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Enerige & Management > Österreich - E-Wirtschaft für Versachlichung der Diskussion
Quelle: Fotolia / galaxy67
ÖSTERREICH:
E-Wirtschaft für Versachlichung der Diskussion
Die Stromkosten spielen bei der Teuerung in Österreich nur eine untergeordnete Rolle, betont der Verein Österreichs E-Wirtschaft, Den Vorwurf verzögerter Preissenkungen bestreitet er.
 
Anders als im Vorjahr tragen die Energiekosten und vor allem die Stromkosten aktuell nicht mehr maßgeblich zur Inflation in Österreich bei. Das betonte der Präsident des Branchenverbands Oesterreichs Energie und Generaldirektor des Stromkonzerns Verbund, Michael Strugl, am 27. Juni bei einem Pressegespräch in Wien.

Strugl zufolge lag der Anteil der Energiepreise an der Inflationsrate im Jahr 2022, die sich auf 8,6 Prozent belief, bei 2,8 Prozentpunkten oder rund einem Drittel. Im Mai 2023 betrug der Beitrag der Energie zur Inflation dagegen nur mehr 0,6 Prozentpunkte. Der dimensionslose Energieindex der Statistik Austria, der Strom, Gas, Heizöl und Wärme umfasst, erhöhte sich von Januar 2021 bis Mai 2023 von 100 auf 171,1. Dem gegenüber legte der Stromindex von 100 lediglich auf 113,7 zu, der Gasindex jedoch auf 314,0.

Zudem gaben Österreichs Stromversorger die massiven Preisanstiege im Großhandel nur verzögert an die Endkunden weiter. Erst im Januar 2023 lagen die Preise für Bestandskunden über den Spotmarktpreisen. Auch sie sind aber bereits wieder im Sinken begriffen, betonte Strugl: "Der Vorwurf, wir würden Preissenkungen im Großhandel später an die Kunden weitergeben als Preisanstiege, stimmt also nicht." Vielmehr habe die Branche die "enormen Steigerungen" größtenteils selbst "absorbiert."

Rechtlich wasserdichte Formulierungen wichtig

Strugl plädierte für eine "Versachlichung der Diskussion" über die Energiekosten und deren Entwicklung. Er wolle keineswegs behaupten, die Branche agiere "fehlerfrei". Angesichts der sprunghaften Zunahme an Anfragen von Kunden sei es der E-Wirtschaft nicht immer gelungen, die von ihr selbst gesetzten "Servicelevels" zu erfüllen. Auch manche Schreiben an die Kunden seien nicht sonderlich verständlich.

Hier bestehe allerdings die Herausforderung, "rechtlich wasserdicht" zu formulieren, weil andernfalls Klagen drohten. Unklare gesetzliche Vorgaben wie etwa jene im Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) hinsichtlich der Bedingungen, unter denen Preissteigerungen zulässig sind, verschärften die Lage. Hier müsse der Gesetzgeber für Klarheit sorgen. Die Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, Barbara Schmidt, erläuterte auf Anfrage der Redaktion, Gespräche mit der Regierung seien im Gange. Hinsichtlich der Notwendigkeit einer Lösung bestehe Konsens. Wie eine solche aussehen könnte, wisse indessen noch niemand. Oesterreichs Energie arbeite an einem Vorschlag für eine entsprechende Bestimmung, die möglicherweise in das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) Eingang finden könnte. Bekanntlich soll das ElWG noch heuer das ElWOG ablösen.

Unverdiente Schuldzuweisung

Schmidt fügte hinzu, die Mitgliedsunternehmen von Oesterreichs Energie stünden großteils mehrheitlich im Besitz der öffentlichen Hand. Ihre rund 20.000 Beschäftigten bemühten sich nach Kräften, die sichere Versorgung der Bevölkerung mit Energie auch in Krisenzeiten wie jetzt zu gewährleisten: "Sie haben es nicht verdient, dass man ihnen sagt, sie seien schuld an der Teuerung."

Strugl ergänzte, die Energiekrise sei noch keineswegs vorüber. Ferner stehe die Energiewirtschaft mit der Energiewende "mitten in der größten Transformation", die sie je erlebt habe. Umso wichtiger sei die Zusammenarbeit mit der Politik: "In Deutschland läuft das anders als in Österreich. Dort gibt es kein Bashing der Unternehmen, die Debatten laufen viel sachorientierter." Im Zuge der Energiewende müsse die E-Wirtschaft bis 2030 rund 60 Milliarden Euro in den Ausbau der Erzeugung von Ökostrom und in die Netzinfrastrukturen investieren. Die Ziele der Politik, Österreichs Strombedarf ab 2030 vollständig mit erneuerbaren Energien zu decken und bis 2040 die "Klimaneutralität" des Landes zu erreichen, zeigten ein "enormes Ambitionsniveau". Erreichen ließen sich die Ziele nur mit Kooperation auf allen Ebenen.
  Es gelte, die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen rasch zu schaffen, wobei für etliche Gesetze Zweidrittelmehrheiten notwendig seien, warnte Strugl. Dies betrifft etwa das geplante "Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz" (EABG) für Vorhaben, die aufgrund vergleichsweise geringer Größe keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen, aber auch das ElWG.

Bekanntlich verfügt die Koalition nicht über die für eine Zweidrittelmehrheit notwendige Anzahl an Mandaten. Sie ist deshalb auf die Zustimmung der Sozialdemokraten angewiesen, weil die rechtsgerichteten Freiheitlichen (FPÖ) die Energiepolitik der Regierung grundsätzlich ablehnen und die liberalen Neos zu schwach sind. "Wir brauchen dringend Rechtssicherheit, um investieren zu können. Ich appelliere daher, keine populistischen Diskussionen zu führen und vor allem vom Reden ins Tun zu kommen", konstatierte Strugl.
 

Klaus Fischer
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Dienstag, 27.06.2023, 14:41 Uhr

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