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Enerige & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Sagen Sie mal: Taco Holthuizen
Quelle: E&M
AUS DER AKTUELLEN ZEITUNG:
Sagen Sie mal: Taco Holthuizen
In der Rubrik „Sagen Sie mal“ stellen wir ein paar kurze Fragen und bitten um kurze Antworten zu einem aktuellen Thema.
 
 
Taco Holthuizen ist Geschäftsführer des Ingenieurbüros eZeit Ingenieure GmbH in Berlin
Quelle: Sergey Kleptcha

Herr Holthuizen, ist eine sozialverträgliche Wärmewende aus Ihrer Sicht möglich?

Energieeffizienz bedeutet, weniger Geld für Heizenergie ausgeben zu müssen. Ressourceneffizienz besagt, mit weniger Materialaufwand Gebäude nachhaltig zu bauen und zu sanieren. Es widerspricht der Logik, dass weniger plus weniger zu Mehrkosten führt. Genau das wird aber der Gesellschaft verkauft: Die Energiewende kostet, wir müssen den Gürtel enger schnallen, der Preisverfall der Erneuerbaren ist vorbei, Energiewende wird teurer.

Doch das Gegenteil ist der Fall. Dezentral am Gebäude gewonnene grüne Energie ist unschlagbar günstig. Strom aus der eigenen Photovoltaikanlage kostet unter 12 Cent/kWh und auch der Preis für Wärme auf Basis von Wärmepumpentechnik liegt bei unter 7 Cent. Fernwärme reicht an diese Preise nicht ran, im Gegenteil! Mit mathematischen Tricks wird fossile Fernwärme aus Kraft-Wärme-Kopplung grün gerechnet, die durch die Brückentechnologie ausgelöste Marktverzerrung verleitet zu Fehlinterpretationen, polemische Debatten dominieren die Diskussion zur Energiewende.

Warum ist nicht der reine Energiestandard (KfW EH) der Gebäudehülle entscheidend?

Auf dem Mauerwerk eines Altbaus aus den 1930er-Jahren reichen sechs Zentimeter Wärmedämmung aus, damit es im Winter behaglich ist. Da unser Fördersystem CO2-Einsparung belohnt, müsste somit jeder Zentimeter mehr ökologisch begründet werden. Dieser Nachweis wird nicht geführt. Polystyrol ist ein Erdölprodukt, Mineralwolle wird sehr CO2-intensiv hergestellt. Wie stark darf die Dämmung sein, wenn ein Gebäude mit erneuerbaren Energien beheizt wird? Kann der CO2-Aufwand im zusätzlichen Dämmmaterial durch die CO2-Einsparung in der Gebäudetemperierung amortisiert werden? Diese Fragen nach dem Grenznutzen stellt niemand, auch im Gebäudeenergiegesetz werden sie nicht berücksichtigt.

Ein ‚Weiter so‘ in der Förderpolitik führt somit zu einem volkswirtschaftlichen Rebound-Effekt. Dabei könnte der Gebäudesektor durch Energie- und Ressourceneffizienz einen wesentlich größeren Beitrag zur Energiewende leisten und anderen Sektoren wie Verkehr, Industrie und Energiewirtschaft entlasten helfen.
Der oft zu hörende Hinweis, wir müssen insgesamt den Energieverbrauch durch Mehrdämmung senken, ist ebenfalls ein Trugschluss und gilt vor allem für Fernwärmesysteme, da Gebäude über sie im Regelfall zu 100 Prozent beheizt werden. Bei Wärmepumpensystemen hingegen werden bis zu 80 Prozent der benötigten Energie dezentral am Gebäude gewonnen.

Wie sollte die Förderpolitik umgestaltet werden?

Die Förderung müsste entsprechend dem Grundsatz ‚Effizienz statt Klotzen‘ weiterentwickelt werden. Durch Effizienzlogik muss Privatkapital aktiviert werden, denn der Staat wird die Energiewende nicht allein tragen können. Systemoffen bedeutet, einen CO2-Fußabdruck pro Quadratmeter Wohnfläche unter Berücksichtigung der Behaglichkeit vorzuschreiben. Mehr nicht.

Eine fehlerhafte thermische Gebäudehülle erhöht den Energieverbrauch erheblich weniger als ein Fehler in der Gebäudetechnik. Wenn Hydraulik, Steuerung und Regelung von Heizungsanlagen nicht aufeinander abgestimmt sind, kann der Energieverbrauch schnell 30 Prozent über dem berechneten Wert liegen, in komplexen Systemen sogar 200 Prozent darüber. Durch ein Anlagenmonitoring könnte dem gering investiv entgegengewirkt werden, es ist aber aktuell nicht Bestandteil der Förderlogik.
 

Susanne Harmsen
Redakteurin
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Montag, 03.07.2023, 08:56 Uhr

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