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Enerige & Management > F&E - Die Kehrseite der LNG-Importe
Quelle: Shutterstock / Wojciech Wrzesien
F&E:
Die Kehrseite der LNG-Importe
Verflüssigtes Erdgas ist durch seine Vorkette klimaschädlicher als gasförmiges Erdgas. Das erklärt das Ifeu-Institut in einer Studie und nennt aktuelle Zahlen, Ursache und Lösung.
 
Im Auftrag der Wissenschaftsplattform Klimaschutz untersuchte das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg gGmbH (Ifeu) die Treibhausgas-Emissionen, die mit dem Import von Flüssigerdgas (Liquified Natural Gas, LNG) nach Deutschland einhergehen, bevor es verfeuert wird. Die Wissenschaftler werteten dazu die Emissionswerte für die wichtigsten künftig infrage kommenden Lieferländer aus. Sie nutzten dazu technologische Kenndaten, bestehende Emissionsinventare und Ergebnisse aktueller Messkampagnen. Die Analyse umfasste alle Prozessschritte von der Erdgasförderung über die Aufarbeitung, Verflüssigung und Transport bis zur Anlandung und Regasifizierung in Deutschland. 

Der nun veröffentlichte Bericht zeige, hieß es vom Ifeu, dass es besonders die bislang unzureichend berücksichtigten Methanemissionen sind, die das LNG vergleichsweise klimaschädlich machen. Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas, das bei der Förderung und dem Transport von LNG freigesetzt wird. 

Beim Methanschlupf handelt es sich nicht um eine grundlegend neue Erkenntnis, wie Studienleiter Daniel Münter kommentiert: "Die Vorkette − also Förderung, Aufbereitung und Transport − sind schon immer Teil der Umweltwirkung von Erdgas gewesen. Beim LNG schneidet dieser Abschnitt aber deutlich schlechter ab als bei Pipelinegas aus vielen anderen Ländern."
 
Ifeu-Studie "Analyse der Treibhausgasintensitäten von LNG-Importen nach Deutschland"
(zum Download bitte auf das PDF klicken)
 Quelle: Ifeu

In Zahlen ausgedrückt, heißt das: Die CO2-Emissionen beim Verbrennen von Gas – etwa in Kraftwerken oder Heizungen – liegen bei etwa 56 Gramm CO2-Äquivalenten je Megajoule (gCO2e/MJ). In der Vorkette von LNG entstehen noch einmal bis zu 50 Prozent Emissionen zusätzlich:
  • Bei Erdgas aus Algerien, das als LNG in Deutschland angeliefert werden könnte, liegen die zusätzlichen Emissionen der Vorkette bei rund 27 gCO2e/MJ.
  • LNG aus den USA hat laut den Ifeu-Analysen eine Vorkettenlast von rund 23 gCO2e/MJ und
  • Katar von knapp 18 gCO2e/MJ.
Zum Vergleich: Die Vorkette für Pipelinegas aus Norwegen liegt bei nur etwa 3 gCO2e/MJ.

Qualität und Ausrüstung der Produktionsländer sind entscheidend

Laut den Forschenden entweicht das Gros der Emissionen bei der eigentlichen Produktion, also der Förderung und Aufbereitung (upstream). Während dieser Ausstoß von Klimagasen in Algerien bei über 19 gCO2e/MJ liegt, beträgt der Wert für die Erdgasproduktion in Katar nur 7 gCO2e/MJ. Die Emissionen der Vorkette sind in dem viel näher gelegenen Algerien also etwa zweieinhalbmal so hoch.

Münter: "Alter und Qualität der Ausrüstung in den Produktionsländern spielen eine enorme Rolle für den Klimaschutz." So entweiche in allen Förderländern in der Produktion Erdgas aus undichten Leitungen und Anlagen. Es gelte die Faustregel: Je älter die Fördertechnik und je lückenhafter die Kontrolle durch die Behörden, desto mehr Erdgas wird wahrscheinlich freigesetzt. Hinzu komme, dass immer wieder absichtlich Gas abgelassen wird, wenn Ausrüstung oder Bohrlöcher gewartet werden.

Eine Sonderstellung nähmen die USA ein. Da dort überwiegend "unkonventionelles" Erdgas gewonnen werde (Fracking), sei die Zahl der Bohrlöcher und damit auch die potenziell undichten Anlagen viel höher als etwa in Katar. Die zusätzlichen klimarelevanten Emissionen durch die Verflüssigung vor Ort und Regasifizierung in Deutschland seien dagegen für alle Länder ähnlich − zwischen 6,3 und 8 gCO2e/MJ. Eine untergeordnete Rolle komme im Vergleich dazu dem Transport von der Produktionsstätte zum Verladehafen zu (0,1 bis 1 gCO2e/MJ).

Eine mögliche Lösung

Die Wissenschaftler des Ifeu betonen: Aufgrund der Verflüssigung und des Transports würde LNG auch im besten Fall eine schlechtere Klimabilanz aufweisen als Erdgas, das in Europa produziert wird. Doch zumindest die Methanemissionen wären weitgehend vermeidbar. Nach Ansicht der Forschenden könnten die Förderländer die Investitionen in eine bessere Technik sogar schnell wieder einspielen, da sie weniger Erdgas verlieren und in der Folge mehr Erdgas verkaufen könnten.

In einer "Methanstrategie" erarbeite die EU zwar inzwischen technische Regeln für die Gasförderung innerhalb Europas. "Der Löwenanteil der Methanemissionen des von uns genutzten Erdgases entsteht jedoch außerhalb Europas, und da ist die EU gerade in der jetzigen Importabhängigkeit noch sehr zaghaft", so Münter. 

Die Studie "Analyse der Treibhausgasintensitäten von LNG-Importen nach Deutschland"  steht auf der Internetseite des Ifeu zum Download bereit.
 

Davina Spohn
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Donnerstag, 29.06.2023, 14:22 Uhr

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