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Enerige & Management > Studien - Öl- und Gasförderer: Weiter Geschäfte auf Kosten des Klimas
Quelle: Pixabay / Gerd Altmann
STUDIEN:
Öl- und Gasförderer: Weiter Geschäfte auf Kosten des Klimas
Grüne Versprechen, nichts dahinter? Die Ziele des Pariser Klimaabkommens kümmern die 100 führenden Gas und Öl fördernden Unternehmen laut einer Erhebung offenbar so gut wie gar nicht.
 
Die Rekordgewinne verzeichnende Öl- und Gasbranche sieht sich wegen zu lascher Klima-Ambitionen Kritik ausgesetzt. Laut einer nach 2021 erneut vorgenommenen Analyse der gemeinnützigen Organisationen CDP und World Benchmarking Alliance (WBA) sind die wenigsten von 100 weltweit tätigen Unternehmen, die etwa 80 Prozent der globalen Öl- und Gasproduktion verantworten, erkennbar auf einem 1,5-Grad-Ziel. Gemäß Pariser Klimaabkommen soll die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter nicht stärker ausfallen, um weitreichende Umweltkatastrophen eindämmen zu können.

Die Liste der Vorwürfe ist lang:
  • Kein Unternehmen werde bis 2028 seine direkten und indirekten Emissionen (Scope 1 bis 3) so stark reduzieren, dass sie mit dem 1,5-Grad-Pfad übereinstimmen
  • Nur 18 von 100 Konzernen hätten sich Netto-Null-Ziele gesetzt
  • Bei den vor- und nachgelagerten Emissionen der Wertschöpfungskette entstehen rund 80 Prozent aller Emissionen, doch nur 28 Prozent der Firmen würden sich für diesen Sektor überhaupt Einsparziele geben
  • Die zehn in der EU und EFTA (Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz) ansässigen Firmen mit Öl- und Gasförderung würden die Produktion bis 2030 nicht signifikant verringern und bis zu einem Höhepunkt 2028 sogar steigern
Letzterer Punkt stehe im Widerspruch, so CDP und WBA, zum Szenario „Netto-Null-Emissionen bis 2050“ der Internationalen Energie-Agentur (IEA). Dies sieht vor, über die im Jahr 2021 genehmigten Projekte hinaus keine neuen Öl- und Gasvorkommen zu erschließen. Ferner müsse die Produktion bis 2030 stark zurückgehen.
  Konzerne koppeln Boni sogar an fossiles Wachstum

Die Hoffnungen auf einen Kurswechsel sind gering. Denn mehr als 50 Prozent der Unternehmen, so die Analyse, verbinden Boni für ihre Führungskräfte an ein Wachstum im Bereich fossiler Brennstoffe. Nur ein Viertel der Firmen beantwortete die Frage, wie viel ihrer Investitionen sie in Technologien zur Dekarbonisierung stecken.

Das Ranking: Neste vor Engie und Total

Wer sich Netto-Null-Ziele gesetzt hat, stammt vorwiegend aus Europa: 12 der 18 Unternehmen. Mit Neste aus Finnland schneidet auch eine europäische Firma im Ranking, das auch soziale Faktoren einbezieht, am besten ab. Das Mineralölunternehmen, das auch erneuerbare Kraftstoffe und Rohstoffe für die Chemie- und die Kunststoffindustrie herstellt, steht aber in der Kritik, weil die Abkehr von fossilen Brennstoffen nicht eingeleitet sei und die Firmenstrategie nicht mit dem 1,5-Grad-Ziel übereinstimme.

Hinter Neste laufen Engie, Total Energies (beide Frankreich), Naturgy Energy (Spanien), Eni (Italien), Origin Energy (Australien), Galp Energia (Portugal), Repsol (Spanien), SK Innovation (Südkorea) und Österreichs größtes Industrieunternehmen OMV ein.

Am schlechtesten in der Bewertung kommen Turkmengaz (Türkmenistan), Libyens Öl-Gesellschaft, Petroleos (Venezuela) sowie die gemeinsamen Schlusslichter Basra Oil Company (Irak) und Irans Öl-Gesellschaft weg.

Nur finnische Neste gibt viel Geld in kohlenstoffarme Zukunft

Weiter zeigt die Untersuchung, dass nur drei europäische Unternehmen mehr als 50 Prozent ihrer Investitionen in kohlenstoffarme Technologien ausgeben: Neste (88 Prozent), Naturgy (59 Prozent) und Engie (51 Prozent). Als Richtwert für „Netto Null“ gelten eigentlich 77 Prozent der Ausgaben.

Auch ein anderer Wert lässt die Analysten aufschrecken: Die Branche habe 2022 umgerechnet rund 460 Milliarden Euro in neue Bohrungen und die Förderung von Erdöl investiert. Entsprechend gebe es weder Pläne für den schrittweisen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen noch für die Drosselung der Förderung.

Folglich findet Vicky Sins es „besorgniserregend, dass sich kein einziges Unternehmen verpflichtet hat, die Ausweitung der Aktivitäten im Bereich der fossilen Brennstoffe vor 2030 zu stoppen“. Sie leitet bei der WBA die Bereiche Dekarbonisierung und Energiewende. CDP-Chefanalyst Laurent Babikian ergänzt: Wenn Öl- und Gassektor sich keine Ziele setzten und diese auch nicht erreichten, „werden wir nicht in der Lage sein, die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels abzuwenden und eine Gesellschaft zu erreichen, die netto keine Umweltbelastungen verursacht“.

Finanzinstitute, politische Entscheidungsträger und die Öffentlichkeit müssten nun Druck auf die Unternehmen ausüben, so eine Forderung. „Unsere Ergebnisse“, so Vicky Sins, "sind eine Warnung an alle Beteiligten – Investoren, politische Entscheidungsträger und die Öffentlichkeit –, den Öl- und Gassektor zur Verantwortung zu ziehen.“

Das Ranking "2023 Oil and Gas Benchmark " von CDP und WBA ist im Internet veröffentlicht.
 

Volker Stephan
© 2024 Energie & Management GmbH
Donnerstag, 29.06.2023, 16:56 Uhr

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