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Enerige & Management > Klimaschutz - Energiebranche fordert mehr Gehör von der Politik
Quelle: Fotolia / Coloures-Pic
KLIMASCHUTZ:
Energiebranche fordert mehr Gehör von der Politik
Auf dem BDEW-Kongress 2023 in Berlin resümierte die Branche, dass die Krise des Vorjahres gut bewältigt wurde. Nun komme es darauf an, dass die Politik weiter auf die Praxis hört.
 
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) trifft sich am 14. und 15. Juni zum Jahreskongress in Berlin. Das Motto "Wir sichern Energie" habe im vergangenen Jahr enorme Anstrengungen von allen Beschäftigten der Branche abverlangt, resümierte BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae. Basierend auf den Erfahrungen des Krisenjahres mit dem Wegfall russischer Erdgaslieferungen forderte sie die Fortsetzung des engen Dialogs von Politik und Praktikern. "Was in der Krise geklappt hat, muss auch in der Transformation fortgeführt werden", so Andreae. Die Energiewende ginge nicht vom grünen Tisch allein.

Mit Blick auf die Preisbremsengesetze, die die Energieversorger gezwungen hatte, die Preisentlastungen des Staates umzusetzen, forderte sie unter dem Beifall der knapp 2.000 Besucher: "Keine Entlastung der Bürger mehr über die Energieversorger, keine kurzfristigen Gesetzentwürfe ohne Abstimmungszeit." Andreae dankte den Beschäftigten der Stadtwerke, die mit ihrem Umgang mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern den befürchteten "Wutherbst" abgewendet hätten. Sie forderte zur Entlastung der Prozesse eine zentrale Datenbank für Deutschland auf Bundesebene, in der wichtige Angaben hinterlegt sind, beispielsweise zu Haushalten. Das würde endlose Formularschleifen einsparen und sei überfällig.

Heizungsgesetz macht ersten Schritt vor dem zweiten

Zugleich begrüßte Andreae den am Vorabend erzielten Kompromiss der Ampel-Fraktionen zum Heizungsgesetz. "Jetzt wird der erste Schritt wird vor dem zweiten gemacht", so Andreae. Der Kompromiss beinhalte, die kommunale Wärmeplanung zeitlich vor die Umsetzung des Heizungstausches zu legen. "Erst wird die Infrastruktur angeschaut, dann wird über das Haus entschieden", fasste sie zusammen.
 
BDEW-Chefin Kerstin Andreae auf dem Kongress 2023
Quelle: E&M / Susanne Harmsen

Georg Friedrichs, Vorstandsvorsitzender der Berliner Gasag, beklagte, dass zehn Jahre für die Energiewende im Gasbereich verspielt worden seien. Jetzt müssten auch ohne bestehende Regulierung die Versorger Wasserstoffinfrastruktur schon im Verteilnetz planen und vorantreiben, weil sonst die Klimaneutralität bis 2045 nicht zu schaffen sei. Die kommunale Wärmeplanung in Berlin dauere mindestens bis 2026.

Er wisse nicht, was er Gaskunden in den nächsten drei Jahren raten soll, deren Gastherme kaputtgeht, solange es keinen Plan gebe. So lange könne sein Unternehmen nicht auf Beschlüsse warten, sonst sei der Netzumbau nicht zu schaffen. Es sei auch unabdingbar, die Energiewende im Strombereich durch Wasserstoff abzusichern, sonst sei Versorgungssicherheit aus erneuerbaren Quellen nicht möglich.

Andreae begrüßte dagegen die längeren, "vernünftigen Übergangsfristen" des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Von dem Gesetz seien nicht nur vier Autokonzerne betroffen, sondern 40 Millionen Haushalte, die empfindlich seien, wenn es um Veränderungen und Kosten geht. Vieles von dem, was jetzt im demokratisch gefundenen Prozess entstanden ist, habe das Gesetz besser und umsetzbarer gemacht, bewertete Andreae.

Mehr Geld für den Netzumbau gefordert

Von der Politik forderte Andreae Refinanzierungsmöglichkeiten für die in den nächsten 20 Jahren nötigen 25.000 Kilometer Netzausbau in der Hoch- und Höchstspannung. "Die Bundesnetzagentur hatte ihr Wort gegeben, dass der Eigenkapitalzins an die aktuelle Zinsentwicklung angepasst wird. Das ist mit dem vorliegenden Vorschlag von zwei Prozent Erhöhung nicht geschehen", kritisierte sie.

Sichere Stromversorgung benötige jetzt den Rahmen für neue, wasserstofffähige Gaskraftwerke, denn es dauere sechs Jahre, ein solches Kraftwerk zu planen und zu bauen. Da sie zum Kohleausstieg bis 2030 gebraucht würden, müsse es jetzt Klarheit für diese Investitionen geben, ob sie in einem Kapazitätsmarkt oder als Ausschreibung refinanziert werden, mahnte Andreae. Für die Gaszukunft sei es gut, dass zur Anbindung der Industrie ein 10.000 Kilometer langes Kernnetz für Wasserstoff beschlossen sei. Andreae begrüßte die klare Aussage des Bundeskanzlers, "dass wir groß denken".

Europa müsse diese Transformationsprozesse unterstützen. Dazu gehöre, den Gasnetzbetreibern auch Wasserstoffnetze zuzugestehen und keine fossilen Kraftwerke neu zu bauen. "Eine neue Zeit mit Ukrainekrieg, Energiekrise und US Inflation Reduction Act verlangt schnelles und realistisches Handeln", so Andreae. Die Forderung nach der Zusätzlichkeit der erneuerbaren Stromerzeugung für die Wasserstoffherstellung sei daher falsch.
 

Susanne Harmsen
Redakteurin
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Mittwoch, 14.06.2023, 11:46 Uhr

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