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Enerige & Management > Stromnetz - Flexibilität ist Trumpf
Quelle: Fotolia / Miredi
STROMNETZ:
Flexibilität ist Trumpf
Eine Studie und ein Positionspapier gehen der Frage nach, wie Flexibilitäten der Haushalte künftig genutzt werden können, um das gesamte Stromsystem zu entlasten.
 
Spätestens ab dem 1. Januar 2025 müssen Stromversorger einen dynamischen Tarif in ihrem Angebot haben. Die rechtliche Grundlage dafür ist das Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende, das am 27. Mai 2023 verabschiedet wurde und den § 41a des Energiewirtschaftsgesetzes geändert hat. Demnach müssen ab Anfang 2025 nicht nur die Großen der Branche mit mehr als 100.000 Endkunden, sondern alle Stromlieferanten einen dynamischen Tarif anbieten. Dessen Preis muss sich nach den täglichen Spotpreisen an der Börse richten. Alle Letztverbraucher, die über ein intelligentes Messsystem im Sinne des Messstellenbetriebsgesetzes verfügen, müssen in diesen Genuss kommen.

Schon vor über einem Jahr, als Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eine Gesetzesinitiative für eine beschleunigte Digitalisierung des Stromsystems ankündigte, wies er auf die sich daraus, vor allem aus dem Rollout intelligenter Messsysteme, ergebende Chance auf eine Win-Win-Situation für Netzbetreiber und Letztverbraucher hin. Sein Credo: Dynamische Tarife geben preisliche Anreize, um den Verbrauch zu verlagern – idealerweise in lastschwache Zeiten beziehungsweise in Zeiten, wenn der Anteil regenerativ erzeugten Stroms besonders hoch ist. Somit wird den Endkunden der Einsatz intelligenter Messsysteme schmackhaft gemacht, mit denen die Netzbetreiber Daten über die Last und Erzeugung in der Niederspannungsebene gewinnen können.
 
Keine klaren Regelungen zur Informationspflicht
 
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) hat nun ein Positionspapier veröffentlicht, in dem er kritisiert, dass es für die Versorger keine klaren Regeln gibt, wie sie ihrer Informationspflicht über die Vor- und Nachteile dynamischer Tarife nachzukommen haben. Deshalb fordern die Verbraucherschützer unter anderem Mindeststandards für die Informationen zu den jeweiligen Angeboten, wie etwa eine Preishistorie des jeweiligen Tarifs. Außerdem sollen die Verbraucher in die Lage versetzt werden, verschiedene Tarife miteinander zu vergleichen.

Da dynamische Tarife die Preisschwankungen am börslichen Spotmarkt widerspiegeln sollen, ist nach Überzeugung des VZBV eine Absicherung „gegenüber exorbitanten Preissteigerungen“ unerlässlich. In diesem Zusammenhang verweist der Verband auf ein Gutachten der Beratungsgesellschaft Neon Neue Energieökonomik im Auftrag von Lichtblick. Darüber hinaus macht sich der VZBV dafür stark, dass die Preisobergrenzen für intelligente Messsysteme im kommenden Jahr nicht angehoben werden – bis spätestens zum 30. Juni 2024 soll nämlich das Bundeswirtschaftsministerium eine Nutzen-Kosten-Analyse vorlegen, die auch die Höhe des zulässigen Entgelts für den Einbau und den Betrieb intelligenter Messsysteme unter die Lupe nimmt. Gegebenenfalls sei dann die sogenannte Preisobergrenze anzupassen, heißt es im Gesetz zum Neustart der Digitalisierung.

Zeitgleich ist die Denkfabrik Agora Energiewende zusammen mit der Forschungsstelle für Energiewirtschaft in München den Fragen nachgegangen, wie haushaltsnahe Flexibilitäten genutzt werden können und welchen Beitrag sie für das Stromsystem leisten. Die Autoren der Studie kommen zu dem Ergebnis, dass Elektroautos, Wärmepumpen und Heimspeicher im Jahr 2035 jährlich 100 Milliarden Kilowattstunden an Stromnachfrage flexibilisieren und dadurch im Stromsystem 4,8 Milliarden Euro einsparen könnten. Die Strommenge entspreche etwa 10 Prozent des Gesamtverbrauchs.

Allerdings, so befürchten die Forscherinnen und Forscher, ohne eine Reform der Stromtarife könnten die Haushalte die Belastungen der Stromnetze jedoch noch erhöhen. Deshalb müssten dynamische Tarife und dynamische Netzentgelte kombiniert und damit Anreize geschaffen werden, Lastspitzen zu vermeiden. Voraussetzung dafür sei die Digitalisierung der Netze, vor allem durch den Rollout intelligenter Messsysteme.

Problem der Gleichzeitigkeit wird thematisiert
 
Auch in dieser Studie, wie im Positionspapier der Verbraucherzentralen, gehen die Autoren davon aus, dass dynamische Tarife zu einer Win-Win-Situation sowohl für Endkunden als auch Netzbetreiber und letztlich zu Einsparungen bei den Stromkosten – dieses liege schätzungsweise bei 600 Euro pro Jahr und Haushalt – sowie bei den Kosten für den Netzausbau führen. Allerdings setzen sie sich auch mit dem Problem auseinander, dass preisliche Anreize zu einer verstärkten Gleichzeitigkeit des Verbrauchs führen und damit den ursprünglich beabsichtigten Effekt, das Netz zu entlasten, konterkarieren können.

Das Positionspapier des Verbraucherzentrale Bundesverbands zu dynamischen Stromtarifen  steht auf dessen Internetseite zum Download zur Verfügung.

Die Studie der Agora Energiewende mit dem Titel „Haushaltsnahe Flexibilitäten nutzen“  steht auf deren Internetseite zum Download zur Verfügung.

 
 
 

Fritz Wilhelm
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Montag, 11.12.2023, 14:03 Uhr

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