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Enerige & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Brenner für Flexibilität und Versorgungssicherheit
Quelle: E&M
AUS DER AKTUELLEN ZEITUNG:
Brenner für Flexibilität und Versorgungssicherheit
Bi-Fuel-Brenner, die zwei oder mehrere Brennstoffe verarbeiten können, sind nicht erst seit dem Ukraine-Krieg gefragt. Dadurch bekam die Technologie jedoch noch mal einen Schub.
 
Bi-Fuel-Brenner sind insbesondere für Unternehmen in Industrie und Gewerbe, die auf hohe Versorgungssicherheit angewiesen sind, eine wichtige Technologie. Substituiert wird häufig Heizöl oder Kohle durch Erdgas. Bi-Fuel- und Multi-Fuel-Brenner, auch Kombi-Brenner genannt, sind daher keine Notlösung für Versorgungsengpässe. Sie gibt es schon lange.

Typische Substitutionen heute sind die von Kohlenstaub durch Biomassestaub oder von Heizöl durch Erdgas. Auch Ersatze mit Biogas oder Flüssiggas (LPG) sind denkbar, werden aber seltener angewendet. Zukünftig wird die Substitution von Erdgas teilweise oder vollständig durch Wasserstoff oder wasserstoffhaltige Träger wie Ammoniak oder Methanol eine wichtige Rolle spielen.

Die Brenner können also immer zwei oder mehrere Brennstoffe verbrennen, so etwa Erdgas, aber eben auch Heizöl und artverwandte Energieträger wie Pflanzenfette oder Schweröle. Sie unterscheiden sich deutlich von reinen Gasbrennern, etwa durch ihre Größe. 

Bei Bi-Fuel- oder Multi-Fuel-Brennern werden die verwendeten Brennstoffe jeweils getrennt voneinander gelagert, dann zur Feuerung geführt und dort über Brennerlanzen verbrannt. Das soll eine Vermischung mit unerwarteten Nebenreaktionen auf dem Weg zum Brenner verhindern. Deswegen haben solche Brenner immer so viel Brennerlanzen wie Brennstoffe, die sie verarbeiten können, die wiederum von einer eigenen Infrastruktur inklusive Tanks (Heizöl, Flüssiggas) oder Leitungen (Erdgas, Biogas) bedient werden.

Da gerade flüssige Reststoffe unterschiedlich auf Metalle reagieren, sind die Brenner in aller Regel aus Edelstahl. Die Größe der Düsen von 80 bis 150 Millimeter vermindert den Verschleiß, Ablagerungen können einfach beseitigt werden. Die Leistungsbereiche liegen bei 2 bis 3 MW aufwärts.

Bei großen Leistungen gefragt

Die Leistungsgröße gibt auch den Einsatz vor. Bi-Fuel- und Multi-Fuel-Brenner werden dort verwendet, wo große Energiemengen und hohe Temperaturniveaus regelmäßig erzeugt werden müssen, also in Kraftwerksprozessen oder in der Industrie, wie bei der Glasherstellung, der Zementfabrikation oder bei chemischen Prozessen.

Die Gründe für ihren Einsatz sind simpel: Sie ermöglichen eine größere Flexibilität, etwa bei der unerwünschten Preisentwicklung eines Brennstoffs, sodass allein schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen auf einen anderen umgeschwenkt werden kann. Oder aber aus Gründen der Versorgungssicherheit, wenn eine Gasleitung ausfällt und ein thermischer Prozess trotzdem 24/7 am Laufen gehalten werden muss (siehe auch Interview).

Das betrifft insbesondere − aber nicht nur − Kraftwerksanlagen zur Strom-, Dampf- und Wärmeversorgung. Dazu zählen auch Kraftwerke, die stofflich nicht verwertbare Produktionsrückstände und Abfälle unterschiedlicher Zusammensetzung, Menge und Herkunft als Brennstoff nutzen.

„Der Einsatz von Bi-Fuel-Brennern oder sogar Multi-Fuel-Brennern ist vor allem in Industriekraftwerken, etwa in Chemieparks und größeren Chemieunternehmen oder Raffinerien, mit integrierter Reststoff- und Abfallentsorgung schon seit vielen Jahren Stand der Technik und dementsprechend weit verbreitet. Dabei werden vor allem gasförmige und flüssige, selten auch staubförmige Produktionsrückstände als Brennstoff eingesetzt und energetisch verwertet“, erklärt Michael Nolte, Projektleiter Environmental and Process Technologies/Energy Technologies bei Iqony (ehemals Steag).
 
Michael Nolte, Projektleiter Environmental and Process Technologies/Energy Technologies bei Iqony
Quelle: Iqony

Die umliegenden Produktionsbereiche würden primär mit Dampf oder Wärme, aber auch mit Strom versorgt. Bei den genannten Industriekraftwerken handele es sich um standortintegrierte Kohle-, Gas- und Ölkraftwerke oder auch um reine Reststoffverbrennungsanlagen.

Darüber hinaus gebe es einige wenige thermische Kraftwerke zur öffentlichen beziehungsweise kommunalen Strom- oder Wärmeversorgung, die bereits über Bi-Fuel-Brenner verfügen. Bei diesen Kraftwerksanlagen würden über Bi-Fuel-Brennern neben dem eigentlichen Regelbrennstoff, so Kohlenstaub oder Erdgas, zusätzlich gasförmige Brennstoffe wie Kokereigas oder Grubengas, flüssige Brennstoffe wie Restöle oder gar feste Brennstoffe wie Biomassestaub oder feinkörniger Klärschlamm in einer limitierten Menge mitverbrannt, sofern diese Möglichkeit genehmigungsrechtlich zulässig sei.

Bei diesen Zusatzbrennstoffen handele es sich in der Regel jedoch nur um Brennstoffe, die einen heizöl- oder erdgasähnlichen Charakter hätten, damit weder der Anlagenprozess noch die Emissionen über den Kamin negativ beeinflusst werden. Schadstoffbelastete Brennstoffe oder Abfälle hingegen müssen über reine Abfallverbrennungsanlagen thermisch entsorgt werden.

Durch den Ukraine-Krieg und die Verwerfungen beim Gaspreis erhielten die flexiblen Brenner eine ganz neue Bewertung und einen neuen Schub. Doch das seien nicht die einzigen Gründe. „In den meisten Kraftwerksanlagen war es in der Vergangenheit üblich, nur ein Brennstoffsystem für einen Brennstoff in Form einer Monoverbrennung zu realisieren und vorzuhalten, um erhöhte Wartungs- und Instandhaltungskosten für mehrere parallele Verbrennungssysteme inklusive vorgeschalteter Infrastruktur wie Rohrleitungen, Armaturen-, Mess- und Regelstationen sowie Speichern zu vermeiden“, so Nolte.

In jüngerer Vergangenheit habe sich diese Situation jedoch geändert. So wurde bereits vor der Energiekrise beziehungsweise vor dem Ukraine-Krieg ein gewisser Umrüstungstrend beobachtet, bei dem bestehende ölgefeuerte Kessel- und BHKW-Anlagen zumeist vollständig auf Erdgas umgerüstet oder zumindest darauf erweitert werden sollten, da Erdgas aufgrund geringerer CO2-Emissionen deutlich umweltfreundlicher und weniger klimaschädlich gesehen werde als Heizöl EL oder Heizöl S.

Außerdem gelte Erdgas als Übergangstechnologie. Erdgasgefeuerte Kessel- und BHKW-Anlagen mit wasserstofffähigen Komponenten seien später leichter auf Wasserstoff umstellbar als öl- oder kohlegefeuerte Kesselanlagen. Zwecks zukünftiger Betriebsumstellung auf reinen Wasserstoff oder auf wasserstoffangereichertes Erdgas werde bei nahezu allen Umrüstungs- und Erweiterungsprojekten in der jüngeren Vergangenheit auf Wunsch des Kunden bereits die H2-Readiness in der Umrüstungsplanung und -realisierung berücksichtigt. Treiber dieser Maßnahmen war vornehmlich der Klimaschutz und die damit einhergehende Reduzierung von CO2-Treibhausgasen.

„Seit der Energiekrise und dem Ukraine-Krieg in 2022 hat sich diese Situation noch einmal etwas verändert. So sollen Brenneranlagen inzwischen nicht mehr nur auf reines Erdgas, sondern vermehrt auf Bi- und Kombi-Feuerungen mit den Brennstoffen Erdgas und Öl umgerüstet werden“, so Nolte. Dies gelte inzwischen häufig auch für jene Anlagen, die ursprünglich nur auf Erdgas umgerüstet werden sollten. 

„Absicherung gegen Lieferunterbrechung und Störungen im Gasnetz“

Interview mit Frank Viereckl, Konzernpressesprecher L-Gruppe, über die Bi-Fuel-fähigen GuD-Kraftwerke der Stadtwerke Leipzig (SWL).
 
Frank Viereckl
Quelle: Stadtwerke Leipzig

E&M: Herr Viereckl, war der Brenner für das erste GuD-Kraftwerk der Stadtwerke Leipzig von Anfang an als Bi-Fuel geplant?

Viereckl: Die Brenner wurden bereits bei der Planung als sogenannte Hybridbrenner berücksichtigt und eingebaut. Der Hybridbrenner als Kompakteinheit besteht aus dem Gasdiffusionsbrenner, also dem Betrieb beim Startvorgang mit Gas, dem Gasvormischbrenner für den Normalbetrieb mit Gas und dem Heizölbrenner mit Wassereindüsung zur Stickstoffoxidreduzierung. An den beiden Gasturbinen befinden sich zwei Brennkammern mit je drei Hybridbrennern.

E&M: Was waren die wesentlichen Gründe für den Einbau?

Viereckl: Im Vordergrund stand die Absicherung gegen eine mögliche Gaslieferunterbrechung und weiterhin die Vorsorge gegen technische Störungen im Gasnetz wie auch Störungen der Anlagentechnik innerhalb des Kraftwerks. Damit erreichen wir eine hohe Flexibilität und Erhöhung der Versorgungssicherheit.

E&M: Wurde der Bi-Fuel-Brenner bisher auch schon für Heizöl eingesetzt oder nur zu Testzwecken?

Viereckl: In der Vergangenheit wurde Heizöl im Wesentlichen zu Testzwecken zur Sicherstellung der Verfügbarkeit verwendet. Seit 2022 setzen wir Heizöl je nach Wirtschaftlichkeit auch im größeren Umfang als Brennstoffalternative ein.

E&M: Welche Leistungsdaten hat der Brenner?

Viereckl: Der Gasbrenner kann maximal 3.000 Normkubikmeter je Stunde verarbeiten, der Heizölbrenner etwa 3,3 Kubikmeter je Stunde.

E&M: Wie groß ist die Tankanlage für das Heizöl?

Viereckl: Sie besteht aus zwei Tanks mit jeweils 3.000 Kubikmetern Fassungsvermögen.

E&M: Gibt es für das neue GuD im Heizkraftwerk Süd Ähnliches?

Viereckl: Das HKW Leipzig Süd ist ausschließlich für Erdgas vorgesehen, aber dafür Wasserstoff-ready.

E&M: Braucht man für einen reinen Wasserstoffbetrieb anders modifizierte Brenner als für den Erdgasbetrieb?

Viereckl: Ja, für den reinen Wasserstoffbetrieb müssen die Brenner ausgetauscht werden.

 
Lieferanten für Bi- und Multi-Fuel-Brenner
Typische Brennerlieferanten mit eigener Brennertechnologie auf dem deutschen und internationalen Markt sind:
  • M&S Combustion Technologies GmbH
  • Saacke GmbH
  • Mitsubishi Power Europe GmbH / Mitsubishi Heavy Industries Ltd.
  • Steinmüller Engineering GmbH / IHI Corporation Ltd.
Angaben: Iqony

 
Läuft mit einem Bi-Fuel-Brenner für Erdgas und Heizöl: GuD der Stadtwerke Leipzig
Quelle: Frank Urbansky
 

Frank Urbansky
© 2024 Energie & Management GmbH
Donnerstag, 20.04.2023, 08:59 Uhr

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