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Enerige & Management > Regenerative - Erlösabschöpfung bringt 3 Promille der erwarteten Einnahmen
Quelle: Fotolia / Jürgen Fälchle
REGENERATIVE:
Erlösabschöpfung bringt 3 Promille der erwarteten Einnahmen
Nur 20 Millionen Euro Stromerlöse haben sich dieses Jahr abschöpfen lassen. Dafür risikierte der Bund den Tod des PPA-Marktes, wirft der Bundesverband Windenergie ihm vor.
 
Die Erneuerbaren- und Braunkohlekraftwerks-Betreiber haben auf Basis des Strompreisbremsengesetzes im ersten Halbjahr nur 20 Millionen Euro Umsatzanteile abführen müssen. Der Bund hatte mit Einnahmen von 1 Milliarde Euro monatlich gerechnet. Davon haben die Netzbetreiber jetzt 0,3 Prozent tatsächlich eingenommen.

Diese Zahlen nannte am 30. Juni der Geschäftsführer des Bundesverbandes Windenergie (BWE), Wolfram Axthelm, in einem politischen Videobriefing. Er rechnete sie in einen Abschöpfungsanteil von 0,01 Cent/kWh an den Erlösen um. Axthelm verband die Zahlen mit dem Vorwurf an die Bundespolitik, für diesen mageren Ertrag den Tod des PPA-Marktes riskiert zu haben (siehe Hintergrundkasten).
 

Hintergrund: Die vergangene Stromerlösabschöpfung

Der Bund schöpfte von Dezember 2022 bis 30. Juni 2023 fiktive Spotmarkt-Erlöse von Betreibern grüner Kraftwerke und von Braunkohle-Blöcken ab, die oberhalb starrer technologiespezifischer Deckel lagen, und setzte damit eine Kann-Bestimmung der EU um. Steinkohle- und Gasblöcke waren ausgenommen, weil Brüssel bei ihnen keine geschenkten Erlöse (Windfall profits) angenommen hatte.

Erneuerbaren-Anlagenbetreiber, die ihren Strom vor Inkrafttreten des Strompreisbremsengesetzes in Power Purchase Agreements zu langfristigen Fixpreisen verkauft hatten, liefen damit ins Risiko, bei höherem Spotmarkt-Niveau in dem Abschöpfungszeitraum Umsätze abführen zu müssen, die sie nicht eingenommen hatten. Niedriger liegende PPA-Erlöse wurden nur anerkannt, wenn die PPA vor dem 1. November abgeschlossen worden waren.

Nach Beobachtung von Experten, die diese Redaktion dazu befragt hatte, würgte diese Regelung den Kurzfrist-PPA-Markt mit Lieferzeiten bis Juni 2023 ab.

Die spotbasierte Direktvermarktung wuchs zwar weiter, allerdings ging der Spot nach seinem Allzeithoch im August 2022 auf Niveaus am Anfang der Energiekrise zurück. So erklären sich geringere Erlöse pro kWh und damit auch der geringe Abschöpfungsbetrag.

Optimismus in der Windbranche

In der Windbranche überwiegt nach Axthelms Beobachtung derzeit der Optimismus, weil der Zubau und die Genehmigungszahlen in diesem Jahr hochlaufen und sich die Genehmigungen vom laufenden Jahr 2025 in einem "stark dynamisierten" Zubau widerspiegeln dürften. Im angebrochenen Jahr seien 2.400 MW neue Genehmigungen registriert worden. "Die Politik unterstreicht, dass die Ziele (115.000 MW Onshore-Wind bis 2030 in Deutschland, die Redaktion) erreicht werden und aus diesen Wertschöpfung in Deutschland erwachsen soll", so Axthelm.

Im Juli veröffentlichen BWE und die Anlagenbauer vom VDMA Power Systems die Zubauzahlen des ersten Halbjahres. Bisher schon klar ist, dass der Ausbau praktisch ohne Süddeutschland stattfindet. Damit "der Süden aufholen" kann, hält Axthelm eine beabsichtigte Gemeindeöffnungsklausel im Baugesetzbuch für wichtig, wonach Gemeinden künftig Windprojekte auch außerhalb von Vorrangflächen voranbringen können. Der Entwurf der Novelle wird für Herbst und der Bundestagsbeschluss noch für dieses Jahr erwartet.

Freilich sieht auch der BWE-Geschäftsführer es als beklagenswert an, dass nur 53 Prozent der am 1. Mai ausgeschriebenen Windkraft-Leistung an Land, nämlich gut 1.500 von knapp 2.900 MW, auf Gebote traf (wir berichteten). Axthelm führte dies unter anderem darauf zurück, dass die genehmigten Projekte nicht mehr unweigerlich in die jeweils nächste Ausschreibung gehen. Vielmehr bestellten Projektierer etwa zuerst ihr Umspannwerk, weil sie um die Lücken in der Lieferkette wüssten und hinterher nicht den vorgeschriebenen Realisierungszeitraum ab Zuschlag reißen wollten.

​Behörde braucht acht Wochen zur Bekanntgabe

Und auch das späte Veröffentlichungsdatum der Zuschläge durch die Bundesnetzagentur von fast zwei Monaten ist für Axthelm auf Anfrage mehrerer Branchenteilnehmer "ein unhaltbarer Zustand", erst recht bei nur hälftiger Auslastung. Schließlich führt die Unsicherheit bis dahin ebenso dazu, dass Windparks später ans Netz gehen. Der BWE habe dies an die Behörde und den Bundestag adressiert.

Auf den Nägeln brennt vielen Fragestellern und dem BWE der "plötzliche" Wegfall der ursprünglich in einem Referentenentwurf aufgetauchten Möglichkeit für Windprojektierer, ihre Zuschläge von 2021 und 2022 zurückzugeben und 2023 erneut an Ausschreibungen teilzunehmen, freilich diesmal mit einem um 25 Prozent erhöhten Höchstsatz, um gestiegene Kosten abzufedern. Axthelm rechnet nicht damit, dass die Rückgabeoption in den Gesetzestext zurückkommt. Die Sache sei "politisch tot". Der BWE konzentriere sich jetzt darauf, dass die Umsetzungs- und Strafzahlungsfristen verlängert werden.

 
 

Georg Eble
Redakteur
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Freitag, 30.06.2023, 14:04 Uhr

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