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Enerige & Management > Wärme - Schmutzwasser färbt Klimabilanz eines Quartiers in Fulda rosarot
Quelle: Shutterstock
WÄRME:
Schmutzwasser färbt Klimabilanz eines Quartiers in Fulda rosarot
Schmutz hat auch seine schönen Seiten. Auf Abwasser basiert Fuldas neuer „Leuchtturm“, ein Quartier für 1.000 Menschen, das im Primärenergie-Bereich ohne fossile Quellen auskommt.
 
Kurz vor der Vollendung steht Fuldas neues Vorzeigeprojekt. Das 30.000 Quadratmeter große Innenstadt-Quartier „Löhertor“ versorgt künftig 1.000 Menschen in Büros und Privatwohnungen sowie einem Hotel klimaneutral mit Wärme und Strom. Herzstück des 100-Millionen-Euro-Projekts ist die Gewinnung von Wärme und Kälte durch Abwasser.

Für das Konzept der fossilfreien Wärmeversorgung im Quartier zeichnet die „RhönEnergie Effiienz + Service GmbH“ (RES) verantwortlich, die zur Unternehmensgruppe der Rhönenergie Fulda zählt. RES-Geschäftsführer Ralf-Stefan Stöppler bezeichnet die entwickelte Lösung als „zukunftsweisend“.

Eine am Areal entlang laufende Abwasserleitung des Abwasserverbands Fulda (AVF) ist in diesem Wärmekonzept die Energiequelle. Zu ihr führt ein sechs Meter tiefer und zweieinhalb Meter breiter Schacht. Eine Schachtsiebanlage filtert das Abwasser grob, das dann einen Wärmetauscher durchläuft, der im Keller des vom Finanzamt bezogenen Neubaus untergebracht ist.

Primärenergie-Faktor von 0,00 auch durch erneuerbaren Strom

Aus 100 Kubikmeter pro Stunde lässt sich so Energie gewinnen, die im Winter dem Heizen dient. Die Wärme des Abwassers (8 bis 11 Grad Celsius) nimmt zunächst eine Soleflüssigkeit auf, anschließend heben Wärmepumpen deren Temperatur auf 48 bis 58 Grad Celsius an. Den Strom in diesem Zusammenhang liefern Dach-Solaranlagen.

Im Sommer kommt das Abwasser auf 16 bis 18 Grad Celsius. Die daraus gewonnene Energie wandelt das System dann für das Kühlen der Gebäude um. Für das Heizen beträgt die Leistung der Anlage maximal 600 kW, für das Kühlen stehen etwa 400 kW zur Verfügung.

Zur Klimaneutralität des Löhertor-Komplexes, zu dem neben Hotel und Finanzamt auch vier Wohngebäude und die Unternehmenszentrale von Rhönenergie Fulda zählen, trägt ferner die Stromerzeugung bei. Auch hier spielen biologische Reststoffe keine unwesentliche Rolle. Ein Blockheizkraftwerk produziert große Teile der Elektrizität und verwendet dabei Bio-Methan, das überwiegend aus einer Biomethan-Anlage der Rhönenergie stammt. Zudem liefern weitere Solarkraftwerke auf den Dächern des Quartiers den nötigen Strom.

Im Verbund bleiben fossile Energieträger außen vor, wenn es um die Versorgung des Quartiers mit Wärme, Kälte und Strom geht. Daher feiern die Beteiligten, darunter der Hamburger Baunternehmer Greve, den „Primärenergie-Faktor von 0,00“ ihres Projekts über die gesamte Lieferkette. Rhönenergie sieht das „innovative Energiekonzept“ als „Leuchtturm-Projekt weit über Hessen hinaus“.

Die diversen Anlagen hätten sich im Praxistest bereits bewährt, teilt Rhönenergie Fulda mit, auch das Heizen über das Abwasser. Die ersten Mieter zogen bereits 2019 ein, aktuell steht nur noch die Fertigstellung einiger Wohngebäude aus.
 

Volker Stephan
© 2024 Energie & Management GmbH
Dienstag, 04.04.2023, 16:40 Uhr

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