewerbsbehörde zeigt Verbesserungsbedarf, aber kein eindeutig rechtswidriges Verhalten der Energieversorger.
 
Bis zum 31. Juli können Energieversorger, sonstige Marktteilnehmer sowie Kunden zum ersten Bericht der sogenannten "Taskforce Strom Gas" der Regulierungsbehörde E-Control sowie der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) Stellung nehmen. Seine Kernbotschaft: Es gibt mancherlei Bedarf zur Verbesserung. Eindeutig rechtswidriges Verhalten von Strom- und Gasanbietern zeigte sich indessen nicht.

Den Bericht präsentierten E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch und BWB-Generaldirektorin Natalie Harsdorf-Borsch am 27. Juli in Wien. Ihnen zufolge kam der Wettbewerb auf dem österreichischen Strom- und Gasmarkt im vergangenen Jahr faktisch "zum Erliegen". Auf die massiven Anstiege der Großhandelspreise für Strom und Gas regierten die Versorger im Wesentlichen mit vier Maßnahmen: Sie kündigten Kundenverträge "in größerem Ausmaß", zogen sich auf ihre angestammten Versorgungsgebiete zurück, legten keine bundesweiten Angebote für Neukunden mehr auf oder beendeten ihre Tätigkeit in Österreich völlig.

Den Lieferanten zu wechseln, war somit kaum noch möglich, und wenn, dann zu ungünstigen Konditionen. Urbantschitsch zufolge wurden in vereinzelten Fällen wahre "Mondpreise" angeboten. Ein Versorger etwa offerierte um Oktober 2022 Neukunden Strom um 99,99 Cent/kWh. Betroffen von dieser Entwicklung waren nicht zuletzt Kunden, die infolge des Rückzugs von Anbietern vom österreichischen Markt neue Lieferanten benötigten. "Knapp 17 Prozent der Wechsel von Gashaushalten und knapp 23 Prozent von Stromhaushalten konnten auf Marktaustritte zurückgeführt werden", heißt es in dem Bericht.

Wegen der Austritte erhöhte sich teilweise auch die Marktkonzentration. In Vorarlberg etwa erreichte die diesbezügliche Maßzahl einen dimensionslosen Wert von 9.741, bei 10.000 wäre ein Monopol gegeben.

Überproportionale Erhöhungen

Die Preise für Bestandskunden erhöhten die Strom- und Gaslieferanten zumindest "weitgehend" im Einklang mit den Entwicklungen im Großhandel, jene für Neukunden dagegen bisweilen "überproportional". Diese Situation bleibt auch angesichts der tendenziell wieder sinkenden Großhandelspreisen zumindest bei den angestammten Versorgern erhalten: Sie senken die Preise für Bestandskunden im Einklang mit der Marktentwicklung, jene der Neukunden hingegen deutlich weniger stark.

"Es stellt sich die Frage, ob durch die hohen Preise für Neukunden günstigere Tarife für Bestandskunden quersubventioniert werden", konstatieren die E-Control und die BWB: "Die Taskforce wird hier ein Monitoring vornehmen." Unter die Lupe nehmen wird die Taskforce auch regionale Ungleichbehandlungen: Für Kunden außerhalb des angestammten Versorgungsgebiets erhöhten manche Lieferanten die Preise stärker als jene im "Heimmarkt2. Auffallend war der Taskforce zufolge ferner eine gewisse zeitliche Nähe zwischen manchen Preiserhöhungen und der Einführung des staatlichen Stromkostenzuschusses am 1. Dezember 2022.

Überdies bemängelt die Taskforce "Unklarheiten bei Preisanpassungsklauseln". Häufig wurden Preisveränderungen an die Entwicklung von Indizes gekoppelt, die ihrerseits mehr oder weniger von den Börsenpreisen abhingen. Dies könnte nach Ansicht der Taskforce "zu überdurchschnittlichen Steigerungen bei Lieferantenmargen geführt haben". Allerdings räumen die E-Control und die BWB ein, sei es keineswegs immer klar, wie die Stromversorger die Preise auf rechtlich einwandfreie Weise ändern können. "Klare gesetzliche Vorgaben, die das Prozedere für Preisänderungen von Energielieferverträgen vorgeben, könnten hier Klarheit schaffen. Sie würden im besten Fall nicht nur zu Rechtssicherheit für alle Beteiligten führen, sondern vor allem auch dazu beitragen, unerwünschte Effekte wie Massenkündigungen oder quasi automatisiert gekoppelte Erhöhung von Margen zu vermeiden", heißt es in dem Bericht. Auf Nachfrage der Redaktion konstatierte Urbantschitsch, einen rechtlichen Sanierungsvorschlag habe er leider auch nicht zur Hand.

Als verbesserungswürdig erachten die beiden Behörden nach wie vor die Transparenz des Marktes. Abgesehen von Unklarheiten bei den Preisanpassungen betrifft dies unter anderem die Teilbetragsvorschreibungen und die Bestimmungen zur Grundversorgung. "Umso wichtiger ist es, dass die Energieunternehmen ihre Kundenkommunikation auf allen Ebenen verbessern, vor allem auch, indem sie ihre Kommunikation mithilfe digitaler Lösungen individualisieren und so Kunden bedarfsgerecht ansprechen", heißt es in dem Bericht.

Unterdessen richtete die BWB umfassende Auskunftsbegehren an die meisten etablierten Versorger von der Illwerke-VKW AG im Westen Österreichs über den größten Stromkonzern Verbund bis zur Burgenland Energie im Osten des Bundesgebiets. Unter anderem geht es ihr um die Beschaffungsstrategien, das Angebotsverhalten, die Preisgleitklauseln und die Weiterhabe von Preisentwicklungen im Großhandel.

Der Bericht "Unsere Energie fokussiert auf mehr Transparenz"  steht auf der Internetseite der E-Control zum Download bereit.
 

Klaus Fischer
© 2024 Energie & Management GmbH
Dienstag, 27.06.2023, 15:55 Uhr

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