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Enerige & Management > Wärme - Gespaltene Reaktionen auf den GEG-Kompromiss
Quelle: Fotolia / Ralf Kalytta
WÄRME:
Gespaltene Reaktionen auf den GEG-Kompromiss
Die Energiewirtschaft sieht in der Verständigung der Ampel-Parteien über das Gebäudeenergiegesetz ein gutes und wichtiges Signal. Die Umweltverbände reagieren dagegen entsetzt.
 
Der Bundestag beginnt Mitte Juni mit der Beratung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Es soll seine Wirkung jedoch nicht ab 2024 entfalten, wie Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geplant hatte, sondern erst, wenn die Gemeinden eine Wärmeplanung vorgelegt haben. Damit können vorerst weiter Gasheizungen auch in Neubauten installiert werden, wenn sie auf Wasserstoff umrüstbar sind. Das von der Regierung geplante Verbot würde in vielen Fällen erst 2028 oder später greifen. Bundesbauministerin Klara Geywitz kündigte in Berlin an, die Wärmeplanung mit den Kommunen voranzutreiben.

Durch die "Verzahnung mit der kommunalen Wärmeplanung" werde der Gesetzentwurf der Koalition entscheidend verbessert, sagt die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Kerstin Andreae: "Auch die Öffnung der Erfüllungsoptionen hin zu Holzpellets und die Streichung der Transformationspläne macht die Umsetzung des Gesetzes für alle praktikabler." Es gebe vernünftige Übergangsfristen und es werde jetzt nicht mehr verlangt als leistbar sei.

Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sieht in dem Kompromiss eine wichtige Verbesserung. Erst mit dem Vorliegen der Wärmeplanung könnten die Hauseigentümer informiert über die verfügbaren Optionen für neue Heizungen entscheiden und die Wärmewende unterstützen: "Nun besteht die Aussicht auf ein gutes Gesetz, mit realistischen Regelungen, die von den Stadtwerken und kommunalen Energieversorgern umgesetzt werden können." Allerdings müssten auch bei der Fernwärme "künftige, gesetzliche Regelungen praxistauglich und realistisch sein".

Unbürokratische Umsetzung weiterhin wichtig

Der Deutsche Städtetag sieht in der neuen Fassung des GEG die richtige Reihenfolge: "Die Menschen sollten wissen, welche klimaneutrale Heizungsart für ihre Stadt und das eigene Viertel sinnvoll ist und ausgebaut werden soll." Der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) begrüßt, dass die Koalition einen Teil seiner "pragmatischen Verbesserungsvorschläge" aufgegriffen habe. Technologievielfalt beim Einsatz erneuerbarer Energieträger und pragmatische Übergangsfristen seien "wichtige Schritte in die richtige Richtung", sagte ZVSHK-Geschäftsführer Helmut Bramann. Ebenso wichtig blieben jedoch eine unbürokratische Umsetzung, einfache Verfahren bei der Beratung und eine angemessene Förderkulisse.

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) sieht im GEG weiter eine "wichtige Grundlage für die Wärmewende vor Ort". Es bringe Leitplanken in Bezug auf den Zeitplan und die Bandbreite an erneuerbaren Technologien, die für das Heizen in Zukunft zur Verfügung stünden.

Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) ist erleichtert, dass sich die Ampel auf eine technologieoffene Lösung verständigt hat. Es gehe jetzt darum, die "drohenden, finanziellen Belastungen" für die Bürger und die mittleren Unternehmen in den Blick zu nehmen, sagt der Vorsitzende des Verbandes, Markus Jerger: "Wir sagen 'ja' zur Klimawende. Gleichzeitig muss ein finanzieller Kollaps verhindert werden, der das Vermögen und die Lebensleistung von Millionen Menschen in Deutschland aufs Spiel setzt."

ZVEI bemängelt zu großzügige Übergangsfristen

Der Vorsitzende des Verbandes der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI, Wolfgang Weber, hält die Synchronisierung mit der kommunalen Wärmeplanung zwar für nachvollziehbar, die Übergangsfristen seien jedoch zu großzügig bemessen: "Die Planungs- und Investitionsunsicherheiten für Hersteller, Gebäudeeigentümer, Verbraucherinnen und Verbraucher setzen sich damit fort." Die Wärmewende dürfe nicht auf die lange Bank geschoben werden.

Heftige Kritik am GEG-Kompromiss der Ampel üben die Umweltverbände. Mit dem Kompromiss verschiebe die Koalition "die Verantwortung für Klimaschutz im Heizungskeller" auf die Kommunen und lasse die Bürger weiter im Unklaren, moniert der BUND. Die Ampelparteien hätten die Koalition zwar gerettet, führen die deutsche Klimapolitik aber "weiter gegen die Wand". Für die Deutsche Umwelthilfe ist das GEG jetzt "ein Tiefpunkt für die Klimapolitik". Damit werde die Wärmewende auf die nächste Regierung verschoben und "das Märchen von wasserstofffähigen Gasheizungen aufrechterhalten", sagt Bundesgeschäftsführerin, Barbara Metz. Die Müllverbrennung werde "als angeblich erneuerbare Energie geadelt".

Der Energieexperte von Greenpeace, Andree Böhling, geht davon aus, dass in den meisten Kommunen bis 2028 weiter "klimaschädliche Gasheizungen" eingebaut werden. Mit dem "aufgeweichten Heizungsgesetz" könnten die Klimaziele der Koalition nicht mehr erreicht werden. Germanwatch warnt die Hauseigentümer vor "Fehlinvestitionen und drohenden Kostenfallen". Das von der Ampel beschlossene "Weiter so" mit Gas und später mit Wasserstoff könne wegen der steigenden CO2-Preise und einem knappen Angebot an grünem Wasserstoff teuer werden, sagt Germanwatch-Geschäftsführer Christoph Bals. "Wie im Verkehrssektor drohen nun auch im Gebäudebereich weitere Jahre des Stillstandes und das Erreichen der Emissionsminderungsziele für 2030 rückt in weite Ferne."

Auf die Mieter kommen nach Ansicht des Deutschen Mieterbundes höhere Kosten zu, wenn die Koalition eine Modernisierungsumlage für den Einbau neuer Heizungen einführe. Der Präsident des Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, verlangt deswegen, die Fördermittel aufzustocken.
 

Tom Weingärtner
© 2024 Energie & Management GmbH
Mittwoch, 14.06.2023, 15:26 Uhr

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