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Enerige & Management > Biogas - Deutschland aus Sicht der EU bei Biogas "ein Ausfall"
Quelle: Fotolia / Jürgen Fälchle
BIOGAS:
Deutschland aus Sicht der EU bei Biogas "ein Ausfall"
Die installierte Leistung von Biogas-Anlagen ist 2022 um 0,8 Prozent gewachsen. Der Branchenverband spricht von einer „verfahrenen Situation“, sieht aber auch positive Entwicklungen.
 
„Stagnation statt Ausbau“ - dieses Resümee zieht der Fachverband Biogas über Entwicklung der Branche im vergangenen Jahr. „In Zeiten einer Energiekrise und der viel schlimmeren Klimakrise wächst die Biogasproduktion in Deutschland nicht“, sagte Verbandspräsident Horst Seide bei der Vorstellung der Zahlen für 2022. Und auch für das laufende Jahr zeichnen sich Bremsspuren ab.

Laut Erhebung des Verbandes stieg die installierte elektrische Leistung um 49 MW im Vergleich zum Jahr 2021 auf 5.895 Megawatt (MW) – ein Plus von 0,8 Prozent. Die Zahl der Biogasanlagen betrug 9.876, im Vorjahr waren es 9.799. 107 Anlagen wurden gebaut, 30 stillgelegt. Die Stromproduktion belief sich auf 33,54 Milliarden kWh. Die Biogas- und Biomethan-Produktion erreichte 91,27 Milliarden kWh. Das entspreche, wie der Verband betonte, rechnerisch knapp 11 Prozent des Erdgasverbrauchs im vergangenen Jahr. Den Umsatz der Branche bezifferte er auf 13,2 Milliarden Euro.

Für dieses Jahr rechnet man mit einem Plus bei der installierten elektrischen Leistung von nur noch 0,17 Prozent. Bei 5.905 MW liegt der Wert der Prognose zufolge Ende 2023. Die Zahl der Anlagen erhöht sich demnach per Saldo lediglich um sechs. Die Biogas- und Biomethan-Produktion kommt voraussichtlich auf 92,21 Milliarden kWh. Der Branchenumsatz verringert sich um 100 Millionen Euro, die Zahl der Beschäftigten sinkt um 2.000 auf 50.000.

Export-Weltmeister Deutschland

So wenig die Branche im Land vorankommt - jenseits der Grenze läuft das Geschäft: „Biogas-Technologie made in Germany boomt“, berichtete Verbandsgeschäftsführer Manuel Maciejczyk. Der Umsatz im Export gab er mit 2,5 Milliarden Euro an. „Wir haben derzeit über 120 Länder, in die unsere Technik geht – wir sind Weltmarktführer.“ Damit das so bleibe, bedürfe es eines funktionierenden Heimatmarktes, und dafür brauche es weitere politische Maßnahmen.

Horst Seide sprach von einer politisch „verfahrenen Situation“, aus der es schnell herauszukommen gelte. Die Aussichten für Biogas in Berlin haben sich inzwischen offenbar verbessert. „Die positive Botschaft ist: „Man redet wieder mit uns und jetzt auch ganz gezielt“, sagte Heide über den neuen Ansprechpartner des Verbands im Bundeswirtschaftsministerium.

Der Verbandspräsident verwies auf Ziele der Europäischen Union, die vorsehen, „dass auch Deutschland die Produktion steigert, dass wir die freien Potenziale bis 2030 heben“. Deutschland sei da ein Ausfall aus Sicht der EU. Der deutsche Anteil der Energieerzeugung aus Biogas und Biomethan an der gesamten EU-Produktion gehe zurück, 2023 werde er bei 49 Prozent liegen. Die Bundesregierung habe sich auf EU-Ebene kaum in den Diskussionsprozess um Biomethan und Biogas eingebracht.

Kritik an Kraftwerksstrategie

Der Verband hält eine Verdopplung der Biogasproduktion möglich, ohne dass mehr Energiepflanzen angebaut werden müssten. „Gülle, Bioabfall und landwirtschaftliche Nebenprodukte bergen noch viel energetisches Potenzial“, so Seide.

Als einen wesentlichen Grund, warum der Ausbau hierzulande nur schleppend vorankommt, nannte Seide die Genehmigungspraxis: „Für viele Betreiber ist die rechtliche Situation enorm schwierig.“ Bauprojekte würden dadurch erheblich verteuert.

Zudem hätten viel Unternehmer noch die Diskussion um die Erlösabschöpfung zur Finanzierung der Strompreisbremse im Gedächtnis. Und: „Die Investitionsbereitschaft ist in der Branche generell nicht hoch.“

Investitionen stark entgegenstehe die Kraftwerksstrategie in Deutschland, kritisierte Heide. Es werde auf wasserstofffähige Großkraftwerke gesetzt. Seide: „Diese Anlagen starten mit Erdgas.“ Würde man jetzt in eine Biogas-Anlage zur Stromproduktion investieren, gehe diese in drei, vier Jahren in Betrieb. „Zwei, drei Jahre später kommen diese Wasserstoff-ready-Kraftwerke, und die fokussieren auf den gleichen Markt. Wir alle wissen, dass wir mit grünem Gas nicht mit einem grauen konkurrieren können.“

Hoffnungsträger Biomethan
 
Einen Lichtblick verortete Heide bei der Biomethan-Erzeugung. Seit 2021 wolle ein Teil der Branche „ins Gasnetz rein“. Der jährliche Zuwachs an solchen Anlagen, die Rohbiogas auf Erdgasqualität aufbereiten und ins Gasnetz einspeisen, sei von vier auf sechs gestiegen. Laut vorläufigen Zahlen der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) war Deutschland 2022 bei 220 Biomethan-Anlagen angelangt. Seide: „2024 und 2025 werden wir mehr neue Anlagen sehen, da geht es vorwärts“.

Im Vergleich der Bundesländer lag Bayern 2022 mit insgesamt 2.707 Biogas-Anlagen an erster Stelle. Die installierte elektrische Leistung betrug 1.458 MW. Dahinter folgte Niedersachsen (1.691 Anlagen, 1.360 MW). An dritter Stelle, was die Anlagenzahl betrifft, lag Nordrhein-Westfalen mit 1.136 (475 MW). Laut Erhebung gingen in NRW sieben neue Biogasanlagen mit 4 MW elektrischer Leistung in Betrieb. „Bei diesen Zahlen verbietet es sich, von Zubau zu sprechen“, kommentierte Christian Mildenberger, Geschäftsführer des Landesverbandes Erneuerbare Energien (LEE) NRW die Bilanz.

In Niedersachsen kamen 18 neue Biogasanlagen ans Netz, wovon zwei Anlagen außerhalb des Segments der Güllekleinanlagen bis 150 kW stehen. Insgesamt zugebaut worden seien 9 MW, teilt der LEE Niedersachsen / Bremen mit. Niedersachsen sei bisher Spitzenreiter im Ausbau der flexiblen Ausgleichsenergie gewesen, dieser Trend sei nun gebrochen.
 

Manfred Fischer
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Mittwoch, 27.09.2023, 16:05 Uhr

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