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Enerige & Management > Stromnetz - VDE FNN: Netzdienliche Steuerung unverzichtbar
Quelle: Fotolia / Miredi
STROMNETZ:
VDE FNN: Netzdienliche Steuerung unverzichtbar
Den Kunden in die Energiewende einbeziehen, aber das Netz dabei stabil halten – wie das geht, hat der VDE bei seinem Fachkongress in Leipzig diskutiert.
 
Im Rahmen des diesjährigen Fachkongresses ZMP in Leipzig hat das Forum Netztechnik/Netzbetrieb beim VDE (VDE/FNN) Stellung zur aktuellen Diskussion um die Steuerung sogenannter steuerbarer Verbrauchseinrichtungen nach Paragraf 14a des Energiewirtschaftsgesetzes genommen: Die am 16. Juni von der Bundesnetzagentur vorgestellten Festlegungsentwürfe seien eine gute Basis für die Steuerung von Wärmepumpen oder Ladestationen, hieß es.

Joachim Kabs, Vorstandsvorsitzender des FNN und Geschäftsführer Technik der Bayernwerk Netz GmbH, verdeutlichte die Belastungen, die künftig auf die Verteilnetze zukommen, durch einige Zahlen. Man könne davon ausgehen, dass der jährliche Strombedarf eines Haushalts im Zuge der Elektrifizierung anderer Sektoren von durchschnittlich 4.000 kWh auf rund 14.000 kWh ansteigen werde. Und mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien steige auch das Aufkommen der Anschlussanfragen dramatisch. Aktuell seien es mehr als 11.000 pro Monat. Im vergangenen Jahr habe der Wert noch bei 6.000, im Jahr davor sogar nur bei 3.000 gelegen.

Es sei auf jeden Fall das Ziel, die Kunden in die Energiewende einzubeziehen. Gleichzeitig müssen die Netzbetreiber aber auch die Stabilität der Netze und die Versorgungssicherheit gewährleisten. Daher sei der Ausbau der Netze wichtig. Aber wesentlicher sei zunächst noch: „Dem Kupfer Köpfchen geben“, wie es Kabs formulierte. Ziel sei es, durch eine intelligente Steuerung das bestehende System optimal zu nutzen.
 
Von links: der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des FNN Ingo Schönberg, der Vorsitzende des FNN-Vorstands Joachim Kabs, VDE-Pressesprecher Thomas Koller
Quelle: E&M / Fritz Wilhelm

Ingo Schönberg, stellvertretender Vorsitzender des FNN und Vorstandsvorsitzender des Smart-Meter-Gateway-Herstellers PPC, unterstrich die Bedeutung der Kunden für den Erfolg der Energiewende. „Wir müssen die Energiewende zum Kunden bringen und ihn zum Mitmachen bewegen, sonst wird die Energiewende nicht funktionieren“, sagte Schönberg.

Die Voraussetzung dafür sei die Digitalisierung und der Rollout intelligenter Messsysteme (iMSys). Nur so könne man Transparenz ins Netz bringen, vorausschauend Anlagen steuern und schalten sowie flexible Tarife anbieten. Und da die Digitalisierung in einer kritischen Infrastruktur stattfinde, müsse sie auch sicher gegen Cyberangriffe sein, betonte Schönberg. Deshalb erfolge auch der Rollout von intelligenten Messsystemen, die ein Höchstmaß an Sicherheit, gerade bei der Interaktion mit den Kunden, bieten. Gäbe es diese Interaktion nicht, wäre nach Schönbergs Überzeugung auch die Akzeptanz für die Energiewende verloren.

Damit bewege man sich in einem Massenmarkt, und in einen Massenmarkt seien Standards notwendig. Der FNN als Regelsetzer sein gefordert, die entsprechenden Standards festzulegen.

Bisher 400.000 intelligente Messsysteme verbaut

Nach Angaben des FNN sind bundesweit derzeit rund 400.000 intelligente Messsysteme verbaut. Wie Malte Sunderkötter, Geschäftsführer von Eon Grid Solutions, im Rahmen der ZMP am Vormittag erklärt hatte, haben alleine die Tochtergesellschaften des Eon-Konzerns bislang 200.000 Einheiten ins Feld gebracht.

Das intelligente Messsystem ermögliche die Teilnahme des Kunden an der Energiewende, sagte PPC-Chef Schönberg. Aber dort, wo kritische Situationen auftreten, müsse der Netzbetreiber in der Lage sein, steuernd einzugreifen. Im Gegenzug erhalte der Kunden aber eine Kompensation. „Durch den Eingriff kann man auch verhindern, dass für die letzte Kilowattstunde Kupfer verlegt werden muss“, gab Schönberg zu bedenken.

Bei der Vorstellung der Festlegungsentwürfe hatte Klaus Müller, der Präsident der Bundesnetzagentur, betont, es werde niemand abgeregelt. Anlagen würden nur gedimmt. Gleichzeitig wolle man den Kunden mehr Freiheitsgrade geben. Als Alternative zur direkten Steuerung von Anlagen durch den Netzbetreiber gibt es deshalb die Möglichkeit für Kunden mit einem Energiemanagementsystem (EMS), sich hinter dem Netzanschluss selbst zu optimieren.

In einem solchen Fall müsse der Netzbetreiber gar nicht mehr steuernd eingreifen, erklärte Kabs. Für einen Netzbetreiber sei dies die leichtere Alternative. Man brauche jedoch auch eine Regelung bei Kunden, die kein EMS hätten beziehungsweise wollten.

Nach Ansicht von Schönberg wird der Trend aber künftig zum EMS gehen. Der Kunde werde einen Sollwert für den Netzanschlusspunkt vertraglich vereinbaren und dann entsprechend belohnt oder pönalisiert werden. „Auf Dauer ist dies im Verteilnetz der einzige Weg, der funktionieren wird“, prognostizierte Schönberg. Denn im Gegensatz zu den höheren Spannungsebenen habe man in der Niederspannung nicht die Gewissheit, dass jeder Steuerbefehl auch beim Kunden ankomme. „Es wird viel mehr Partnerschaft zwischen dem Kunden und dem Netzbetreiber geben, als man das heute kennt“, so sein Ausblick.
 

Fritz Wilhelm
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