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Quelle: Fotolia / Minerva Studio
STUDIEN:
Flexible Regulierung für flexible Gasnetze
Mit dem Verzicht auf fossilen Brennstoffe stehen die Gasnetze vor der Stilllegung oder Umnutzung für klimafreundliche Moleküle. Eine VKU-Studie skizziert einen Rechtsrahmen dafür.
 
Im Zuge der Wärmewende soll spätestens 2045 kein fossiles Gas mehr in Deutschland verbrannt werden, weder für die Produktion noch zum Heizen. Was wird dann mit den 550.000 Kilometer langen Gasverteilnetzen? Mit dieser Frage setzte sich der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) auseinander. Denn zwei Drittel der Gasverteilnetze gehören Stadtwerken. Noch wird jede zweite Wohnung in Deutschland mit Gas beheizt. In den kommenden 20 Jahren muss sich das ändern.

Technisch ließen sich die vorhandenen Gasnetze durchaus umrüsten für grüne Gase, sagte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. Das könnte zum Beispiel Wasserstoff aus erneuerbarem Strom sein oder Biomethan, etwa aus der Abfall- oder Abwasserentsorgung oder aus nachwachsender Biomasse. Auch als Speicher seien die Netze weiter wertvoll. Stilllegen oder Umnutzen − "Die Transformation hängt von den örtlichen Bedingungen ab", betonte Liebing.

Daher sei es wichtig, dass die Gasnetze, gemeinsam mit Strom- und Wärmenetzen, kommunal geplant würden, forderte Liebing. Dem stehe aber die bisherige Regulierung im Weg. Zum einen werde dort jedes Energienetz einzeln betrachtet, zum anderen sei sie auf den dauerhaften Betrieb der Gasnetze ausgerichtet. Es müsse aber andere Fristen für den Betrieb, die Konzessionen und die Refinanzierung durch Netzentgelte geben, wenn Gasnetze außer Betrieb gehen sollen. "Bei der Wärmewende müssen wir Infrastrukturen immer und zwingend mitdenken", sagte der VKU-Chef.

Vier Szenarien für flexible Gasnetze entwickelt

Eine vom VKU in Auftrag gegebene Studie der Rechtsanwaltskanzlei Becker Büttner Held (BBH) zeigt vier Zukunftsszenarien für die Nutzung der Gasnetze auf und adressiert den Handlungsbedarf. Die Studie heißt "Regulatorische Anpassungsbedarfe zur Transformation der Gasversorgung im Kontext der Wärmewende". Sie veranschaulicht, bei welchen Regelungen auf Bundes- und EU-Ebene konkret Anpassungsbedarf besteht. Je nach künftigem Nutzungsszenario zum Beispiel bei den Regelungen zur Anschluss- und Versorgungspflicht, zu Abschreibungen, der Nutzungsdauer, bei der Eigenkapital-Verzinsung, bei der Finanzierung oder bei Entflechtungsregeln (sogenanntes Unbundling).

BBH-Rechtsanwalt Christian Dessau sagte zu den Voraussetzungen der Studie: "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass das heutige Erdgasnetz künftig komplett stillgelegt, komplett umgewidmet oder komplett weitergeführt werden wird." Es gebe aber auch kein Modell, das auf alle Orte anwendbar ist. "Am wahrscheinlichsten ist eine Mischung, entscheidend muss dabei die jeweilige Situation vor Ort sein", unterstrich Dessau. Daher müsse die kommunale Wärmeplanung als Basis der Gasnetzzukunft dienen.
 
Wandel der Technologien zum Beheizen von Wohngebäuden bis 2045
(zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken)
Quelle: BBH

Liebing ergänzte: "Mit kommunalen Wärmeplänen können Städte und Gemeinden ihre eigene Strategie für eine klimaneutrale Wärmeversorgung entwickeln und die Technologie wählen, die optimal und kostengünstig zu den Bedingungen vor Ort passt." Die Schlussfolgerungen des Gutachtens zahlten genau auf diese Position ein. Eine flächendeckende und verbindliche Wärmeplanung sei der richtige Weg zur Klimaneutralität bis zum Jahr 2045.

Die Wärmewende dürfe die Versorgungssicherheit nicht gefährden, müsse Resilienz sicherstellen und dürfe Nutzer oder Anbieter finanziell nicht überfordern, sodass der soziale Frieden bedroht ist. "Daher ist es so entscheidend, neben Strom- und Wärmenetzen auch die sinnvolle Option zu haben, die Gasinfrastruktur bei der Wärmewende mit einzubeziehen", sagte Liebing abschließend.

Konkrete Vorschläge der Studie
  • Die Kommunale Wärmeplanung (KWP) soll künftig zentrale Stellgröße für die Weiterentwicklung der Regulierungen werden. Wegen der lokalen Unterschiede in Energiequellen, Infrastrukturen und Verbrauch sowie dem energetischen Zustand des Gebäudebestands sollten auch die Entscheidungen zur Strategie für eine klimaneutrale Wärmeversorgung vor Ort getroffen werden.
  • Die Netzregulierung soll flexibel angepasst werden, um den Wandel der Gasnetze für alle tragbar zu gestalten. Wo der Betrieb des Gasnetzes ganz oder teilweise ausläuft und auf Fernwärme oder Wärmepumpe umgestellt wird, sollte auch die Abschreibungsdauer flexibel verkürzt werden können.
  • Wer heute Gasnetze betreibt, soll morgen Wasserstoffnetze betreiben dürfen. Auf EU-Ebene plant die Kommission allerdings das Unbundling der Gas- und Wasserstoffnetze. Damit würden unnötige bürokratische Hürden errichtet und effizienter Netzbetrieb verhindert. Besser wäre es, die schon bei Strom- und Gasnetzen bewährte Unterscheidung zwischen Fernleitungsbetreibern und Verteilnetzbetreibern zu erhalten. 
  • Reserve statt Rückbau: Nicht länger genutzte Gasnetze sollten auch in einen Reservebetrieb gehen können. Das ließe Möglichkeiten für die Zukunft offen, würde die Resilienz stärken. Rückbau- und dann Wiedererrichtungskosten würden damit vermieden.

Die Studie "Regulatorische Anpassungsbedarfe zur Transformation der Gasversorgung im Kontext der Wärmewende"  steht auf der Internetseite des VKU als PDF zum Download bereit.
 

Susanne Harmsen
Redakteurin
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